Ärger in der Bayern-Führungsetage Sammer greift Hoeneß wegen Triple-Debatte an

München · Das geschichtsträchtige 4:2 n.V. des FC Bayern gegen Juventus Turin geriet fast zur Nebensache. Ein Angriff von Matthias Sammer auf Uli Hoeneß sorgte an einem tollen Fußball-Abend für einen faden Beigeschmack.

Matthias Sammer ist genervt von der Triple-Diskussion.

Matthias Sammer ist genervt von der Triple-Diskussion.

Foto: afp

Es war eine unglaubliche Aufholjagd, ein Wahnsinns-Comeback, ein verrückter Europapokal-Abend für die Fußball-Geschichtsbücher — doch Euphorie beim FC Bayern? Fehlanzeige! Vielmehr drängte ein unwürdiger Streit über Aussagen zum begehrten "Triple" eine magische und denkwürdige Nacht in den Hintergrund. In ungewöhnlicher Schärfe attackierte dabei Sportvorstand Matthias Sammer Ex-Präsident Uli Hoeneß und warf diesem mehrmals vor, "dummes Zeug" zu reden.

"Wie oft haben wir in der Geschichte von Bayern München — auch mit Uli Hoeneß — dieses so genannte lächerliche Triple gewonnen? Einmal! Und das ist noch nicht so lange her. Und jetzt sollen wir es gleich wieder gewinnen? Wir geben uns Mühe, aber es ist doch völlig unrealistisch, diese Dinge so zu benennen", schimpfte Sammer zu mitternächtlicher Stunde nach dem 4:2 (2:2, 0:2) n.V. gegen Juventus Turin im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League.

Hoeneß hatte am vergangenen Sonntag bei seiner Laudatio auf Triple-Trainer Jupp Heynckes betont, auch dessen Nachfolger Pep Guardiola wolle unbedingt den Dreifach-Erfolg aus deutscher Meisterschaft, DFB-Pokal und Königsklasse. "Ich bin Sammer, und das andere sagt Uli Hoeneß. Ich bin jeden Tag mit Pep zusammen, und ich kann das nicht bestätigen. Das stimmt einfach nicht", sagte Sammer.

Vorrangiges Ziel sei auch weiter der vierte Meistertitel in Serie. "Da können wir nicht anfangen, irgendwelche anderen Dinge zu benennen", betonte der Sportvorstand nach dem fünften Viertelfinal-Einzug in Serie: "Auch, wenn Uli das gut gemeint hat, muss ich das als sportlich Verantwortlicher korrigieren, weil das völlig falsche Prioritäten setzt und ein bisschen unglaubwürdig ist, weil wir das die ganze Zeit nicht gemacht haben."

Dass die Bayern "überhaupt noch leben und vom Triple träumen dürfen", wie es Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge erleichtert ausdrückte, lag an einem irren Spiel. Bis zur 73. Minute sah es ganz danach aus, als wäre Pep Guardiola mit seinem Ziel, auch mit Bayern die Königsklasse zu gewinnen, krachend gescheitert. "Doch das 2:1 hat uns Leben eingehaucht", sagte Thomas Müller über den Anschlusstreffer von Robert Lewandowski, "und natürlich das 2:2 auch und das 3:2", fügte der Weltmeister schmunzelnd an.

Den Ausgleich in der Schlussminute hatte Müller selbst besorgt. Dann rüttelte Guardiola seine Stars mit einer wahren Brandrede vor der Verlängerung noch einmal wach. Wenn die Sache noch schiefgehe, "schneidet er uns die Eier ab", habe der Katalane gedroht, berichtete Müller augenzwinkernd. Die eingewechselten Thiago (108.) und Kingsley Coman (110.) retteten die Münchner und verwandelten die Allianz Arena endgültig in ein Tollhaus.

Das sei "überragend, wow", staunte Guardiola über das Comeback der lange indisponierten Stars. Sammer lobte die "fantastische Moral", Rummenigge den "großen Charakter" nach einem "Herzfrequenzspiel". Solche Spiele könnten "die Mannschaft zusammenschweißen und weit bringen".

Große Jubelstimmung herrschte nach einem "unglaublichen Abend" (Kapitän Philipp Lahm) aber nicht vor. Er sei direkt nach dem Spiel sogar "eher ein bisschen unzufrieden gewesen", räumte Müller ein: "Wir haben uns über den Platz geschleppt, es ging nicht wirklich in die Richtung, in die wir wollten." Deshalb sei er "mehr geplättet als euphorisch. Es geht ja schon am Samstag weiter", fügte der 26-Jährige mit Blick auf das Bundesligaspiel beim 1. FC Köln an.

Zudem richtete sich das Augenmerk der Bayern auf die Auslosung des Viertelfinals am Freitag (12 Uhr) in Nyon. Dabei sind alle Duelle möglich - auch mit Titelverteidiger FC Barcelona, Real Madrid oder Guardiolas künftigem Klub Manchester City. Ein deutscher Vergleich mit dem VfL Wolfsburg wäre ebenso möglich.

"Es ist nie schön, wenn zwei deutsche Mannschaften im Europapokal aufeinandertreffen", meinte Lahm. Torwart Manuel Neuer ist es indes "egal, gegen wen wir spielen. Es wünscht sich auch keiner Bayern München". Dafür wünschte sich Rummenigge eine "Setzliste" bei der Auslosung. Man sei zu sehr "vom Schicksal abhängig. Das ist nicht mehr tragbar."

Auch so kann man von einer historischen Aufholjagd ablenken...

(sid)
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