Michael Schade im Interview "Der Sieg gegen Gladbach hat uns getragen"

Leverkusen · Michael Schade, Geschäftsführer von Bayer 04, spricht über die wechselhafte Hinrunde seines Teams, Interesse von europäischen Top-Klubs und eine mögliche Verstärkung in der Winterpause auf der rechten Verteidigerposition.

 Bayer 04-Geschäftsführer Michael Schade.

Bayer 04-Geschäftsführer Michael Schade.

Foto: Ralph Matzerath

Herr Schade, eine turbulente Hinrunde liegt hinter Bayer 04. Wie lautet Ihr Resümee?

Michael Schade Mit den drei Siegen in der Woche vor Weihnachten haben wir noch einen einigermaßen versöhnlichen Abschluss der Hinrunde geschafft. Wir sind in der Bundesliga auf Platz fünf - und somit in Schlagdistanz zu den Champions-League-Plätzen, die wir am Ende der Saison gerne erreichen würden. Zudem haben wir es zum dritten Mal hintereinander geschafft, in zwei Pokalwettbewerben zu überwintern. Das ist sehr erfreulich.

Das Weiterkommen in der Champions League wurde jedoch knapp verpasst.

Schade Ich mache keinen Hehl daraus, dass wir alle enttäuscht waren, in dieser Gruppenkonstellation am letzten Spieltag das Achtelfinale nicht erreicht zu haben. Aber wir nehmen die Europa League an und wollen jetzt versuchen, in diesem Wettbewerb so weit zu kommen wie eben möglich.

Sind Sie mit den 27 erreichten Punkten in der Liga zufrieden?

Schade Nein, wir dürfen nicht verkennen, dass wir von der Punktzahl hinter unseren Hoffnungen und Planungen zurückliegen. Dass wir uns den einen oder anderen Punkt mehr gewünscht hätten, ist unbestreitbar. Dennoch ist es nach wie vor möglich, mit einer guten Rückrunde all unsere Ziele zu erreichen.

War das 5:0 gegen Borussia Mönchengladbach am 12. Dezember der psychologische Wendepunkt für das Team?

Schade Die Partie gegen Mönchengladbach war zweifelsohne eine ganz wichtige. Wir haben nicht nur einen direkten Konkurrenten geschlagen, sondern haben auch unser Torverhältnis deutlich verbessert. Doch das Wichtigste: In diesem Spiel hat die Mannschaft gezeigt, was sie wirklich kann. Es war das erhoffte Erfolgserlebnis, das uns durch die darauffolgenden Spiele getragen hat. Deswegen sind wir zum ersten Mal seit mehreren Jahren wieder mit Siegen im Rücken in die Winterpause gegangen.

Ein Erfolgserlebnis, das dringend gebraucht wurde, weil die Mannschaft zuvor in der Kritik stand?

Schade Wir haben mit Sicherheit das ein oder andere schlechte Spiel gemacht. Und mit Sicherheit haben wir auch individuelle Fehler begangen. Das bestreite ich nicht. Ich will die vergebenen Punkte nicht schönreden, aber man muss auch berücksichtigen, dass wir unglaublich viel Verletzungspech hatten. Insbesondere in der Defensive ist teilweise fast ein gesamter Mannschaftsteil ausgefallen. Zudem hatten wir auch manches Pech mit der ein oder anderen spielprägenden Schiedsrichterentscheidung - aber das hatten andere Teams auch.

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Foto: dpa, bt tmk

Die Hoffnung für die Rückrunde ruht also auch auf den Rückkehrern?

Schade Ja, ich glaube, wenn wir mit einem größeren Kader und Leistungsträgern wie Lars Bender und Tin Jedvaj in die Rückrunde starten, dann können wir an gute alte Topleistungen anknüpfen. Man darf auch nicht vergessen, dass Charles Aránguiz, der vor der Saison von vielen als Königstransfer bezeichnet wurde, wegen seines Achillessehnen-Risses noch nicht eine einzige Minute für uns spielen konnte.

Dafür haben sich die anderen Neuzugänge als Verstärkungen erwiesen...

