Formel 1 Max Verstappen — Supertalent oder Superchaot?

Düsseldorf · Am Niederländer Max Verstappen scheiden sich die Geister in der Formel 1. Seine Fans loben die Coolness, mit der sich der 18-Jährige mit gestandenen Piloten anlegt, seine Kritiker sehen in der aggressiven Fahrweise ein Gefahrenpotenzial.

Formel 1:  Max Verstappen: Formel-1-Weltmeister
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Das ist Max Verstappen

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Foto: AP/Kamran Jebreili

Auf einen wie Max Verstappen hat die Formel 1 gewartet. Am 16. März 2014 feierte er mit siebzehneinhalb Jahren sein Debüt. Jahrhunderttalent oder Unruhestifter — nach nur 32 Rennen hat er jedenfalls für viel Gesprächsstoff gesorgt. "Er kommt hier rein, keine Angst, kein Respekt. Du kannst klar sehen, dass ein paar Leute jetzt anfangen zwei Mal zu überlegen, wie sie ihn überholen sollen", sagt Toto Wolff. Die Freude über den frischen Wind, für den der Holländer zweifellos in der Königsklasse sorgt, ist aber nicht ungetrübt. "Ich befürchte nur, dass alles irgendwann heftig in der Mauer endet. Es ist erfrischend, aber es ist gefährlich", betonteder Mercedes-Motorsportchef.

Helmut Marko, Verstappens Förderer und in diesem Jahr maßgeblich an dessen Aufstieg von Toro Rosso ins Red-Bull-Team beteiligt, sieht Parallelen zum jungen Michael Schumacher. "Ayrton Senna hat auch einen Riesenaufstand gemacht, weil der nicht sofort Platz gemacht hat", sagte der Österreicher. Aber auch die Unfähigkeit, Fehler einzugestehen, erinnert an den Kerpener. Im Fahrerlager spricht man gerne vom "Arschloch-Gen". Vor allem die Duelle mit dem 18 Jahre älteren Ferrari-Fahrer Kimi Räikkönen erhitzen die Gemüter. Zuletzt am Sonntag in Spa, als Verstappen seinen zahlreichen Landsleuten eine große Show bieten wollte. Weil er überdrehte, war für drei Piloten die Chance auf einen Spitzenplatz schon nach der ersten Kurve vorbei. "Ich habe nichts falsch gemacht, weil ich niemanden blockiert habe", sagte er zur entscheidenden Szene. Sebastian Vettel zog nach innen, ließ seinem Teamkollegen Räikkönen keinen Platz. Der Heppenheimer und der ziemlich optimistisch attackierende Jungstar nahmen den Finnen in die Mangel.

Damit nicht genug. Während des Rennens sorgte Verstappen mit plötzlichen Spurwechseln, mit denen er Räikkönen am Überholen hindern wollte, für kritische Momente. Aktionen, mit denen er schon mehrmals für Ärger sorgte. "Er hat ja schon in der ersten Kurve mein Rennen beendet. Es war ein bisschen Wut im Bauch. Ich war am Limit, aber es war kein Problem, nicht gefährlich. Es ist ja nichts passiert", meinte Verstappen zum jüngsten Duell der Generationen. Die Rennkommissare bestätigen bislang seine Einschätzung. Nicht eines der als grenzwertig geltenden Manöver mit dem Risiko von Kollisionen zog eine Strafe nach sich.

Niki Lauda, dreimaliger Formel-1-Champion, kann das nicht nachvollziehen. "Der gehört in die Psychiatrie", ätzte der Mercedes-Oberaufseher in Spa. "Rennfahrer dürfen sich gegenseitig nicht unnötig gefährden, aber der zeigt überhaupt keine Einsicht. Hirn muss ein Rennfahrer immer haben." Verstappens Gier nach Erfolg treibt ihn ans Limit und manchmal darüber hinaus. "Auf den Rest der Fahrer kann ich mich verlassen, aber auf den nicht", erklärte Kimi Räikkönen, der gewiss nicht mehr zu einem Verstappen-Fan werden wird. Am Freitag in Monza, wenn sich die 22 Piloten zum sogenannten Fahrerbriefing treffen, dürfte Verstappen wie zuletzt in Hockenheim auf seine Schlangenlinien in Budapest angesprochen werden. Nach dem Rennen in Ungarn hatte er kess formuliert: "Wir sind hier doch nicht auf einem Sonntagsausflug."

Verstappen hat unbestritten Talent. Das haben nicht nur sein Sieg in Barcelona und weitere drei Podestplätze in neun Rennen für Red Bull gezeigt. "Er ist ein junger Mann. Er lernt noch", stellte Christian Horner fest. Er ist Verstappens Teamchef und dürfte intern klare Wort gefunden haben. Frischer Wind tut gut, solange er nicht zum Sturm wird.

(RP)
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