Köln stürmt auf Platz zwei Bayern-Jäger wider Willen

Köln · Der 1. FC Köln erobert durch ein 2:1 gegen Ingolstadt den zweiten Tabellenplatz in der Bundesliga. Der Rückstand auf Bayern München beträgt nur zwei Punkte. In der Domstadt herrscht Euphorie - nur nicht im Verein selbst.

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Foto: dpa, bt dna

Wie ein Tabellenzweiter sieht Peter Stöger am Samstagnachmittag nicht aus. Das kurze Lächeln nach dem Abpfiff ist bei der Pressekonferenz schon wieder verflogen. Der Trainer des 1. FC Köln ist erneut bemüht, das Umfeld des Vereins mit gnadenlosem Realismus zu beruhigen. "Ich kann den Leuten nicht verbieten, dass sie Papp-Schalen mitbringen", sagt er über die zahlreichen Nachbildungen der Meisterschale. "Das ist halt das Kölner Stadion", kommentiert Stöger. Das 2:1 gegen den FC Ingolstadt und der damit verbundene Sprung auf Platz zwei der Fußball-Bundesliga hat alle in der Domstadt euphorisiert. Alle? Nein. Die Protagonisten selbst wollen sich unter keinen Umständen in die Rolle des Bayern-Verfolgers drängen lassen.

Der Zwei-Punkte-Rückstand auf den Rekordmeister nach sieben Spieltagen ist nun aber Fakt. Und den können auch die FC-Angestellten nicht ignorieren. Sie müssen sich die ungeliebten Fragen nach dem Status quo gefallen lassen. Da hilft auch die Flucht nach vorne von Geschäftsführer Jörg Schmadtke wenig: "Ihr schreibt ja alle vom Bayern-Jäger und Platz zwei. Die Jungs können auch lesen. Von daher ist da schon ein gewisser Druck."

Diesen Druck setzten die Akteure im ersten Durchgang gegen Ingolstadt in Dominanz um. Köln machte das Spiel, Ingolstadt reagierte nur. Noch entscheidender als die beiden Treffer von Anthony Modeste zur 2:0-Halbzeitführung war dabei eine Szene in der 27. Minute. Während das Spiel lief, beratschlagten Jonas Hector und Coach Stöger an der Seitenlinie, wie es gelingen könnte, den defensiven Riegel der Ingolstädter zu knacken. Ergebnis der kurzen Diskussionsrunde: Köln stellte auf Dreierkette um und Hector rückte ins Mittelfeld. "Die Jungs sind ziemlich reif, Dinge zu erkennen", sagt Stöger und erklärt, dass der Impuls für diesen Systemwechsel von der Mannschaft ausging. Der Trainer spricht dabei von einem ganz wichtigen Zeichen im Prozess der Entwicklung.

Dass das Kölner Team im Vergleich zur vergangenen Saison einen Schritt nach vorne gemacht hat, geben Stöger und Schmadtke zu. Auch die Feststellung, dass durch den starken Saisonstart das Selbstvertrauen gestiegen ist, lassen die notorischen Realisten durchgehen. Wenn es aber darum geht, ob sich der FC nun im Spitzenbereich der Liga behaupten kann, werden die Mienen eisig, die Aussagen defensiv. Dass beim Tabellenvierten Hertha BSC am kommenden Wochenende ein echtes Spitzenspiel ansteht, nimmt Stöger - natürlich - sachlich zur Kenntnis: "Das wird ganz schwer werden."

Einzig Timo Horn wagt sich ein bisschen aus der Deckung. Die Bayern würden zwar "sicher auch diesmal souverän Meister werden", meint der Torhüter. Aber: "Wir versuchen, so lange wie möglich oben dranzubleiben." Hört, hört. Horn begrüßt auch die Euphorie im Umfeld und hält diese nicht für aus der Luft gegriffen. "Die Fans glauben schon wirklich an uns", sagt der 23Jährige: "Sie wissen, dass in diesem Jahr ein Tick mehr möglich ist als im letzten."

Schmadtke grinst kurz, als er erklärt, dass er den Fans die vielen Feierstunden in den vergangenen Wochen gönne. Sekundenbruchteile später verfällt der Geschäftsführer wieder in die Rolle des Mahners: "Wichtig ist nur, dass wir uns in unseren Entscheidungen nicht beeinflussen lassen."

(erer)
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