Bayer Leverkusen Schuften für Schmidt und Löw

Langenfeld · Nach einer nicht fehlerfreien Hinserie möchte sich Bernd Leno in der Rückrunde für die Europameisterschaft in Frankreich empfehlen.

 Bernd Leno (r.) und Dario Kresic bei der gestrigen Trainingseinheit.

Bernd Leno (r.) und Dario Kresic bei der gestrigen Trainingseinheit.

Foto: KSmedianet

Hakan Calhanoglu schaut, läuft an und ... trifft. Bernd Leno ist machtlos. Leverkusens Torhüter nimmt es gelassen. "Er schießt die Freistöße sensationell. Wenn er den Ball optimal trifft, hat man als Torwart einfach keine Chance."

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Der 23-Jährige hat sich daran gewöhnt, im Duell mit Calhanoglu oft nur zweiter Sieger zu sein. "Da geht es mir zum Glück wie vielen meiner Kollegen. Insofern beunruhigt mich das nicht", entgegnet der Keeper mit einem Augenzwinkern. "So lange Hakan bei uns spielt, kann er mir keinen reinschießen." Was das Ausgucken der Bälle so schwierig macht? "Seine unberechenbare Schusstechnik." Das Freistoßtraining gehört in Orlando nach den Einheiten täglich zum Programm. Leno macht die Extraschicht gerne mit. Er hat viel vor 2016.

Mit Bayer 04 warten in drei Wettbewerben große Herausforderungen. Im Sommer möchte Leno überdies auf den EM-Zug aufspringen und Teil von Joachim Löws Team in Frankreich sein. "Für mich hat ein sehr wichtiges Jahr begonnen", sagt er ohne Umschweife. "Natürlich möchte ich bei der Europameisterschaft dabei sein. Wenn man einmal beim Team dabei war und die Atmosphäre genießen durfte, dann will man auch beim großen Turnier nicht fehlen."

Die Eindrücke, die der Keeper bisher beim DFB - sei es in den U-Nationalmannschaften oder auch beim jüngsten Treffen mit Joachim Löw im November - hinterließ, waren durchweg positiv. Der Leverkusener hatte die Zusage, gegen die Niederlande sein Debüt im A-Kader zu geben. Nach den Terroranschlägen von Paris wenige Tage zuvor wurde das Spiel aber abgesagt. Für Leno ein schlimmes Erlebnis. "Nicht zu wissen, was außerhalb des Stadions und mit uns passiert, wie wir raus und dann nach Hause kommen würden, so etwas geht nicht spurlos an einem vorbei. Die Ungewissheit war auch für die Familie belastend."

An ein Spiel in Hannover frei von Sorgen war nicht zu denken. "Natürlich hätte ich gerne gespielt, aber angesichts der Ereignisse war es sicher das Beste, dass wir nach Hause gefahren sind, um die Köpfe wieder frei zu bekommen."

Im neuen Jahr hofft Leno auf eine neue Gelegenheit, sich Löw auch im Spiel beweisen zu können. Wie er selbst seine EM-Chancen einschätzt? "Wenn ich meine Leistung bringe, habe ich sicher gute Chancen", sagt Leno, der weiß, dass dafür eine gute Rückrunde notwendig ist. "Das Signal, dass ich in Hannover gespielt und das Vertrauen bekommen hätte, werte ich positiv."

Es geht um die beiden Plätze hinter Manuel Neuer, um die sich gleich mehrere junge Keeper bewerben. Löws Spielstil, der einen mitspielenden Torhüter vorsieht, kommt Leno entgegen, der voller Respekt auf Neuer schaut. Was ihm noch fehlt zur Nummer eins? "Manuel hat Titel gewonnen, spielt bei Bayern München und ist der beste Torwart der Welt", zählt Leno auf. "Er verkörpert das perfekte Torwartspiel, weil er gut auf der Linie ist, gut am Ball und gut mitspielt. Da ist ein großer Abstand zum Zweitbesten." Einem, der Bernd Leno heißt? "Das würde ich nicht sagen", kontert der 23-Jährige lächelnd. "Da gibt es doch noch ein paar andere Kandidaten. Wenn ich der zweitbeste Torwart der Welt wäre, würde ich wohl nicht in Leverkusen, sondern bei einem europäischen Spitzenklub spielen. Aber mein Ziel ist es auf jeden Fall, diese Qualität zu erreichen."

Mit der Formulierung "Nummer zwei in Deutschland" könnte sich Leno indes schon eher anfreunden, der stets betont, dass das Rennen hinter Neuer völlig offen ist.

Mut zum Risiko als größte Herausforderung

Als größte Herausforderung des Torwart-Jobs bezeichnete er den Mut zum Risiko. Das ist manchmal ein schmaler Grat und kann auch schiefgehen. Auch in dieser Saison ist Leno nicht frei von Fehlern, der sagt: "Das ärgert mich, aber es ist wichtig, sich nicht zu lange damit zu beschäftigen."

Zum Ende der Rückrunde lief es nicht nur für die Mannschaft, sondern auch für Leno wieder besser, der nicht glaubt, dass einzelne Fehler seine Karriere im DFB-Dress nachhaltig beeinflussen könnten. "Ich fände es falsch, die Leistung und die Qualität des Einzelnen aufgrund von zwei, drei Spielen in Frage stellen. In der Frage, wer zur EM fährt, wird sicher das Gesamtpaket ausschlaggebend sein", glaubt Leno.

Als solches hat er seit seinem Wechsel nach Leverkusen 2011 allein 150 Bundesligaspiele und 30 Einsätze in der Champions League vorzuweisen. "Vor fünf Jahren hätte das niemand gedacht. Das sind Zahlen, auf die ich stolz bin", sagt Leno. "Es ist für einen Keeper wichtig, konstant zu spielen und wenig verletzt zu sein."

Erst kürzlich adelte ihn Iker Casillas, mehr als 25 Jahre Torhüter bei Real Madrid (aktuell beim FC Porto), zusammen mit Marc-André ter Stegen (Barcelona), David De Gea (ManUnited) und Thibaut Courtois (Chelsea) als Torhüter mit den besten Zukunftsaussichten. "Wenn das eine Ikone wie er sagt, freut mich das. Ich hoffe aber, dass es nicht nur beim Nachwuchs-Talent bleibt."

Maximal 34 Gegentore - eines pro Spiel - setzt sich Leno vor einer Saison als Limit. 20 sind es nach 17 Punktspielen. Derzeit arbeitet die Werkself im Trainingslager in Orlando auch daran, dass es künftig wieder weniger werden. Ziel ist die erneute Qualifikation zur Champions League. Und dann ist da noch der DFB-Pokal. Bayer zählt zu den Viertelfinalisten. Aber dabei soll es nicht bleiben. "In meinem fünften Jahr in Leverkusen einen Titel zu holen, wäre phantastisch", sagt Leno. "Ich wurde als B-Jugendlicher schon mal Deutscher Meister. So etwas vergisst man nicht. Den Pokal zu gewinnen, wäre nochmal eine Steigerung."

(RP)
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