Rosberg verliert WM-Führung Hamilton muss sich bei Aufholjagd nicht mal richtig anstrengen

Budapest · Nico Rosberg setzt nach dem Verlust der WM-Führung auf die deutschen Fans, in Hockenheim will er Lewis Hamilton gleich wieder abfangen. Doch eigentlich spricht alles gegen den Vizeweltmeister.

Formel 1 2016: Das Zeugnis der Deutschen beim Großen Preis von Ungarn
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Das Zeugnis der Deutschen beim Großen Preis von Ungarn

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Die WM-Führung war verloren, und Nico Rosberg wollte nur noch weg. Rein in den Flieger, raus aus Ungarn und schnell zurück zu Frau und Kind. Die nächste Niederlage gegen Lewis Hamilton schmerzte, aber kurz vor der Abreise verwandelte sich seine Enttäuschung doch noch in Trotz - und der Mercedes-Pilot erklärte das anstehende Heimspiel als Chance zur Wende.

"Bitte kommt alle"

"Ich will das wieder geraderücken, in Hockenheim, mit Hilfe der Zuschauer", sagte Rosberg eindringlich und richtete einen Appell an die Fans: "Bitte kommt alle, ich hoffe auf viel Unterstützung!" So gerne wäre Rosberg als Spitzenreiter zum Großen Preis von Deutschland am kommenden Sonntag gereist, "aber die Führung ist jetzt erst mal weg, ich muss das hinter mir lassen", sagte der 31-Jährige.

Nicht wenige glauben, dass sie ein für alle Mal futsch und die WM bereits zum dritten Mal in Folge zugunsten von Hamilton entschieden ist. So spottete der "Daily Telegraph", nachdem Rosberg binnen sechs Rennen satte 49 Zähler auf seinen Stallrivalen eingebüßt hatte: "Hamilton dachte wohl, es würde wie ein langer, beschwerlicher Aufstieg auf einen Berg werden, Nico Rosbergs kolossale WM-Führung aufzuholen. In Wirklichkeit schien es nicht viel härter zu sein als eine entspannte Joggingrunde an der Donau."

Auch im Ausland wird Rosberg bereits abgeschrieben. "Hamilton übernimmt die Macht", titelte die italienische "Repubblica" am Montag. Die spanische "As" sieht den vierten Titel des Briten nach fünf Siegen über Rosberg seit Ende Mai "bereits am Horizont", und die "Mundo Deportivo" sprach von einem "Schlag ins Gesicht" des gebürtigen Wiesbadeners nach einer "strategischen Vorführung von Schachgroßmeister Hamilton".

Rosbergs sturer Optimismus

Wie immer in solchen Situationen schaltete Rosberg um auf beinahe sturen Optimismus. Es sei ja "immer noch sehr eng", sechs Punkte beträgt nun der Rückstand auf Weltmeister Hamilton. Überhaupt habe er "immer erwartet, dass Lewis wiederkommt. Und nie habe ich erwartet, dass ich das ganze Jahr über mit 40 Punkten in Führung liege." Fast wie ein Mantra klang es, als Rosberg immer wieder versicherte, dass er "jetzt noch keine Punkte" zähle, weil es "noch ein so langer Weg" sei.

In der Tat erreichte die Formel 1 in Ungarn gerade erst die Halbzeit dieser Rekordsaison. Elf von 21 WM-Läufen sind absolviert, Rosberg könnte noch maximal 250 Punkte gewinnen. Natürlich hat er deshalb weiter alle Möglichkeiten, am Ende dieses Jahres seinen ersten WM-Titel zu feiern.

Doch es sind ja nicht die sechs Punkte Rückstand auf Hamilton, die den Engländer längst zum Topfavoriten bei allen Wettanbietern machen. Es ist auch nicht diese eine Niederlage vor den Toren Budapests, die Rosberg Sorgen bereiten sollte. Es ist viel mehr eine Entwicklung, die Mitte Mai ihren Anfang nahm, beim spektakulären Crash der Silberpfeile in Barcelona.

Trendwende nach Barcelona-Crash

Nach diesem Rennen hatte Rosberg noch 43 Punkte Vorsprung auf Hamilton - doch in dem Moment, als die Boliden auf dem Circuit de Catalunya ineinander krachten, scheinen auch der Schwung, das Glück, das Selbstvertrauen die Seiten gewechselt zu haben. Hatte Rosberg zuvor sieben Rennen in Serie gewonnen, gelingt dem Deutschen seither in den entscheidenden Momenten kaum etwas. Auch Hamilton hat das längst erkannt.

"Spanien war der Wendepunkt", sagte der 31-Jährige nach seinem Ungarn-Sieg, dem fünften in den vergangenen sechs Rennen: "Damals wusste ich das natürlich nicht, aber heute ist es offensichtlich: Danach ging es bei mir nur bergauf. Und natürlich will ich jetzt auch in Deutschland gewinnen."

Bei Rosberg indes dürfte diese Situation unschöne Erinnerungen wecken. Vor knapp zwei Jahren sorgte der erste große Crash der Silbernen für einen Eklat beim Großen Preis von Belgien. Auch damals führte Rosberg die WM recht deutlich an, doch mit einem Mal gelang gar nichts mehr. Hamilton gewann Rennen um Rennen und holte knapp drei Monate später seinen ersten Titel für Mercedes. Rosberg hatte ihn damals nicht mehr stoppen können. Vielleicht gelingt es in diesem Jahr noch - vielleicht helfen die deutschen Fans.

(sid)
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