Bayer Leverkusen Bayer wirbt in den USA für die Bundesliga

Miami · Die Leverkusener bestreiten ihr Trainingslager wieder in Florida. Parallel baut der Klub seine Vermarktungsaktivitäten in Mittelamerika aus, unter anderem mit einem spanischsprachigen Twitter-Angebot.

Stefan Kießling beim Basketball-Wurfwettbewerb
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Kießling tritt beim Basketball-Wurfwettbewerb an

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Foto: KSmediaNET

Amerikanische Sportsbars sind bekannt dafür, dass jeder auf seine Kosten kommt. Football, Basketball, Tennis, Golf. Wer möchte, kann sich rund um die Uhr berieseln lassen. Bildschirme gibt es genug. Die Mehrzahl ist für Basketball oder Football vorgesehen. Der Fußball, der in den Vereinigten Staaten Soccer heißt, spricht neben den populären Sportarten noch immer eine Minderheit an. Allerdings eine, die zumindest wenn es um Spiele aus der Premier League geht, Zuwächse verzeichnet.

Die Bundesliga schaut dabei etwas neidisch auf die Konkurrenz, die in der Auslandsvermarktung im internationalen Vergleich weiterhin deutlich hinter Ländern wie England oder Spanien hinterherhinkt. Das zu ändern, hat sich Christian Seifert, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) aufgegeben. Das Stichwort heißt Internationalisierung.

Bereits von der laufenden Saison erhoffen sich die Klubs eine Aufwertung ihres immer noch deutlich geringeren Werbewerts. So greift seit dieser Spielzeit unter anderem in den Vereinigten Staaten, einem Kernmarkt der DFL, ein neuer Fernsehvertrag, der die Reichweite erhöhen soll. Seit Sommer überträgt die Murdoch-Firma "Fox-Sports" dort die Spiele aus Deutschland und will die Zahlen des Vorgängers "Gol-TV" (Abdeckung etwa zehn Millionen Haushalte) um ein Vielfaches übertreffen. Mehr als 100 Spiele werden pro Jahr zu sehen sein.

Bayer rührt in Orlando die Werbetrommel

Insgesamt strahlt die Fox-Sendersparte die Bundesliga in 80 Ländern auf vier Kontinenten aus. Bayer 04 glaubt an die Chancen im US-Markt und reist zum zweiten Mal für sein Wintertrainingslager nach Orlando, um die Werbetrommel zu rühren und darüber langfristig neue Partner zu finden. "Wir sehen in Amerika Top-Vermarktungsmöglichkeiten und glauben, eine Menge Imagewerbung für den deutschen Fußball betreiben zu können", sagt Jochen Rotthaus, Leiter der Direktion Marketing und Kommunikation. Dabei gehe es darum, "den Bekanntheitsgrad und die Marke Bayer 04 zu stärken. Im Doppelpass mit der Mutter Bayer, die in den Staaten Firmen unterhält, erhoffen wir uns den Zugang zu diesem Markt."

Die DFL unterstützt die Klubs in ihren Bestrebungen und bezuschusst je nach Wert des Aufenthaltsortes und der Position in der europäischen Vereinsrangliste diese Reisen. Der Werksklub gastiert in einem Golfhotel mit eigenen Trainingsplätzen. Unweit davon macht sich Schalke 04 auf den Anlagen der Walt Disney World fit. Beide Teams werden dort am Florida Cup teilnehmen. Die TV-Rechte wurden weltweit verkauft. "Neben dem sportlichen Reiz eröffnet uns das die Möglichkeit, auf allen Kontinenten auf die Marke Bayer 04 aufmerksam zu machen", sagt Rotthaus. Er betrachtet "das Team als wichtiges Marketinginstrument der Bayer AG. Als solches werden wir finanziert, und als solches müssen wir fungieren".

Die Entscheidung, nach Amerika zu gehen, fiel wohlgemerkt vor der Verpflichtung Chicharitos, der "kleinen Erbse", der im wahren Leben Javier Hernandez heißt und der Werkself mit seiner Popularität neue Türen öffnet. Seine bisher 19 Tore stehen für sich. Als Profi mit Heiligenstatus im fußballverrückten Mexiko beschert der 27-Jährige den Leverkusenern auf dem amerikanischen Kontinent zudem eine Beachtung, von der sie hierzulande nur träumen können.

Bayer in Mexiko der Renner

Zählen im deutschen Bezahlfernsehen Spiele mit Bayer-Beteiligung eher zu den quotenschwachen Partien, gehören sie in Mexiko vielerorts zum Frühstück am Samstagmorgen. Millionen schauen zu, wenn die kleine Erbse Tore schießt und dabei in den Quoten sogar den FC Bayern hinter sich lässt. In den Staaten ist ein ähnliches Phänomen zu beobachten, wo Chicharitos in den USA lebende Landsleute ihren Star verfolgen, während sich das Produkt Bundesliga im allgemeinen mit der Popularität noch etwas schwer tut.

Am Sonntag wird Bayer 04 wieder in Orlando ankommen, mit einem Mexikaner im Gepäck, der alles sprengt, was bisher da gewesen war und selbst den Rummel der Asiaten um den nach England abgewanderten Koreaner Heung-Min Son in den Schatten stellt. Seit einigen Wochen unterhält der Werksklub einen spanischen und englischen Twitter-Kanal. Allein der spanische generierte in den ersten drei Wochen 7,5 Millionen digitale Kontakte (Facebook, Twitter, etc.) und in kurzer Zeit 50.000 Anhänger, zählt Rotthaus auf.

Um den Trikot-Anfragen aus Übersee gerecht werden zu können, die derzeit sechs Wochen Lieferzeit haben und 45 Dollar Frachtgebühr kosten, prüft der Klub neue Verkaufswege. "Künftig wollen wir mit unseren Produkten vor Ort sein", blickt Rotthaus voraus, der verrät: "Wir suchen nach Synergien mit ansässigen Unternehmen."

Dass die Dinge im Fluss bleiben, daran arbeiten neben ihm und seinen Mitarbeitern Partneragenturen und externe Dienstleister mit Sitz in Mexiko, München, Connecticut und New York, die das Thema Social Media vorantreiben. Ein wichtiger Mann dabei: Lorenz Beringer, der bereits beim FC Bayern München half. "Wir schreiben uns auf die Fahne, ein technisiertes und innovatives Unternehmen zu sein, da dürfen wir in punkto Digitalisierung den Zug nicht verpassen", betont Rotthaus, der aber auch sagt: "Das Kerngeschäft bleibt der Fußball."

Bayers und speziell Chicharitos Ankunft in Amerika hat der Klub gut vorbereitet. Es wird Aktivitäten geben. Einen Besuch beim Basketball, bei der Parade in Disneyland, dazu besagte Teilnahme am Florida-Cup, wo viele Fans erwartet werden. Ein eigenes Florida-Spezial hat der Klub auf Spanisch und Englisch drucken lassen. Außerdem wirbt er vor Ort im Radio. Den Rest wird die kleine Erbse erledigen — davon ist zumindest auszugehen.

(RP)
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