Im Schatten vom Fußball Athleten abseits des Fußballs kämpfen um Anerkennung

Neben dem Fußball ist in Deutschland für die anderen Sportarten nicht viel zu gewinnen - oder zu verdienen. Die Athleten klagen immer lauter: Zu wenig Fernsehpräsenz, wenig Sponsoreninteresse, geringe Verdienstmöglichkeiten und kaum Anerkennung.

Kritik an der Dominanz des Fußballs wird lauter
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Foto: dpa, rhi hpl hak

Fußball, Fußball, Fußball! Die Klage von Athleten anderer Sportarten über die Dominanz des Fußballs und des eigenen Schattendaseins ist im Jahr der EURO so laut wie nie. "Es ist schon extrem. Fußball hat eine marktbeherrschende Stellung", sagte Deutschlands Vorzeige-Langläufer Arne Gabius vor dem Start der Bundesliga-Rückrunde. Ob Badminton-Spieler, Fechter, Handballer, Leichtathleten oder Ringer: Sie kritisieren die mangelnde Präsenz in den Medien, das geringe Interesse von Sponsoren und die Anerkennung.

"Wir sind in Deutschland auf dem Weg zu einer Monosportkultur", stellte Max Hartung, WM-Dritter mit dem Säbel, desillusioniert fest. "Wie sieht es denn heute aus: 95 Prozent Fußball, 4 Prozent Formel 1 - und um das eine Prozent kämpfen die Leichtathleten mit den Schwimmern und den vielen anderen tollen Sportarten in Deutschland", pflichtete Gabius dem Fechter-Kollegen bei. Große Firmen investierten lieber in den Fußball. "Das ist eben ein sicheres Ding."

Volleyball-Nationalspieler Lukas Kampa kritisierte generell die mangelnde Wertschätzung von Leistungssportlern abseits des Fußballs. "Ich denke, dass alle anderen Sportarten mehr Wertschätzung in der Gesellschaft erhalten sollten und Leistungssport kein Loch in der Biografie ist." Das Gefühl habe er manchmal, wenn man sich auf die Zeit nach der Karriere vorbereite.

Kanu-Olympiasieger Sebastian Brendel kann es nicht nachvollziehen, warum Fußball in allen Abstufungen mehr fasziniert als andere Topleistungen. "Für mich ist es immer schwer zu verstehen, dass die 3. Fußball-Liga mehr Medienpräsenz erfährt als der Großteil olympischer Sportarten", sagte er. "Da wird im Endeffekt um Platz 37 bis 54 gespielt, das ist für mich kein Spitzensport."

Dass das Stiefmütterchen-Dasein im Jahr der Fußball-EM in Frankreich noch trister wird, befürchtet Ringer-Weltmeister Frank Stäbler: "Die Wochen vor und nach der EM werden sicherlich wieder extrem auf den Fußball fokussiert sein." Er hoffe aber, dass nach der EM "schnell die Olympischen Spiele im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen".

Im Fokus zu stehen, heißt auch: Im Fernsehen und in den Medien gezeigt zu werden. "Die Leichtathleten und andere Sportarten müsste man mehr im Fernsehen zeigen, weil sie sich auch den Arsch aufreißen", forderte Betty Heidler, die Olympia-Dritte im Hammerwurf.

"Fakt ist: Selbst die öffentlich rechtlichen Sender kommen ihrem Auftrag - zumindest bei den Sommer-Sportarten - zu wenig nach", sagte Marcel Nguyen, Olympia-Zweiter im Turn-Mehrkampf und am Barren. "Bei unserem Liga-Finale beispielsweise habe ich vergeblich eine Kamera des ZDF gesucht - das hätte an einem Samstagabend super in das Sport-Studio gepasst", meinte er, "aber da besteht kein Interesse und kein Platz - wegen des Fußballs." Es gehe nur um Einschaltquoten. "Wenn ich kein Interesse bei den Menschen wecke, entsteht auch keins", argumentierte Nguyen.

Die Kritik an den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern an einer mangelnden Bildschirm-Präsenz deckt sich nicht mit den Statistiken von ARD und ZDF. Danach betrug der Fußball-Anteil an der gesamten Sportberichterstattung in den vergangenen Jahren etwa 20 bis 25 Prozent. Im Vergleich zwischen den Sommer- und Wintersportarten sind die Sportler auf Eis und Schnee im Vorteil. Ihre Wettbewerbe sind an den Wochenenden besser zu bündeln und in TV-Paketen sendbar.

Während es Sportarten wie Biathlon oder Skilanglauf gelungen ist, mit neuen Darstellungsformen attraktiv für das TV geworden ist, haben andere Probleme, gut rüberzukommen. "Nur wenn wir innovativer und attraktiver werden, wird der olympische Sport nicht in der Versenkung verschwinden hinter Fußball oder Darts, die bessere Produkte professioneller vermarkten", übte Fechter Hartung Selbstkritik.

Neidisch sind die meisten anderen Sport-Asse auf die exorbitanten Einkünfte der Fußball-Profis. "Dass die Fußballer überbezahlt sind, darüber brauchen wir nicht reden", meinte Kugelstoßerin Schwanitz. "Die haben schon für ihre Ur-Ur-Ur-Enkel ausgesorgt, wenn sie einmal für einen größeren Verein spielen dürfen."

(dpa)
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