Bayer Leverkusen Herrlichs zweiter Anlauf bei Bayer

Leverkusen · Die Profi-Karriere von Heiko Herrlich nahm unter Jürgen Gelsdorf ihren Anfang. Der Ex-Coach von Bayer 04 erinnert sich lebhaft an seinen ehemaligen Schützling.

 Tempo, Dynamik, Technik: Heiko Herrlich vereinte als junger Bundesligaspieler alle Eigenschaften, die ein Ausnahmetalent auszeichnen. Vier Jahre trug der gebürtige Mannheimer das Trikot von Bayer 04.

Tempo, Dynamik, Technik: Heiko Herrlich vereinte als junger Bundesligaspieler alle Eigenschaften, die ein Ausnahmetalent auszeichnen. Vier Jahre trug der gebürtige Mannheimer das Trikot von Bayer 04.

Foto: IMAGO (2), MISERIUS (ARCHIV)

Am 23. August 1989 war es soweit: Bayers damaliger Trainer Jürgen Gelsdorf wechselte in der 80. Spielminute beim Stand von 1:1 gegen den Karlsruher SC einen jungen, hochveranlagten Stürmer ein. Es war die Bundesliga-Premiere für den 17-jährigen Jungspund, der wenige Wochen zuvor aus der Jugend des SC Freiburg nach Leverkusen wechselte. Sein Name: Heiko Herrlich.

"Reiner Calmund und ich haben uns sehr gefreut, als er sich für Bayer 04 entschied", erinnert sich Gelsdorf an ein Gespräch mit dem Ex-Manager. "Damals waren Gott und die Welt hinter ihm her." Schon als Teenager sei das Ausnahmetalent des Stürmers erkennbar gewesen: "Technik, Torinstinkt, Kopfballstärke, Athletik - es war kein Risiko, ihn so früh einzusetzen, obwohl das damals noch sehr ungewöhnlich war." Eine Eigenschaft beeindruckte den heute 64-Jährigen besonders: Herrlichs unbändiger Wille.

"Er hat sein Ziel niemals aus den Augen verloren und unermüdlich gekämpft, um besser zu werden." Herrlich habe dafür intensiv mit dem damaligen Co-Trainer Peter Hermann gearbeitet, um nach vorne zu kommen. Gelsdorf sagt mit Blick unter anderem auf Ulf Kirsten, der bis heute Kultstatus bei den Fans der Werkself genießt: "Dabei hatte Heiko keine Angst vor großen Namen. Dem Konkurrenzkampf hat er sich gestellt."

Sein Ehrgeiz war die stete Antriebsfeder des gebürtigen Mannheimers. Seinen ersten Titel gewann Herrlich mit Bayer 04 - den DFB-Pokal 1993. Es sollten viele weitere Erfolgserlebnisse folgen. Vier Jahre und 75 Ligaspiele nach seinem Wechsel unters Bayer-Kreuz wagte er den nächsten Schritt bei Borussia Mönchengladbach, wo er erneut den DFB-Pokal gewann und Torschützenkönig sowie Nationalspieler wurde. Zur Saison 1995/96 folgte der von ihm erzwungene und umstrittene Wechsel nach Dortmund, wo er die Champions League, den Weltpokal und zwei Deutsche Meisterschaften feierte. Eine Hirntumor-Diagnose warf ihn 2000 aus der Bahn, doch nur ein Jahr später folgte nach erfolgreicher Strahlentherapie das Comeback auf der großen Bundesliga-Bühne. Auch das ist ein Indiz für den enormen Willen des dreifachen Vaters. 2004 beendete er seine Laufbahn als Fußballprofi und wechselte ins Trainerfach.

"Ich habe seinen Weg natürlich auch in den vergangenen Jahren verfolgt", sagt Gelsdorf, der unter anderem Herrlichs Arbeit bei der U17 und U19 des DFB als auch den Durchmarsch von Jahn Regensburg aus der Regionalliga in die Zweite Bundesliga als beachtlich empfindet. "Das bekommt man nicht geschenkt. Da muss man als Trainer Qualität haben", ist sich der 64-Jährige sicher. Vor allem in Regensburg sei die Handschrift des Coaches erkennbar gewesen: früh attackieren, offensiv spielen, schnell verlagern, immer aggressiv und aktiv sein. "Ich habe mich sehr gefreut, dass er Bayer 04 übernimmt. Er stellt den Teamgeist in den Mittelpunkt und erwartet von seinen Spielern, sich dem großen Ganzen unterzuordnen. Damit hat er mir aus dem Herzen gesprochen." Mannschaftliche Geschlossenheit sei seit jeher existenziell für sportlichen Erfolg.

Genau den will Heiko Herrlich haben. Nach oben seien keine Grenzen gesetzt, sagte er bei seiner Vorstellung in der BayArena ganz bewusst. Außerdem ließ er verlauten, dass er als Spieler eher Indianer als Häuptling gewesen sei - aber dafür ein guter Indianer. "Man muss als Trainer aber immer eine Feder mehr am Kopfschmuck haben als die Spieler", bleibt Gelsdorf im Bild. "Ich glaube, dass er ein Vorbild für die vielen Talente im Kader ist - und die richtige Ansprache findet."

Klubchef Michael Schade attestiert dem neuen Trainer ein "Höchstmaß an Identifikation" mit dem Verein. "Es ist etwas Besonderes," sagt auch Herrlich. "Ich bin 1989 als 17-Jähriger aus meinem Elternhaus in Freiburg ausgezogen und habe hier meine ersten vier Profijahre verbracht. Es war eine entscheidende Lehrzeit für mich."

Der Abschied vom SSV Jahn Regensburg, bei dem er zuletzt 18 Monate tätig war, sei ihm schwergefallen. Doch nachdem Sportdirektor Rudi Völler ihn im Österreich-Urlaub kontaktierte, ließ er sich schnell von der Rückkehr zur alten Wirkungsstätte überzeugen. Er bringt seinen Co-Trainer Nico Schneck (29) aus Regensburg mit. Ein weiterer erfahrener Assistent soll zeitnah eingestellt werden. Herrlich weiß, dass der zwölfte Platz vergangene Saison nicht den Ansprüchen des Klubs genügt - und er weiß, was von ihm erwartet wird.

Übrigens schließt sich für ihn bald ein weiterer Kreis: Sein Pflichtspieldebüt als Trainer der Werkself wird die erste Runde des DFB-Pokals Mitte August sein. Dann erlebt er mit Bayer 04 seine zweite Premiere gegen den Karlsruher SC - diesmal an der Seitenlinie.

(RP)
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