Bayern-Improvisation Abwehr-"Zwerge" müssen über sich hinauswachsen

München · Beim FC Bayern herrscht vor den Achtelfinal-Spielen in der Champions League angesichts des bitteren Ausfalls von Holger Badstuber in der Abwehr endgültig der Notstand.

 Thomas Müller mit Not-Innenverteidiger Joshua Kimmich.

Thomas Müller mit Not-Innenverteidiger Joshua Kimmich.

Foto: dpa, puc jai

Vorne einen überragenden Robert Lewandowski, hinten ein massives Problem: Vor den Wochen der Wahrheit stellt sich beim FC Bayern die Frage, ob die neu formierte "Zwergen"-Abwehr höchsten internationalen Ansprüchen genügt. David Alaba, Joshua Kimmich und Philipp Lahm müssen nach den schwerwiegenden Ausfällen von Holger Badstuber, Javi Martínez und Jerome Boateng im wahrsten Sinne des Wortes einspringen.

"Jede Mannschaft der Welt ist im Kopfball stärker als wir. Das ist nicht die Idealsituation", sagte Pep Guardiola nach dem "ersten Spiel meines Lebens ohne Innenverteidiger". Den Münchner Coach treibt die Sorge um, dass es mit dieser Not-Defensive schon im Champions-League-Achtelfinale bei Juventus Turin in gut einer Woche (23.2.) nicht reichen könnte.

Bayern-Verteidiger müssen höher springen

Beim souveränen 3:1 (1:0) im bayerischen Derby beim harmlosen FC Augsburg hatte die Münchner Mini-Abwehr (Durchschnittsgröße 1,74 m) zwar kaum Herausforderungen zu meistern. Aber was passiert gegen Juve mit Klasse-Stürmern wie Mario Mandzukic, lvaro Morata und Paulo Dybala? "Dann müssen sie halt höher springen", sagte Sportvorstand Matthias Sammer mit einem Schmunzeln, um ernst anzufügen: "Sie müssen bei Flanken eben mit Körperkontakt arbeiten. Aber Philipp, selbst Joshua oder Juan (Bernat) sind ja unglaublich ausgebufft." Zudem erinnerte er an ehemalige Stars wie Fabio Cannavaro oder Roberto Ayala, "die waren 1,80 m und kleiner".

Auch Guardiola hofft gegen den derzeit bärenstarken italienischen Rekordchampion um Weltmeister Sami Khedira auf "andere Qualitäten" seiner Abwehrspieler. Alaba (1,80), Kimmich (1,76) und Lahm (1,70) seien "sehr schnell und sehr intelligent", betonte er. Weltmeister Thomas Müller hat trotz des "Wahnsinns, dass alle Innenverteidiger fehlen", viel Vertrauen in "die Jungs". Sie seien "zweikampfstark, engagiert, schnell, haben alles, was man braucht, vielleicht nicht die Größe von klassischen Innenverteidigern, aber sonst...". Man werde das als Mannschaft lösen, fügte Arjen Robben an. Hoffnung macht zudem, dass Medhi Benatia nach seiner Verletzung in Mannschaftstraining zurückgekehrt ist. Wann der Marokkaner (1,89 Meter) wieder eine Alternative sein kann, ist noch unklar.

Nach der jüngsten Unruhe waren die Bayern ohnehin bemüht, ihren Teamgeist zu beschwören. "Wir haben einen fantastischen Charakter in dieser Mannschaft", unterstrich Müller. Als äußeres Zeichen waren die Bayern zum Derby in Augsburg in roten T-Shirts mit Badstubers Namen und dessen Trikotnummer 28 eingelaufen, die die Aufschrift trugen: "Wir sind bei dir. Du schaffst es wieder."

Den lockeren Sieg beim FCA widmeten die Münchner selbstverständlich ihrem großen Pechvogel, der sich am Samstag im Abschlusstraining das linke Spunggelenk gebrochen hatte und erneut lange ausfallen wird. "Wir alle sind in Gedanken immer noch beim Holger, für ihn ist das das Allerallerschlimmste", sagte Robben. Das T-Shirt sei "ein Zeichen", so Müller, "dass wir zusammenhalten, auch wenn es mal kritische Phasen, persönliche Schicksale gibt". Guardiola sprach bewegt von einem "Albtraum. Das ist schrecklich."

"Lebensversicherung" Lewandowski

Doch für die Bayern gilt es jetzt, diesen Albtraum abzuhaken. In Augsburg gelang das souverän - vor allem dank "Lebensversicherung" Lewandowski. Der 27 Jahre alte Torjäger übernahm mit seinen Saisontreffern Nummer 20 und 21 die Spitze der Bundesliga-Torjägerliste und hat nun acht der zehn Münchner Pflichtspieltreffer in diesem Jahr erzielt. "Er ist sehr, sehr wichtig für uns. Wir brauchen seine Tore", sagte Guardiola.

Vor allem aber brauche der FC Bayern in den kommenden schweren Wochen mit den Spielen in Turin sowie in Dortmund und Wolfsburg "Spirit und Geist", wie Sammer betonte. "Es ist nicht viel mehr. Du musst das beweisen, du musst es leben. Ich bin mir sicher, dass das die Mannschaft schafft. Wir müssen einfach mit diesem positiven Gefühl die Spiele bestreiten." Not-Abwehr hin oder her.

(sid)
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