Bayer Leverkusen Bayers Last mit dem Konjunktiv

München/Leverkusen · Hätte, wäre, wenn - bei den Erklärungen, warum Bayer 04 in der Bundesliga mit 16 Punkten auf Platz zehn rangiert, wird oft der Konjunktiv bemüht. Dabei sind es meist eigene Fehler, die besseren Ergebnissen im Weg stehen.

FC Bayern München - Bayer 04 Leverkusen: Einzelkritik
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Bayern - Bayer: Einzelkritik

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Foto: dpa, geb kno

Die 1:2-Niederlage beim FC Bayern München bot nach dem Schlusspfiff einigen Diskussionsstoff. Vor allem das offenkundig absichtliche Handspiel von Bayerns Javi Martínez in der 82. Minute, das die Rote Karte und einen Elfmeter für Bayer 04 hätte bedeuten müssen, erzeugte nach der Partie Redebedarf. Hätte Schiedsrichter Marco Fritz gepfiffen und hätte wer auch immer den fälligen Strafstoß verwandelt, wäre unter Umständen ein Punkt beim Rekordmeister drin gewesen. So aber bleibt es beim Konjunktiv - wie so oft bei der Werkself in dieser Saison.

"Hätte, hätte, Fahrradkette", ist durch den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück eine geflügelte Aussage geworden. Inzwischen taugt der Ausspruch des Politikers aber auch als Zustandsbeschreibung für den Saisonverlauf von Bayer 04, das auswärts bisher nur sechs Punkte gewinnen konnte und alleine in der Bundesliga bereits sechs Niederlagen hinnehmen musste - also die Hälfte aller bisherigen Spiele verloren hat.

Nachfolgend sechs Beispiele dafür, wo die Werkself bisher Punkte und Siege hat liegen lassen:

Beispiel 1: Hätte sich das Team von Roger Schmidt am ersten Spieltag nicht beim Stand von 1:1 in Mönchengladbach lehrbuchartig auskontern lassen, wäre Leverkusen nicht mit einer Niederlage in die Bundesliga gestartet. Der Pressing-Doktrin unterworfen, stand Bayer 04 in der 85. Minute viel zu hoch. Eine Situation, die von der traditionell konterstarken Borussia nur zu gerne genutzt wurde. Lars Stindl erzielte den Siegtreffer aus abseitsverdächtiger Position - hätte der Schiedsrichter doch nur gepfiffen.

Beispiel 2: Hätte Chicharito in Frankfurt in der 88. Minute den Elfmeter verwandelt, wäre ein Remis bei der Eintracht wohl besiegelt gewesen. So aber blieb es beim 1:2, weil der Mexikaner nur den Pfosten traf und sich hinterher beklagte, dass er von einem Laserpointer irritiert worden sei.

Beispiel 3: Noch schlampiger ging Charles Aránguiz im Heimspiel gegen Augsburg mit der Chance um, das 1:0 zu erzielen. Er setzte seinen Elfmeter in der 77. Minute deutlich neben das Tor - so blieb es beim torlosen Remis gegen einen über 90 Minuten konsequent mauernden Gegner, der wohl nur mit einer geglückten Standardsituation zu schlagen gewesen wäre. Dabei gilt der Chilene eigentlich als sicherer Schütze. Hätte er den Strafstoß verwandelt, wären es nun wohl zwei Punkte mehr auf dem Konto.

Beispiel 4: Kevin Volland sieht nach fünf Minuten Rot gegen seinen Ex-Klub TSG Hoffenheim, der dann in Überzahl ungefährdet 3:0 in der BayArena gewinnt. Warum? Auch weil der Stürmer für seine weit aufgerückten Abwehrspieler an ungewohnter Stelle auf dem Feld retten wollte, was noch zu retten war. Die Unterzahl warf früh taktische Vorgaben über den Haufen.

Roger Schmidt leistete sich zudem einen unüberhörbaren verbalen Ausfall gegen seinen Trainerkollegen Julian Nagelsmann, der eine Sperre von zwei Spielen nach sich zog. Sie wäre einfach zu vermeiden gewesen, wenn der 49-Jährige sich besser im Griff gehabt hätte.

Beispiel 5: Gegen RB Leipzig ging Bayer 04 zwei Mal in Führung und stand am Ende doch ohne Zählbares da. In der von beiden Seiten hochklassig gespielten Partie wäre sicherlich ein anderer und für Leverkusen besserer Ausgang denkbar gewesen, wenn sich Bayer darauf besonnen hätte, die Führung mit einer stabilen Defensive über die Zeit zu bringen und auf Konter zu setzen - und wenn Hakan Calhanoglu zudem das Elfmetergeschenk zum 3:1 (54.) genutzt hätte. Beispiel 6: Ähnliches gilt für das DFB-Pokalspiel beim Drittligisten Sportfreunde Lotte, in dem eine Führung trotz zeitweiser Überzahl doppelt vergeben wurde und es im Elfmeterschießen drei Schützen fertigbrachten, den Ball nicht im Tor unterzubringen. Sonst wäre Bayer 04 wohl noch im Wettbewerb vertreten. Es blieb jedoch beim - exakt - Konjunktiv.

Am Samstag in München gab es zwar reichlich Lob für die Werkself und ihre Spielweise, aber eben erneut keine Punkte. "Wir bekommen es zur Zeit einfach nicht hin, unsere Spiele konsequent zu Ende zu bringen", sagte Kevin Kampl. "Wir wissen, dass wir zu wenig Punkte und in dem einen oder anderen Spiel den Sack einfach nicht zugemacht haben. Aber auch in München war es nicht so, dass wir schlecht waren. Wir waren mutig, offensiv, haben versucht, Fußball zu spielen - darauf können wir aufbauen."

Nach einem freien Wochenende nimmt Roger Schmidt am Dienstag wieder das Training auf. Kampl freut sich, "dass endlich mal eine normale Woche auf uns wartet, in der wir Zeit haben zu trainieren". Das werde helfen, Abläufe noch einmal zu verfeinern, sich auf den nächsten Gegner auch mal mit etwas Vorlauf einzustimmen. Dafür bleibe in Englischen Wochen zu wenig Zeit, findet der Mittelfeldmann. Am Samstag sollen dann gegen Freiburg wieder Punkte her. "Was wir brauchen", sagt Kampl, "ist mal ein klarer Sieg".

Ohne Zittern - und ohne Hätte, Wenn und Aber. Sport Seite

(RP)
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