Bayer Leverkusen Überflieger mit Bodenhaftung
Leverkusen · Julian Brandt zeigte im Pokalspiel gegen Viktoria Köln seine beste Saisonleistung. Für den 19-Jährigen, der vier Jahre auf der Überholspur hinter sich hat, war es eine gute Gelegenheit, sich für einen Einsatz gegen Wolfsburg zu empfehlen.
Gut vier Jahre ist es her, da träumte Julian Brandt noch den großen Traum eines jeden jungen Fußballers. Den Traum von der Bundesliga, von der Champions-League-Hymne, die in den Nachthimmel hallt - den Traum von der ganz großen Fußball-Bühne. Zu der Zeit schnürte der Blondschopf seine Stollenschuhe noch für den Bremer Stadtteilklub FC Oberneuland. Ein Verein, für den eine Reise zum Mars greifbarer ist, als das Erreichen der Champions League. Nur vier Jahre später lebt Brandt jenen Traum: Er spielt in der Bundesliga, und auch die Hymne der Königsklasse hat er bereits vom Spielfeld aus genossen. Vier Jahre auf der Überholspur liegen hinter dem Youngster. Zeit, die eigene Entwicklung zu reflektieren, bleibt da kaum.
Im DFB-Pokalspiel gegen Viktoria Köln bewies das Top-Talent einmal mehr, was in ihm steckt. Brandt hatte mit vier Torbeteiligungen maßgeblichen Anteil daran, dass der Regionalligist nicht mal im Ansatz daran denken konnte, an der Sensation gegen den Champions-League-Teilnehmer zu schnuppern. Brandt traf nicht nur zur Führung (15.), sondern legte auch noch drei Treffer für seine Kollegen Karim Bellarabi (35.) und Chicharito (38., 54.) auf.
Auch wenn die Viertklassigkeit von Viktoria Köln das deutliche 6:0 relativiert, waren es 90 enorm wichtige Minuten für Brandt, weil er Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben tanken konnte. Schließlich gleichen die Leistungen des gebürtigen Bremers in dieser Saison einer Achterbahnfahrt. Gerade wenn er von Beginn an das Vertrauen seines Trainers Roger Schmidt erhielt, wusste der 19-Jährige, wie gegen den Hamburger SV (0:0), nicht immer zu überzeugen. Seine besten Spiele im Bayer-Dress machte er in der Rolle des Jokers - wie gegen die TSG 1899 Hoffenheim, als er nach seiner Einwechslung in der 64. Minute das Siegtor zum 2:1 erzielte.
Brandt weiß das alles einzuordnen. Er wird nicht müde zu betonen, dass er erst 19 Jahre jung ist und keinen Anspruch auf einen Stammplatz hat. Er will nichts überstürzen und sich in Ruhe seinen Platz im Team erarbeiten. Dass das nicht von heute auf morgen geht, weiß er selbst. Während manch anderer in seinem Alter abseits des Spielfeldes mit unliebsamen Nebenschauplätzen in die Schlagzeilen gerät, macht Brandt nur auf dem Rasen auf sich aufmerksam. Wahrscheinlich ist es sein entscheidender Vorteil, dass kein externer Berater hinter ihm steht, der Druck auf ihn und den Verein ausübt, weil er stets den Marktwert des Spielers im Blick hat. Brandt lässt sich von seinem Vater managen. Er erledigt alles für ihn - und sorgt wie der Rest der Familie dafür, dass sein Sohn nicht die Bodenhaftung verliert.
Als der Youngster nach dem Pokalspiel den Namen VfL Wolfsburg hörte, setzte er sein breitestes Grinsen auf. "Ich brenne sehr auf das Spiel, gerade weil es mein Ex-Verein ist", sagte Brandt, der zur Saison 2011/12 in das Nachwuchsleistungszentrum der Wölfe wechselte. Dort wurde er zunächst in der B-Jugend eingesetzt. Zur Saison 2012/13 rückte Brandt in die A-Jugend auf, ehe ihn Bayer 04 verpflichtete. Die Werkself setzte sich damals gegen zahlreiche europäische Spitzenvereine durch.
Auch Christoph Kramer dachte am Mittwoch schon an das Duell gegen Brandts ehemaligen Klub (Samstag, 18.30 Uhr). "Das Spiel wird anders, als das gegen Viktoria. Wir müssen das hochkonzentriert angehen", sagte der Weltmeister. Roger Schmidt verriet nicht, ob er gegen Wolfsburg mit Brandt plant. Glücklich wird man in der Autostadt jedenfalls nicht sein, ein Talent wie ihn ziehen gelassen zu haben.