Kolumne: Gegenpressing TSV 1860 Hollywood

Lange galten die Münchner Bayern als der Komödienstadl des deutschen Fußballs. Doch inzwischen füllt der Nachbar TSV 1860 diese Rolle viel besser aus. Nicht zuletzt wegen seines Investors.

Das ist 1860-Investor Hasan Ismaik
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Foto: dpa, geb nic hak

Hasan Ismaik hatte genug. Ganz offensichtlich sogar. Eine andere Interpretation lässt das, was er über die sozialen Netzwerke in die Welt hinausposaunte, nicht zu. Ismaik, der wort- und geldgewaltige Investor hinter Fußball-Zweitligist TSV 1860 München, war auch gar nicht an einer unklaren Deutung seiner Tirade interessiert. Er wollte Klarheit. Und diese Tirade war klar.

Hier der Inhalt in Kurzform (die Langform hält Herr Ismaik für Interessierte bei Facebook bereit): Die Journalisten, die über die Löwen berichten, seien charakterlos, spielten mit Hintermännern ein dreckiges Spiel gegen ihn, sie versuchten, die treuen Anhänger des TSV mit Lügenkampagnen zu manipulieren und die Sechziger bundesweit lächerlich zu machen. Im Verein gebe es außerdem Menschen, die mit den besagten bösen Journalisten das besagte dreckige Spiel spielten und "Korruption und Plünderung unterstützen".

Nun soll es Menschen geben, denen drängt sich beim Lesen dieser Zeilen ein Gedanke auf. Der, dass es gar nicht böser Journalisten und korrupter Hintermänner bedarf, um den wackren Sechzigern zu schaden - das schafft Herr Ismaik schon ganz alleine. Mit dieser Tirade zum Beispiel, die jedem, ob Fan, Vereinsmitarbeiter oder Sponsor, den Angstschweiß auf die Stirn treiben muss. Denn der polternde Herr Ismaik hat sich über die Millionen, die er seit ein paar Jahren als lebenserhaltende Maßnahme in die Löwen pumpt, offenbar Entscheidungsgewalt erkauft, das Recht, personelle und strategische Entscheidungen zu treffen. Erst in dieser Woche wurde Trainer Kosta Runjaic entlassen. Letztlich auf Ismaiks Drängen, heißt es. Über den Kopf von Sportdirektor Thomas Eichin hinweg, heißt es.

Was ist nur aus dem TSV 1860 geworden? Dem volkstümlichen Gegenentwurf zu den großspurigen Roten, zum FC Bayern, den Reichen, den Erfolgreichen, den Versnobten von der Säbener Straße. Die Bayern waren doch immer die, die die Geschichten abseits des Sportlichen lieferten, die den Boulevard bedienten. Mit Skandälchen, Schlagzeilen und Getöse. Der FC Bayern war doch der FC Hollywood.

Und heute? Da ist Hollywood zum TSV 1860 weitergezogen. Da sind es die Löwen, die Medien und Öffentlichkeit verlässlich mit immer neuen Streitereien, internen Querelen und Schlammschlachten versorgen. Den Nährboden für all das bildet die sportliche Lage. Seit dem Bundesligaabstieg 2004 darbt der Verein im Zweitligaalltag, seit 2006 mit hohen Mietkosten in der Allianz-Arena. Der weitere Fall in Liga drei war seitdem oft näher als eine Rückkehr ins Oberhaus. Verantwortliche gingen und gehen, werden aber meist gegangen. Spieler werden jede Saison eifrigst ausgetauscht. Alles ohne Erfolg. So bleiben den Sechzigern am Ende nur die treuen Fans als Hoffnungsschimmer. Und die leiden bei jeder neuen Schlammschlacht mit.

Er werde bis zum letzten Atemzug für den TSV 1860 kämpfen, ließ Herr Ismaik jetzt in seinem Facebook-Beitrag wissen. Es gibt Menschen, die verstehen das als Drohung.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(klü)
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