ARD-Doku auf den Spuren des Kaisers Freunde sorgen sich um Franz Beckenbauer

München/Berlin · Wie geht's Franz Beckenbauer? Ein ARD-Team hat sich auf die Spuren des Kaisers begeben, der unter der WM-Affäre leidet. Freunde zeigen sich besorgt über seine Verfassung.

Franz Beckenbauer im Mai 2016 an der Seite von Uli Hoeneß.

Franz Beckenbauer im Mai 2016 an der Seite von Uli Hoeneß.

Foto: dpa, awa jai

Am Ende ist er doch noch zu sehen. Langsam, weit nach vorne gebeugt, schlurft Franz Beckenbauer aus dem Restaurant von TV-Koch Alfons Schuhbeck und gerät direkt in die Fänge des ARD-Filmteams. Ob er ein Interview geben könnte. "Nein", entgegnet der verloren gegangene Kaiser höflich, "ich muss hier rein".

Wieder kein Interview. Das geht den ARD-Machern des neuen Films über Franz Beckenbauer ("Der Fall des Kaisers") häufiger so. Dennoch schafft der Beitrag, der am Dienstagabend in der ARD lief, eine interessante Annäherung an das jetzige Leben der einstigen Lichtgestalt, deren radikaler Rückzug nach WM-Affäre und privaten Rückschlägen Fragen aufwirft.

Freunde und Weggefährten sind irritiert. "Ich mache mir große Sorgen, denn nach allem, was ich höre, ist ein Mensch, der so in der Öffentlichkeit war, wie Franz Beckenbauer das war, jetzt - auf eigene Veranlassung - völlig aus der Öffentlichkeit verschwunden", sagt der langjährige Sportkommentator und heutige TV-Experte Marcel Reif, der viele Jahre mit Beckenbauer zusammengearbeitet hat.

"Der ganze Stress, die ganzen Geschichten, sowohl im Privaten als auch mit der WM-Vergabe 2006, haben ihn natürlich mitgenommen", meint Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, der Beckenbauer vor wenigen Wochen traf. "Er sieht nicht mehr so frisch aus wie vorher", verrät Matthäus, aber "von der Art her, vom Lächeln und von der Unterhaltung her", sei Beckenbauer "der Alte geblieben".

Der ARD-Film begibt sich 45 Minuten lang auf die Spurensuche nach dem einstigen Supermann und stellt die Frage, wann sich die Öffentlichkeit von einem Helden abwendet. Für Beckenbauers Ex-Mitspieler Paul Breitner ist das kein Thema. "Ich sehe mich als derjenige, der nicht ein Haar über Franz krumm werden lässt. Null." Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber meint: "Wenn ein Freund einen Fehler gemacht hat, bleibt er trotzdem ein Freund."

Im Oktober 2015 hatte der Spiegel die WM-Affäre um Beckenbauer aufgedeckt. Seitdem fragt sich die Nation, ob mit einer Summe von 6,7 Millionen Euro die WM-Ausrichtung 2006 gekauft wurde. Der frühere DFB-Pressesprecher Harald Stenger glaubt, dass der Skandal unter den Teppich gekehrt werden sollte, meint aber auch, bis heute sei nicht bewiesen, "dass die WM-Vergabe gekauft wurde."

Beckenbauer schweigt, und das machen sie ihm zu Recht zum Vorwurf. Zunächst scheitern alle Versuche des Filmteams, an ihn heranzukommen. Die Autoren Sven Kaulbars und Ole Zeisler fahren nach Salzburg und Kitzbühel, befragen Nachbarn, doch keiner weiß etwas. Der Kaiser ist abgetaucht und hat offenbar schwer am Leben zu tragen.

Der Tod seines Sohnes Stefan, der den Kampf gegen einen Hirntumor verlor, zehrt an seinen Kräften. Genauso wie zwei Herzoperationen, die er über sich ergehen lassen musste. "Der Erfolg wird relativ, wenn man von der Wirklichkeit des Lebens eingeholt wird", sagt Stoiber, auch Mitglied im Aufsichtsrat beim FC Bayern München.

Dass allerdings auch die deutsche Mentalität mit ihrem ewigen Nachkarten Schuld an dem Verschwinden des Kaisers habe, das wird in dem Film auch thematisiert. Breitner sieht eine deutsche Veranlagung, "ja keinen ausbrechen lassen, jeden runter zu holen, auf die eigene Ebene." Und wenn der Deutsche dann eine Chance sieht, "dann macht er das. Brutal wie wahrscheinlich kein anderer."

Als ein Bewunderer des Fußballspielers Franz Beckenbauer outet sich Sportphilosoph Gunter Gebauer. Von dem Funktionär Beckenbauer habe er aber nie etwas gehalten. Der Wissenschaftler wünschte Beckenbauer, "dass er einen guten Freund und Mentor hat, der ihn an die Hand nimmt und bespricht, was er jetzt noch tun kann, um die Reste seines Ansehens zu retten und die guten Seiten seiner Persönlichkeit in die Öffentlichkeit tragen zu können."

(sid)
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