Schade Wir sind sehr zufrieden mit unseren Sommertransfers. Admir Mehmedi und Kevin Kampl haben unsere Erwartungen erfüllt, Chicharito hat sie übererfüllt, das zeigt er Woche für Woche. Jonathan Tah spielt für seine 19 Jahre eine überragende Rolle. In Sachen Neuverpflichtungen haben wir unsere Hausaufgaben gut gemacht.

Warum lief es in der vergangenen Hinrunde trotzdem nicht besser als in der Vorsaison?

Schade Weil einige wichtige Spieler in der Hinrunde nicht immer an die Leistungen der Vorsaison anknüpfen konnten. Das führte dazu, dass wir manche Spiele - verdient - verloren haben.

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Foto: dpa, jgu hak nic

Gerade auf der Außenverteidigerposition ist der Kader recht dünn besetzt. Roberto Hilbert wird erneut länger fehlen. Sehen Sie Handlungsbedarf im Winter?

Schade Normalerweise sind wir keine großen Freunde von Wintertransfers, weil man sich in diesem Zeitraum nicht extrem verstärken kann. Die wirklich guten Spieler werden von ihren Vereinen im Winter eben nicht abgegeben. Wenn man jedoch Positionen hat, die zeitweilig schlechter oder unbesetzt sind, wie das bei uns im Moment durch viele Verletzungen der Fall ist, muss man versuchen, nachzulegen. Wir halten die Augen offen. Gerade wegen der erneuten Verletzung von Hilbert sind wir auf der rechten Verteidigerposition daran interessiert, etwas zu tun - wenn sich denn die Möglichkeit ergibt.

Befürchten Sie Abgänge? Immerhin wird Chicharito mit dem FC Arsenal und Christoph Kramer mit dem SSC Neapel in Verbindung gebracht.

Schade Gerüchte gehören zum Fußball dazu wie das Salz in die Suppe. So lange es Gerüchte um unsere Spieler, Trainer oder Offiziellen gibt, ist das doch ein Beweis dafür, dass wir augenscheinlich ein Top-Team zusammenhaben. Ich betrachte die Gerüchte mit viel Ruhe, denn ich kenne die Verträge unserer Spieler, darum weiß ich, was theoretisch machbar ist und was nicht. Und mit diesem Wissen kann ich gut schlafen. Es ehrt uns auf gewisse Weise, wenn europäische Top-Klubs immer wieder Interesse an unseren Spielern haben. In dem Moment, in dem über einen längeren Zeitraum niemand mehr über Bayer Leverkusen spricht, müssen wir uns ernsthafte Gedanken machen, ob die Qualität des Kaders - oder des gesamten Vereins - noch dem entspricht, was wir wollen.

In der Hinrunde gab es auch Auseinandersetzungen mit den eigenen Anhängern. Insbesondere nach der gezündeten Pyrotechnik im DFB-Pokal-Spiel gegen Viktoria Köln oder am Flughafen von Minsk nach dem Champions-League-Spiel gegen Bate Borissow. Ist das Thema mittlerweile abgehakt?

Schade Wir hatten mehrere Treffen mit den Fans und das Thema ist abgehakt. Wir haben vor Weihnachten nochmals einen offenen Brief an die Fans geschrieben, in dem wir uns für die tolle Hinrunde und die unglaubliche Choreographie in Ingolstadt bedankt haben. Dort hat man doch gesehen, dass es auch ohne Pyrotechnik geht. Auch die Aktion mit den T-Shirts, auf denen Stefan Kießling geehrt wurde, war traumhaft. So stelle ich mir Fan-Choreographien vor. Das war großartig.

Um Publikumsliebling Stefan Kießling kursierten vor nicht all zu langer Zeit noch Wechsel-Gerüchte. Ein Abgang im Winter ist jedoch schonmal vom Tisch. Inwieweit wollen Sie versuchen, Kießling - eines der Gesichter des Vereins - auch nach seiner aktiven Karriere weiter an Bayer 04 zu binden?

Schade Im Moment ist die Personalie Kießling geklärt - er wird bleiben und für uns spielen. Das, was danach passiert, werden wir zu einem gegebenen Zeitpunkt besprechen. Ich habe immer gesagt, dass Spieler wie Stefan Kießling - wenn sie denn mögen - auch nach ihrer aktiven Zeit in irgendeiner Form für Bayer 04 tätig sein können. Daran hat sich nichts geändert.

SIMON JANSSEN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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