Zwischen Glamour und Gewalt Formel 1 in Bahrain erneut auf schmalem Grat

Auch fünf Jahre nach der Niederschlagung des "Arabischen Frühlings" riskieren in Bahrain Oppositionelle für mehr Demokratie ihr Leben. Der schöne Schein der Formel 1 soll dadurch nicht gestört werden.

 Die Formel 1 gastiert in Bahrain

Die Formel 1 gastiert in Bahrain

Foto: dpa, mm mr ljm hak

Bahrain bleibt für die Formel 1 ein heißes Pflaster - und zwar keineswegs allein wegen der Gluthitze in dem Wüstenstaat. 2011 wurde der Grand Prix nach der blutigen Niederschlagung pro-demokratischer Demonstrationen abgesagt, 2012 und 2014 sorgten Proteste gegen die "Blut-Formel-1" um ein Haar für eine erneute Eskalation. Auch wenn die Lage seither ruhig erscheint, schlagen Menschenrechtsorganisationen vor dem zwölften Gastspiel des PS-Zirkus am Persischen Golf Alarm.

"Die Regierung beschneidet nach wie vor empfindlich die freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit in Bahrain", erklärte Amnesty International: "Folterungen und Misshandlungen von politischen Gefangenen sind verbreitet."

Es brodelt unverändert in dem islamischen Staat zwischen der mehrheitlich schiitischen Bevölkerung und der sunnitischen Herrscherfamilie Al-Khalifa. Seit der führende Oppositionspolitiker Ali Salman im Vorjahr zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, ist der Einfluss der Machthaber noch einmal dramatisch gewachsen.

Allerdings klappt längst nicht alles. So zog in Scheich Salman ein Mitglied der Königsfamilie im Februar bei der Wahl zum FIFA-Präsidenten knapp den Kürzeren. Nicht wenige glauben, dass dem Favoriten im Duell mit Gianni Infantino seine Verstrickungen bei der Niederschlagung des "Arabischen Frühlings" zum Verhängnis wurden.

Der 2004 ins Formel-1-Programm aufgenommene Grand Prix bleibt damit das sportliche Aushängeschild Bahrains. Amnesty International kritisiert allerdings unverblümt, die Veranstaltung werde "offensichtlich" dazu genutzt, das Image des Staates in der Welt aufzupolieren.

Immerhin werden beim Rennen am Sonntag (17.00 Uhr/RTL und Sky) bis zu 400 Millionen Zuschauer vor dem Fernseher erwartet. Was sie zu sehen bekommen werden, ist eine Hochglanz-Show zwischen Sand und Palmen. Mit den strahlenden Protagonisten Lewis Hamilton, Nico Rosberg und Sebastian Vettel, die sich in der hell erleuchteten Wüstennacht einen spannungsgeladenen Kampf um den Sieg liefern.

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Zusätzlich werden die 100.000 erwarteten Besucher am Rennwochenende mit einem bunten Rahmenprogramm umgarnt. Weltstars wie der schwedische DJ Avicii tragen für einige Petro-Dollar zur Unterhaltung bei. Die Kostenfrage stellt sich nicht, immerhin gilt Bahrain mit 30 bis 40 Millionen Dollar Startgebühr als einer der Top-Geldgeber der Formel 1.

Was den meisten Fans verborgen bleiben wird, sind die "willkürlichen Drangsalierungen und Festnahmen", die Reporter ohne Grenzen nicht zuletzt gegen ausländische Fotografen und Kameraleute beklagt.

Viele von ihnen, die sich ein Bild in den Seitenstraßen der Hauptstadt Manama machen wollen, würden ausgewiesen, neuerliche Visaanträge abgelehnt. Ein triftiger Grund, warum Bahrain im Ranking der Pressefreiheit auf Rang 163 unter 180 Nationen liegt.

Um die Negativpresse so klein wie möglich zu halten, haben neben dem Staat, der die Zufahrt zur Rennstrecke in Sakhir mit erheblichem Polizei- und Militäraufgebot sichert, auch die Betreiber vorgesorgt: Shuttles bringen Journalisten und Team-Mitglieder an die drei Zielorte Flughafen, Hotel und Rennstrecke - ohne Umwege.

Fahrer und Teams umschiffen das Thema Menschenrechte so gut es geht. Formel-1-Mogul Bernie Ecclestone hat 2015 auf Druck der Öffentlichkeit eine Menschenrechtsklausel in den Leitlinien der Motorsport-Königsklasse verankert. Bei der Vergabe der Rennen solle künftig genauer auf ethische Standards in den Gastgeberländern geachtet werden.

2016 kommt mit Aserbaidschan ein neuer Grand Prix hinzu. Der Rang des autokratisch regierten Staates bei Reporter ohne Grenzen: 162. Direkt vor Bahrain.

(sid)
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