Bayer Leverkusen Bayers Doppel-B auf Medaillenkurs

Leverkusen · Für Julian Brandt und Lars Bender läuft das Fußballturnier in Rio bisher gut. Am Mittwoch könnten die beiden Leverkusener im deutschen Kader gegen Nigeria Historisches schaffen: Noch nie hat ein DFB-Team das Finale bei Olympischen Spielen erreicht.

 Julian Brandt spielt mit Deutschland um den Finaleinzug.

Julian Brandt spielt mit Deutschland um den Finaleinzug.

Foto: ap, EP

Dass Julian Brandt im vergangenen halben Jahr eine geradezu explosionsartige Entwicklung vollzogen hat, ist hinlänglich bekannt. In der Rückrunde der vergangenen Saison platzte bei ihm der Knoten. Er traf unter anderem in sechs Spielen in Folge und steuerte einige Vorlagen zu Bayers gelungenen Endspurt in der Liga bei, der letztlich die direkte Qualifikation für die Champions League sicherte.

Bei den Olympischen Spielen in Rio zeigt sich, dass der 20-Jährige offenbar genau da weitermachen will, wo er vergangene Saison aufgehört hat. Heute (21 Uhr) geht es im Halbfinale gegen Nigeria. Mit sieben Assists ist Brandt einer der prägnanten Spieler des Turniers. Nach dem 4:0-Viertelfinalsieg gegen Portugal avancierte er gar zum Spieler des Spiels. Brandt bereitete das 1:0 durch Serge Gnabry und das 2:0 von Matthias Ginter vor. 48,9 Prozent der Nutzer der Internetseite dfb.de votierten für Brandt bei der vom Fan Club Nationalmannschaft initiierten Wahl. "Wir wollten auf keinen Fall nach Hause fahren und haben uns voll auf das Spiel konzentriert", begründet der Leverkusener die starke Leistung gegen Portugal in einem Interview auf der Plattform des DFB. "Wir sind mit einer enormen Präsenz in das Spiel gegangen."

Laut Brandt ist der Erfolg in Rio vor allem eine Frage der Mentalität. Die Mannschaft von Trainer Horst Hrubesch sei inzwischen im Turnier angekommen. "Nach dem holprigen Start wurde es für uns von Spiel zu Spiel besser." Das sei auch gut für das Selbstvertrauen.

"Langsam kommt heraus, was in der Mannschaft steckt und was sie auszeichnet", sagt Brandt. Den kommenden Gegner Nigeria schätzt er als offensivstark, robust, schnell, und "verrückt im positiven Sinn" ein. Das ist auf die meist riskante und athletische Spielweise der Afrikaner bezogen. Brandt setzt dennoch klare Ziele: "Ob ich ein Tor mache, vorbereite oder wir durch ein Eigentor gewinnen, ist mir relativ Schnuppe. Was zählt, ist der Sieg." Er werde sich erneut voll reinhängen, um das Halbfinale zu gewinnen.

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Das gilt freilich auch für seinen Teamkollegen Lars Bender, für den das olympische Turnier eine Chance ist, endlich einen großen Titel zu gewinnen. Die bisherige Länderspielkarriere des 19-fachen Nationalspielers verlief unglücklich. Im Mai 2014 wurde er von Bundestrainer Joachim Löw in den vorläufigen Kader für die WM in Brasilien berufen. Während einer Trainingseinheit zog er sich eine Oberschenkelverletzung zu - und die Teilnahme am Turnier war unmöglich. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum Bender bereits vor Rio von dem Turnier schwärmte - auch, weil er noch einmal gemeinsam mit seinem Bruder Sven für Deutschland spielen wollte, der bei Borussia Dortmund unter Vertrag steht. Er bezeichnete das Turnier im Vorfeld immer wieder als "tolle Gelegenheit" und manchmal sogar als Traum.

Bayers Coach Roger Schmidt steht in regelmäßigem Kontakt zu beiden. Er, Sportdirektor Rudi Völler und Manager Jonas Boldt verfolgen aufmerksam das Geschehen in Rio. Ihren Aussagen bei der Saisoneröffnung von Bayer 04 am vergangenen Wochenende zufolge sind sie stolz auf die bisherigen Auftritte der beiden. Brandt und Bender werden indes beim Pflichtspielauftakt von Bayer 04 im DFB-Pokal beim SC Hauenstein (Sonntag, 15.30 Uhr) fehlen. Zum Start der Bundesliga am 27. August gegen Borussia Mönchengladbach sind sie allerdings rechtzeitig zurück - womöglich beflügelt durch einen Olympiasieg?

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Dafür müsste freilich erst ein weiterer Erfolg gegen Nigeria her. Die Afrikaner sind nicht zu unterschätzen. Das vor allem in ihrer Heimat meist "Super Eagles" genannte Team erreichte dreimal das Achtelfinale einer Weltmeisterschaft, gewann dreimal den Afrika-Cup und wurde 1996 Olympiasieger. 2008 gewann Nigeria die Silbermedaille.

Brandt und Bender sind laut Boldt sehr angetan von der Atmosphäre rund um die Spiele. Wenn der Finaleinzug gelingen sollte, würden die Fußballer nach rund dreiwöchiger Rundreise in das olympische Dorf in Rio ziehen, wo tausende Athleten aus aller Welt während der Spiele trainieren, leben und feiern - eine Erfahrung, die man als Fußballer so nicht kennt und wohl nur einmal im Leben machen kann.

Die letzte olympische Medaille für Deutschland ist fast 30 Jahre her. 1988 in Seoul gewann die Bundesrepublik 3:0 gegen Italien - im Spiel um Platz drei. Es war die zweite Bronzemedaille in der Geschichte nach 1964 in Tokio. Ansonsten gibt es noch Gold (1976), Silber (1980) und Bronze (1972) für die DDR zu vermelden, aber eine "gesamtdeutsche" Medaille gab es bisher nicht. Das liegt allerdings auch daran, dass traditionell eher eine "B-Elf" aus jungen Spielern zu den Spielen reist.

Vielleicht ist das ein zusätzlicher Ansporn für Brandt und Bender - immerhin könnte ihnen mit dem Finaleinzug Historisches gelingen. Bei Brandt ist das olympische Feuer jedenfalls längst entfacht: "Ich gebe weiter Gas, um meinen Beitrag zu leisten", kündigt er an. Einem möglichen Traumfinale gegen Gastgeber Brasilien, der heute um 18 Uhr gegen Außenseiter Honduras sein Halbfinale bestreitet, steht also theoretisch nichts mehr im Weg - außer die Auswahl von Nigeria.

(RP)
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