Bayer Leverkusen Kießlings (un)klare Kante

Leverkusen · Nach dem 2:2 gegen den 1. FC Köln ließ Stefan Kießling seinen Blick über die Nordkurve der BayArena schweifen. Er hatte mit seinem Treffer zum 1:2 dazu beigetragen, dass Bayer 04 den Punkt gegen den Rivalen sichern und damit die Klasse endgültig halten konnte.

 Stefan Kießling traf zum 1:2 gegen den 1. FC Köln.

Stefan Kießling traf zum 1:2 gegen den 1. FC Köln.

Foto: Miserius Uwe

Nach 90 turbulenten Minuten stand der 33-Jährige auf dem Rasen, mit feuchten Augen und einem halbzerrissenen Motivationsshirt am Leib. Es war eine Szene, die nach Abschied aussah - und tatsächlich sagte die Bayer-Ikone nach der Partie Worte, die vor allen den Fans der Werkself nicht gefallen dürften.

"Ich werde mir überlegen, ob ich weitermache", antwortete "Kies" auf die Frage, wie er seine Zukunft sehe. Zur Erinnerung: Den Stürmer plagen seit dem Saisonstart gesundheitliche Probleme in Hüfte und Rücken, die eine lange Rekonvaleszenz erforderten. Seine für den eigenen Körper oft schonungslose Spielweise und sein Alter fordern Tribut. Gegen Köln beackerte er dennoch unermüdlich den gegnerischen Strafraum, erarbeite sich eine Vielzahl von Großchancen und hing sich bis zum Schlusspfiff voll rein. "Ich werde mit Sicherheit einen Tag nur auf der Couch liegen", sagte der sichtlich erschöpfte Kießling nach der Partie.

Es ist aber nicht nur sein körperlicher Zustand, der ihm zu schaffen macht. Auch seine Position in der Mannschaft missfiel dem Routinier in den vergangenen knapp 18 Monaten. Allzu oft blieb ihm nur die Rolle des Reservisten - vor allem unter Ex-Coach Roger Schmidt, der die Identifikationsfigur im Winter 2015 beinahe Richtung Hannover hätte ziehen lassen. Doch der Wechsel platzte. Für Bayer 04 lief der Angreifer indes nur noch sporadisch auf. "Diesen Mist, der die letzten anderthalb Jahre passiert ist, mache ich nicht mehr mit. Das kann ich nicht vom Kopf her. Wenn ich da bin und trainiere, will ich auch spielen", betonte Kießling. Wer ihn kenne, wisse, dass es gefährlich werden kann, wenn er sich im gegnerischen Strafraum tummele.

Das ist ein Schuss gegen Schmidt, der für einen klassischen Stoßstürmer seiner Bauart kaum eine Verwendung zu haben schien. Dann übernahm Tayfun Korkut - und mit dem Trainerwechsel begann die Renaissance des Publikumslieblings. Zuletzt spielte er drei Mal in Folge über die volle Distanz und erzielte dabei zwei Tore, nachdem es in dieser Spielzeit vor allem bei Kurzeinsätzen geblieben war. Das Vertrauen, dass der Interimscoach auf ihn setzte, zahlte Kießling mit Leistung zurück. Einen Jungbrunnen habe er nicht gefunden, sondern nur einen Trainer, der ihn aufstelle, erklärte der 33-Jährige seinen Aufschwung. "Ich bin fit, kann spielen und kann der Mannschaft helfen. Wenn ich das Vertrauen bekomme, kann ich das auch zurückzahlen." Kießling, der seit 2006 das Bayer-Trikot trägt, wünscht sich für die kommende Spielzeit einen neuen Trainer, der "die Truppe im Griff hat und versucht, alles aus der Mannschaft rauszuholen - und einen, mit dem ich mich gut verstehe und bei dem ich meine Einsätze bekomme." Das klingt dann schon wieder deutlich weniger nach Abschied.

(RP)
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