Bayer Leverkusen Der lachende Dritte

Leverkusen · Trainer Roger Schmidt und Bayer Leverkusen können nach dem Sieg gegen Hertha BSC Berlin nicht mehr von Platz drei in der Bundesliga-Tabelle verdrängt werden. Für die Werkself war es der siebte Triumph in Serie.

Leverkusen - Hertha
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Sie waren vorbereitet in Leverkusen. Das Spiel war gerade abgepfiffen, als die Champions-League-Hymne lautstark durch die Arena tönte. Die Profis rissen nach dem 2:1-Erfolg über Hertha BSC Berlin die Arme in die Luft, herzten sich und zogen anschließend gemeinsam vor die Fankurve.

Stolz und Erleichterung standen allen Beteiligten ins Gesicht geschrieben. Stolz, drei Spieltage vor dem Saisonende als Dritter bereits sicher für die Champions League qualifiziert zu sein. Erleichterung darüber, dem Druck im Endspurt standgehalten zu haben. "Wenn mir das jemand vor ein paar Wochen gesagt hätte, hätte ich sofort unterschrieben", sagte Julian Brandt und kündigte eine ausgiebige Feier an.

Der 19-jährige Offensivmann konnte sein Glück kaum fassen. Als einer der Jüngsten steht er sinnbildlich für den etwas unheimlich gewordenen Aufschwung der Werkself, die mithilfe von sieben Siegen in Serie dort angekommen ist, wo sie nach eigenem Anspruch auch hingehört. Während sich die Konkurrenz seit Wochen ein Schneckenrennen um die Plätze drei und vier lieferte, ist Bayer zur entscheidenden Saisonphase ins Rollen gekommen. "Wir waren quasi der Ferrari unter den Schnecken", sagte Bernd Leno. Das bekam nun die Hertha zu spüren, die trotz der Niederlage zumindest schon die Europa-League-Teilnahme sicher hat. Für seinen sechsten Treffer im sechsten Spiel benötigte Brandt diesmal nur 76 Sekunden - der damit die Rekordmarke für Spieler unter 20 Jahren von Gerd Müller einstellte. Keine Viertelstunde später erhöhte Lars Bender (diesmal als Rechtsverteidiger aktiv) auf 2:0 - beide Male war die Berliner Abwehr nicht im Bilde. Dem 1:0 ging ein falscher Einwurf von Karim Bellarabi voraus. Aber damit wollte sich hinterher niemand mehr wirklich aufhalten. Ebenso wenig mit dem Anschlusstor von Vedad Ibisevic und den Ausgleichschancen danach.

Sportlicher Feiertag

Dieser Tanz in den Mai war ein sportlicher Feiertag. Zum vierten Mal in Folge erreicht Bayer die Königsklasse. Das war besonders für Roger Schmidt eine Genugtuung. Er umarmte alle, die ihm nach dem Abpfiff über den Weg liefen und feierte ausgelassen. Denn dieser Erfolg war auch sein persönlicher. Das war seinen Worten zu entnehmen. "Nach dieser schwierigen Saison frühzeitig die Champions League klar zu machen, ist sehr bemerkenswert", sagte der Trainer.

Noch vor wenigen Wochen stand der mit außerordentlichem Selbstvertrauen ausgestattete Trainer gehörig unter Druck. Weil seine Mannschaft zu selten ihr Potenzial ausschöpfte. Und weil auch Schmidt mit seinem Benehmen seinen Teil dazu beitrug. Der Tiefpunkt war im Februar erreicht, als Bayer aus dem DFB-Pokal ausschied und Schmidt für eine Spielunterbrechung gegen Dortmund sorgte, für die er sich drei Spiele Sperre einhandelte. Es folgten der Absturz auf Platz acht und das Aus in der Europa League, mit dem eine beispiellose Verletztenmisere einherging. Trotz vieler Kritik hielt Sportdirektor Rudi Völler an Schmidt fest. "Man kann nur den Hut ziehen vor der Geschäftsführung. Der eine oder andere Verein hätte den Trainer wahrscheinlich entlassen", befand Julian Brandt.

Christoph Kramer, der erneut als Innenverteidiger gefiel, blies ins gleiche Horn: "Im Fußball gibt es kaum noch Zeit, Philosophien zu entwickeln. Die wurde dem Trainer hier gegeben. Jetzt erntet er die Früchte", sagte er. Offenbar hat Schmidt die Stimmung für sich drehen können. Das lässt auch manche Personalentscheidung erkennen. Denn Stand jetzt bleiben die Leistungsträger - auch die, die mit Schmidt ihre Differenzen hatten. Nach Karim Bellarabi verzichtet nun Bernd Leno auf einen Wechsel ("Die Champions League war das beste Reizmittel"). Seinen bis 2018 laufenden Vertrag verlängerte der EM-Kandidat allerdings nicht. Brandt, der womöglich ebenso auf den EM-Zug aufspringt, sieht das als "wichtiges Zeichen".

Jetzt, da Roger Schmidt seinen Kader wieder so gut wie komplett hat, wird deutlich, über welche Möglichkeiten er verfügt. Der 49-Jährige prognostiziert seinem Team eine große Zukunft. Die garantierten 25 Millionen Euro für die Teilnahme an der Champions League bringen die Möglichkeit, die Mannschaft zu halten und, so Schmidt, punktuell "zu optimieren". In der Königsklasse will er "besser sein als in den vergangenen beiden Jahren". 2015 erreichte er mit Bayer das Achtelfinale. Gleiches gilt für Pokal und Bundesliga. "Wenn ich die jungen, spannenden Spieler sehe, können wir mit einer guten Perspektive nach vorne schauen."

(RP)
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