Bayer Leverkusen Gefühlschaos nach einem denkwürdigen Abend

Leverkusen · Es war ein denkwürdiger Abend. Das spektakuläre 4:4 gegen den AS Rom hatte nicht nur die Zuschauer, vor allem aber die Spieler, Trainer und Verantwortlichen von Bayer Leverkusen gepackt.

Bayer 04 Leverkusen: Gefühlschaos nach einem denkwürdigen Abend
Foto: dpa, fg gfh

Dass die Werkself nach einer 2:0-Führung, zwischenzeitlichem Zwei-Tore-Rückstand und finalem 4:4-Ausgleich sogar noch einen Punkt gegen die Italiener mitnahm, könnte sich in der Endabrechnung womöglich als wichtiger Schritt zum Einzug in das Achtelfinale der Champions League erweisen. Rudi Völler sah sein Team jedenfalls als "moralischen Sieger".

Roger Schmidt zeigte sich nach der Partie "etwas geflasht", wie er sagte. Sportdirektor Rudi Völler stand "kurz vor dem Kollaps". Jeder Einzelne hatte seine ganz persönliche Geschichte zu erzählen nach 93 aufregenden und nervenaufreibenden Minuten Champions League, die wohl in jedem Jahresrückblick, der sich mit Fußball beschäftigt, einen Vermerk finden dürften. Die Verantwortlichen von Bayer 04 wirkten unmittelbar nach dem Schlusspfiff doch ziemlich mitgenommen, als sie nach dem denkwürdigen 4:4 (2:2) gegen den AS Rom über ihre Gefühlslage berichten sollten. Geschäftsführer Michael Schade kündigte an, solche Spiele künftig nicht mehr ohne den Mannschaftsarzt anzuschauen, Sportdirektor Rudi Völler stand "kurz vor dem Kollaps", denn: "So ein Spiel hat es zumindest in Leverkusen wohl noch nicht gegeben", sagte der Weltmeister von 1990, der selbst fünf Jahre für die Roma spielte. "Wenn wir das fünfte Tor noch machen, wäre hier wohl das Stadion abgerissen worden", befürchtete er. "Auch so sind wir ein kleiner moralischer Sieger. Das war ein echtes Spektakel."

Unterhaltsam, spannend, aber eben auch dramatisch. Die beiden frühen Tore von Stürmer Javier "Chicharito" Hernandez (4. Handelfmeter, 19.) führten die Leverkusener — so glaubte man - früh auf die Siegerstraße. Ruhe und Selbstbewusstsein brachte die Führung der Werkself jedoch nicht. Der Ausgleich durch zwei Tore von Roms Kapitän Daniele de Rossi (29., 38.) und die Führung der Italiener durch Miralem Pjanics Freistoßtor (54.) sowie Iago Falques Treffer zum 2:4 (73.) sorgten allenthalben für ein wahres Gefühlschaos. Ömer Toprak, der den verletzten Kapitän Lars Bender vertrat, legte den Finger in die Wunde: "Es ist auf jeden Fall positiv, dass wir nicht verloren haben. Aber wir müssen nach der 2:0-Führung cleverer sein und die Römer nicht mehr ins Spiel kommen lassen. Die Partie ist uns da aus der Hand geglitten."

Während in den vergangenen Wochen die Chancenauswertung und das Toreschießen das Problem der Leverkusener waren, haperte es diesmal in der Defensive. Kaum jemand hätte beim Stande von 2:4 aus Leverkusener Sicht wohl noch ernsthaft etwas auf ein Unentschieden für die Gastgeber gewettet, die allerdings Moral bewiesen. Insbesondere Kevin Kampl, der von Trainer Roger Schmidt nach dem verletzungsbedingten Ausscheiden von Christoph Kramer von der Außenbahn ins Zentrum gestellt wurde und dort das Spiel an sich riss, aber auch der eingewechselte Admir Mehmedi sorgten wieder für neuen Schwung. Und dafür, dass Bayer 04 der Begegnung eine erneute Wendung geben konnte. Kampl verkürzte mit einem satten Schuss in den Winkel zum 3:4 (84.), Mehmedi staubte zum 4:4 ab (86.). "Wir sind sehr zufrieden und bleiben damit zwei Punkte vor Rom", erklärte Kampl.

Ein generelles Defensivproblem wollte Roger Schmidt nach diesen vier Gegentreffern allerdings nicht erkennen. "Wir freuen uns, vier super schöne Tore geschossen zu haben. Das ist etwas, was uns gut tun wird. Wir haben drei Tore nach Standardsituationen bekommen und eines nach einem Konter. Wir haben in der Champions League bisher wenig Tore erhalten — und auch in der Bundesliga nicht. In so einem Spiel kann das mal passieren. Deshalb würde ich nicht von einem Defensivproblem sprechen", sagte der Coach, der anfügte: "So ein Spiel geht nicht spurlos an mir vorbei. Im Moment bin ich auch etwas geflasht, dass wir das 4:4 noch geschafft haben."

Mit dem furios geretteten Punkt hat Bayer weiterhin die Chance, ins Achtelfinale der Champions League einzuziehen. "Es hat sich nichts verändert. Wir sind immer noch vor Rom und haben es selbst in der Hand", sagte Völler. Vor den letzten drei Partien führt der Titelverteidiger FC Barcelona, der 2:0 bei Bate Borissow gewann, die Gruppe E mit sieben Punkten vor Leverkusen (4), den Weißrussen (3) und Rom (2) an.

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