Bayer Leverkusen Bayer hat den Werder-Blues

Bremen · Vor der Länderspielpause sah es so aus, als würde die Werkself in die Erfolgsspur finden und auf konstanterem Niveau spielen können. Nach der 1:2-Niederlage in Bremen zeigt sich: Der Saisonverlauf von Bayer 04 gleicht eher einer Achterbahnfahrt.

Bayer 04 Leverkusen hat den Werder-Blues
Foto: dpa, crj hak

Für Hakan Calhanoglu war die Auswärtsreise nach Bremen eine sehr emotionale Angelegenheit. Unter der Woche verstarb seine Großmutter. Türkische Medien verbreiteten das Gerücht, dass Bayer 04 dem Mittelfeldmann die Reise zur Beerdigung in der Türkei verboten habe. Das energische Dementi des Vereins folgte schnell: Vielmehr sei es so, dass sich der 22-Jährige aus freien Stücken dafür entschieden habe, bei der Mannschaft zu bleiben - mit Blick auf das Spiel in Bremen.

Nach seinem Kopfballtreffer zum 1:1 (27.) ließ er seinen Gefühlen freien lauf. Er schickte mit Tränen in den Augen ein Gebet Richtung Himmel - ein emotionaler Moment. Dass sein Tor nicht dazu beitragen konnte, einen Erfolg in Bremen zu feiern, ist bekannt. 1:2 musste sich die Werkself gegen Werder geschlagen geben - wieder einmal. In der vergangenen Rückrunde setzte es für Bayer 04 zunächst im Viertelfinale des DFB-Pokals eine 1:3-Niederlage. Später folgte ein 1:4 in der Bundesliga. Der 3:0-Erfolg beim letzten Auftritt an der Weser gerät da eher zu einer Ausnahme.

Bremen entwickelt sich allmählich zu einer Art "Angstgegner" für das Team von Trainer Roger Schmidt, der vor dem Spiel nichts von einer offenen Rechnung mit den Nordlichtern wissen wollte. Jetzt sei "eine andere Phase" eingeläutet, betonte der Coach - eine Fehleinschätzung.

"Man muss das Spiel jetzt abhaken", sagte Calhanoglu, der Lob für den Gegner übrig hatte. "Die Bremer haben vor allem am Anfang Druck aufgebaut und uns das Leben schwer gemacht." Nach seinem Treffer sei Bayer 04 gut zurückgekommen und habe nur noch "auf ein Tor gespielt", aber die Bremer hätten "gut hinten drin gestanden." Seine Einschätzung: "Wir müssen aus unseren Fehlern lernen und unsere Linie wiederfinden. Heute können wir viel mitnehmen." Sein Rat: "Nicht auf die Tabelle schauen, sondern auf uns selber." Klare Worte. Zu dem Trauerfall in seiner Familie wollte er - verständlicherweise - nichts sagen.

Die Niederlage in der Hansestadt war aber nicht nur für Calhanoglu eine Achterbahnfahrt der Gefühle - vielmehr scheint der gesamte bisherige Saisonverlauf einem wilden Ritt durch die Höhen und Tiefen des Fußballs zu gleichen. Die Höhepunkte? Das irre 3:1 gegen Hamburg, bei dem Joker Joel Pohjanpalo quasi im Alleingang mit drei Toren das 0:1 in einen Sieg drehte. Ebenfalls bemerkenswert war der erzwungene 3:2-Erfolg in Mainz nach einem 1:2-Rückstand zur Pause - und freilich das 2:0 gegen Dortmund, bei dem Bayer über 90 Minuten alles zeigte, was für ein Spitzenteam in der Bundesliga nötig ist: Bissigkeit, Laufbereitschaft, Cleverness und eiskalte Vollstreckerqualitäten.

Andererseits sind da aber auch das 1:1 in der Champions League in Monaco durch ein Gegentor in der 94. Minute, die beiden 1:2-Niederlagen in Mönchengladbach und Frankfurt, das trostlose 0:0 gegen Augsburg und das völlig unnötige 2:2 gegen ZSKA Moskau, nach einer astrein herausgespielten 2:0-Führung. Zusammengefasst sieht der bisherige Saisonverlauf also wie eine DAX-Kurve auf der Anzeigetafel an der Frankfurter Börse aus: Auf jeden Zacken nach oben folgte mit unschöner Regelmäßigkeit ein Zacken nach unten.

Die oft von Schmidt beschworene Konstanz lässt indes weiter auf sich warten. Nach dem Spiel wirkte der Coach etwas ratlos: "Wir sind immer nur phasenweise gut", konstatierte er spürbar enttäuscht. "Bremen war insgesamt entschlossener und galliger. Bei den Gegentoren haben wir fahrlässig verteidigt."

Julian Brandts Ansage nach dem Spiel war noch deutlicher: "Wir müssen alles verbessern - in allen Bereichen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort