Bayer Leverkusen Die Lehren aus Stuttgart sind wertvoller als der Sieg

Leverkusen · Der 2:0-Erfolg war wichtig, um wieder an die Champions-League-Plätze heranzurücken. Aber er zeigte auch, welches Potenzial der Kader hat, dass Bayer auch mit weniger Pressing erfolgreich spielt, und was das Team mit der richtigen Einstellung erreichen kann.

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Vielleicht gilt der überzeugend herausgespielte Erfolg in Stuttgart in der Rückschau irgendwann als jenes Erfolgserlebnis, das zu Bayers Initialzündung führte und der Saison zu einem versöhnlichen Ende verhalf. Denn über diesen Sieg hinaus, der wichtig war, um wieder den Anschluss an die Champions-League-Plätze zu bekommen, bot dieses Spiel tatsächlich einiges was Hoffnung macht, dass dieser Mannschaft im Saisonendspurt die Trendwende gelingen kann.

So präsentierte sich in Stuttgart ein Team in Notbesetzung, das allen Verletzungen zum Trotz, eine seiner besten Leistungen seit langem zeigte. Eine Mannschaft, die sich nicht mit Klagen über zu viele Ausfälle oder die hohe Belastung der vergangenen Wochen aufhielt. Vielmehr präsentierte sich ein Team mit zwei 19-Jährigen auf dem Platz und vier Jugendspielern auf der Bank, das sich zusammenriss, noch mal alle Kräfte mobilisierte und zeigte, über welches Potenzial es wirklich verfügt.

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Dabei konnte man einen scheinbar neu entfachten Geist erkennen. Statt hängender Schultern gab es lächelnde Profis zu sehen, die sichtlich Spaß an ihrer Arbeit hatten. Roger Schmidt sprach davon, dass seine Spieler auffallend viel Freude ausgestrahlt hätten auf dem Platz. "Die war schon auf der Reise nach Stuttgart zu spüren. Was zeigt, wie wichtig neben aller Anspannung auch eine gewisse Lockerheit ist, damit man als Mannschaft gut funktioniert."

Dass der Trainer das so deutlich herausstellte, zeigt, wie wenig selbstverständlich diese Dinge zuletzt offenbar waren. Neben der wieder entdeckten Spielfreude stimmte auch die Einstellung. "Wir haben uns zusammengerauft, haben uns gegenseitig unterstützt", sagte Jonathan Tah.

VfB Stuttgart - Bayer 04 Leverkusen: Einzelkritik
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Das wirkte sich auf das gesamte Gefüge aus. Schmidt sprach seinen erfahreneren Spielern ein Sonderlob aus. Vor allem wie sich Stefan Kießling und Karim Bellarabi trotz Schmerzen durchbissen und Verantwortung übernahmen. Das half den Jungen wie dem 19-jährigen Benjamin Henrichs, der erstmals in der Startelf stand und gegen den schnellen Kostic selbstbewusst und mutig verteidigte. Schmidt erklärte, dass er vor dem Anpfiff den vor Henrichs spielenden Bellarabi in die Pflicht genommen hatte. "Ich habe Karim gesagt: Du bist A-Nationalspieler, und die bekommen Sonderaufgaben. Du musst Benni helfen, damit er ein gutes Spiel macht."

Neben sich hatte Henrichs "seinen besten Kumpel" Jonathan Tah als Unterstützung. "Abgesehen davon, dass Benni seine Aufgabe als Rechtsverteidiger super gelöst hat, haben die anderen ihm auch super geholfen", fand der Coach. "Das war ein gutes Signal für die Zukunft."

Und ein Fingerzeig, dass sich Rotieren durchaus lohnen kann - auch dann, wenn der Kader komplett ist, weil man Kräfte schonen und Nachwuchsleuten Spielpraxis geben kann. Neben Henrichs hat sich auch Vladlen Yurchenko für mehr Einsätze empfohlen. Er bildete ein Duo mit Christoph Kramer im defensiven Mittelfeld und spielte das so souverän wie einer, der jede Woche auf dem Platz steht.

Das tut der Ukrainer aber bekanntermaßen nicht, dem Schmidt zwar einen "feinen Fuß und eine gute Technik" attestiert, dem bisher aber in punkto Taktik und Zweikampfverhalten "manchmal noch etwas fehlte". Ob sein Vertrag über den Sommer hinaus verlängert wird, ließ Schmidt offen.

An Kramers Seite stimmte diesmal die Mischung. Wie überhaupt im gesamten Team die Balance stimmte zwischen Offensive und Defensive - das aggressiv in den Zweikämpfen war, aber viel dosierter und dadurch überlegter als sonst in seinen Angriffsbemühungen. Das Spiel mit einer niedrigeren Pulszahl scheint einigen besser zu liegen. Julian Brandt blühte regelrecht auf. Kramer strahlte plötzlich viel mehr Ruhe aus. "Möglicherweise war ein Grund für die Leistung, dass wir etwas tiefer standen", sagte er.

Vielleicht kann Bayer 04 aus diesen Erfahrungen tatsächlich etwas mitnehmen. Dann kann es klappen mit dem wichtigsten Saisonziel - Platz vier. Welche Bedeutung das internationale Geschäft für den Klub hat, verdeutlicht Rudi Völler: "Das ist nicht nur wichtig für die Spieler, die bei uns sind, sondern auch für die, die wir verpflichten wollen."

(RP)
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