Köln wirkt kopflos in der Krise Einstürzende Neubauten

Düsseldorf · In den vergangenen fünf Jahren hat sich der 1. FC Köln unter einer neuen Vereinsführung vom einstigen Chaosklub zu einem seriös geführten Bundesligaverein gemausert. Nun sind die FC-Verantwortlichen auf dem besten Weg, das mühsam Aufgebaute in Rekordzeit zum Einsturz zu bringen.

Das ist Toni Schumacher
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Foto: dpa

In einer derart beispiellosen sportlichen Krise stets die Souveränität zu wahren, ist womöglich zu viel verlangt. Nach nunmehr 13 Spieltagen steht der FC noch immer mit nur zwei mageren Pünktchen und vier Toren abgeschlagen am Tabellenende. Die Hoffnung schwindet, Ratlosigkeit macht sich breit. Das skurrile Interview, das Vizepräsident Toni Schumacher vor der 0:2-Niederlage gegen Hertha bei Sky zum Besten gab, ist dennoch kaum zu entschuldigen. Schumacher sollte die Situation um Horst Heldt erläutern, den Sportdirektor von Liga-Konkurrent Hannover 96, den die Kölner gerne als neuen Sportchef am Geißbockheim installieren wollen. Heldt hat in Hannover noch einen Vertrag bis 2020, dennoch hat bereits ein Gespräch zwischen dem FC und dem Rheinländer und ehemaligen Kölner Profi stattgefunden.

Die Kölner machen sich große Hoffnungen, dass Heldt in Hannover um die Freigabe bittet. "Wir haben natürlich mitbekommen, dass in Hannover in der Führungsriege so einige Dinge nicht stimmen", sagte Schumacher. Das Verhältnis zwischen Heldt und Aufsichtsrat Martin Andermatt solle angeblich nicht gut sein, führte Schumacher weiter aus. Also könne man ja mal anfragen. Als Vizepräsident des Tabellenschlusslichts die internen Probleme eines Konkurrenten in aller Öffentlichkeit breitzutreten, das fand dann nicht nur Hannover-Präsident Martin Kind "niveaulos. Das gehört sich nicht!", wetterte Kind bei Sky. "Man ist gerade dabei, den guten Ruf, den man sich in den letzten fünf Jahren aufgebaut hat, zu ramponieren", meinte Sky-Experte Dietmar Hamann, der Schumachers Aussagen "schockierend" fand.

Seit dem Abgang von Sportchef Jörg Schmadtke, der für die Presse oftmals als Prellbock fungierte, wirkt der FC zunehmend kopf- und führungslos. Präsident Martin Spinner hält sich auffällig zurück, Alexander Wehrle muss sich zu sportlichen Angelegenheiten äußern, die eigentlich nicht in seinen Aufgabenbereich als Geschäftsführer Finanzen fallen. Also soll Schumacher das Sprachrohr geben, scheint damit aber überfordert zu sein. Die Chance auf eine Heldt-Verpflichtung dürfte sein Interview jedenfalls nicht erhöht haben. Und auch den anderen Kandidaten wird das zunehmend chaotische Krisenmanagement nicht entgangen sein.

Seit seiner Wahl im April 2012 hat das FC-Präsidium vieles richtig gemacht. Es bewies in Sachen Personal bei Schmadtke, Wehrle und Trainer Peter Stöger das richtige Händchen. Der Verein schaffte den Wiederaufstieg, den Sprung in den Europapokal und die finanzielle Gesundung. Noch im Sommer stand der Klub so gut wie lange nicht da. Dennoch wurden schon da kritische Stimmen lauter. So stoßen die Pläne eines Stadioneubaus, zur Not auch außerhalb der Kölner Stadtgrenzen, bei vielen Fans nicht auf Gegenliebe. Der Standort Müngersdorf sei nicht verhandelbar, teilten die Ultras mehrmals mit Spruchbändern mit. Auch Spinners harsche Reaktion auf eine Initiative, die eine Satzungsänderung anstrebte, die den Mitgliedergremien mehr Mitspracherechte einräumen sollte, missfiel zumindest dem kleinen Teil der Fanszene, der sich mit dem Thema auseinandersetzte.

Nun steht der FC (wieder einmal) am sportlichen Abgrund. Der Abstieg ist kaum noch zu verhindern, Trainer Stöger arbeitet auf Bewährung. Die Kölner müssen jetzt anfangen, die Weichen für den nächsten Neuanfang in Liga zwei stellen. Dabei braucht der Vorstand wie damals vor gut fünf Jahren wieder das richtige Händchen. Sonst wird es ein schwieriger Neuaufbau.

(areh)
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