Bayer Leverkusen Kießling beendet Gladbachs Höhenflug

Leverkusen · Beim Leverkusener 5:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach war der Angreifer der entscheidende Spieler. Dennoch: Der 31-Jährige ist unzufrieden mit seiner Reservistenrolle. Ein Abschied in der Winterpause ist nicht unwahrscheinlich.

Stefan Kießling: Fans feiern Stürmer von Bayer Leverkusen
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Bayer-Fans feiern Kießling

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Foto: dpa, bt tmk

Da gab es für die Bayer-Fans nach dem befreienden 5:0-Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach endlich wieder Grund zu Jubeln, und doch hatten viele Tränen in den Augen stehen. Da tauchte plötzlich in Stefan Kießling wieder jemand auf, den viele rund ums Bayer-Kreuz bereits abgeschrieben hatten. Zwei Tore köpfte er selbst, zwei der drei Treffer seines Sturmpartners Chicharito bereitete er vor. Eine Spielgeschichte "wie gemalt" (Rudi Völler), um zum Helden dieses besonderen Abends zu werden.

Einer, an dem man sich die Krise aus den Gliedern spielte und der bis dahin seit zehn Liga-Spielen ungeschlagenen Mannschaft von Andre Schubert die erste Niederlage beibrachte. Eine bittere. "Das hat uns hart getroffen. Dass wir so zusammenbrechen, ist schlimm", sagte Schubert nach der höchsten Gladbacher Liga-Pleite seit September 2012 (0:5 in Dortmund). "Wir haben eine gute Serie gespielt, aber man merkt, die Kräfte lassen so langsam nach. Wir müssen uns jetzt nochmal zusammenreißen."

Tatsächlich wurde Kießling zum Helden - das war spätestens klar, als er den Ball in der 65. Minute zum 3:0 in den Winkel des Tores köpfte. Kießling ballte ein zweites Mal die Faust - und sorgte für eine Atmosphäre, wie es sie in der Arena lange nicht mehr gab. Die Hauptrolle spielte der Stürmer selbst - so wie früher, als niemand ernsthaft an seinen Fähigkeiten als Fußballer zweifelte. Er war der Anführer seiner Mannschaft, ein nicht müde werdender Balleroberer, Vorbereiter und Torschütze. Das 1:0 und 3:0 erzielte er selbst, zum 2:0 lieferte er eine sehenswerte Vorlage mit der Hacke, und auch das 4:0 hätte es ohne ihn nicht gegeben.

Trotzdem konnte sich Kießling nicht wirklich freuen. Wer die Szenerie deuten wollte, sah einen nachdenklichen Stürmer, der um Verständnis bat, nicht mehr sagen zu wollen als: "Meine Gefühle sind total schwer zu beschreiben."

Als die Fans mitbekamen, dass der 31-Jährige, der mit 138 Bundesliga-Toren in 392 Pflichtspielen nun Uwe Seeler überholte, noch lange im Stadion stand, kehrten viele noch einmal zurück. Einige riefen: "Stefan, du darfst nicht gehen." Die eigenen Anhänger hatten offenbar ein gutes Gespür dafür, dass sie den Publikumsliebling vielleicht zum letzten Mal zu Hause im Bayer-Dress sahen. "Kies" (Vertrag bis 2017) signalisierte zumindest, dass er über Abschied nachdenkt. Seine Feier mit den Fans: womöglich der Beginn eines Trennungsprozesses, der in einem der nächsten Transferfenster vollzogen werden könnte, wenn Bayer ihm nicht etwas mehr Wertschätzung entgegenbringt. "Nur weil ich ein gutes Spiel gemacht habe, ist das trotzdem eine harte Zeit für mich", sagte er. "Ich liebe diesen Verein. Aber ich will spielen. Am Ende meiner Karriere muss ich auch an mich denken."

Der Stachel sitzt tief beim Stürmer, der in Berlin erstmals 90 Minuten auf der Bank saß, seit er vor zehn Jahren nach Leverkusen kam. Was ihn auszeichnet: Er trägt mit Stolz das Trikot von Bayer 04. Die Fans bewundern und schätzen ihn, nicht nur, weil er seit fast einem Jahrzehnt seine Knochen hinhält, sondern stets Teamplayer war, kurzum: ein Gesicht von Bayer Leverkusen. Zuletzt war er aber meist nur Ersatzspieler. Wenn er mal spielte, blieb er wirkungslos, was schnell erklärt ist bei einem, der Vertrauen spüren muss. Gegen Gladbach aber zeigte er, dass es sehr wohl noch mit ihm geht. Und vor allem mit Chicharito als Duo, an das Roger Schmidt nicht so recht glaubte. Der baute zwar zurecht auf den Mexikaner, der es mit seinen inzwischen 17 Pflichtspieltoren in 20 Partien auf eine außergewöhnliche Quote bringt, ließ dabei aber Kießling zunehmend außen vor. Er traute ihm offenbar nicht zu, in seinem offensiven System weiter mithalten zu können. Ob der Trainer seine Haltung ändert? Zumindest lobte er ihn und bezeichnete die Wechsel-Entscheidung als "völlig offen". "Stefan ist ein super wichtiger Spieler, auf den wir normalerweise nicht verzichten können."

Anfragen aus der Bundesliga liegen vor (u. a. Hannover). "Dass er die bekommt, ist nun mal so, wenn man Stefan Kießling heißt", sagte Rudi Völler. "Wir werden Stefan nicht abgeben", erklärte Geschäftsführer Michael Schade.

(RP)
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