Formel 1 Alonso geht auf Brautschau

Barcelona · Die Ehe von Fernando Alonso und McLaren-Honda ist wohl nicht mehr zu retten. Der Spanier geht sieben Monate vor Vertragsende auf Brautschau.

Fernando Alonso testet erstmals für das Indy 500
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Alonso testet erstmals für das Indy 500

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Foto: ap, MC

Alonso stieg hastig aus seinem qualmenden McLaren-Honda, entnervt warf er die Cockpitabdeckung auf das Chassis. Wieder ein Motorschaden! Das erste Freie Training zu seinem Heimspiel beim Großen Preis von Spanien war für den Ex-Weltmeister ein Abziehbild seines bisherigen Jahres, in dem einer der besten Formel-1-Fahrer von einem leistungsschwachen und anfälligen "Motörchen" zur Lachnummer degradiert wird.

Kein Wunder, dass Alonso das letzte Rennen vor seinem umstrittenen Ausflug zum Indy 500 in zwei Wochen dazu nutzte, seine Dienste für 2018 wie Sauerbier anzubieten. "Am Ende des Jahres bin ich McLaren nicht mehr verpflichtet", sagte Alonso beinahe erleichtert. Bis Oktober wolle er sich die Entwicklung des MCL32 noch anschauen. "Wenn wir dann in einer Position sind, aus der heraus wir 2018 gewinnen können, wäre ich mehr als glücklich zu bleiben. Wenn nicht, wäre ich mehr als glücklich, mit anderen zu sprechen", kündigte der 35-Jährige an.

Zuvor hatte sich Alonso selbst die Frage beantwortet, was für das einstige Weltmeisterteam bis dahin realistisch ist. Als "absolut inakzeptabel" brandmarkte er die Leistungen in dieser Saison. Sein Ziel für das Rennen am Sonntag (14.00 Uhr/RTL und Sky) wirkt fast wie ein Witz: "Mit beiden Autos ins Ziel kommen."

In nur einem Rennen sah Alonso 2017 die Zielflagge, in Sotschi schaffte es sein Bolide wegen Problemen mit der Honda-Power-Unit nicht einmal bis zur Startampel. In Barcelona streikte der Motor im ersten Freien Training wegen eines Öllecks. Nachdem er während der Zwangspause zur Entspannung Tennis (!) gespielt hatte, belegte er in der zweiten Sitzung den 20. und letzten Platz und funkte an die Box: "Der neue Motor ist noch langsamer... phantastisch".

Vor einigen Jahren noch hätte Alonso keine Probleme gehabt, bei einem WM-Anwärter unterzukommen, doch der Spanier hat in knapp 16 Jahren Formel 1 reichlich verbrannte Erde hinterlassen. Alonso ist zwar megaschnell, aber auch ein Heißsporn mit großem Ego, der bei Misserfolgen mit seinem Zynismus schon ganze Mitarbeiterstäbe demoralisiert hat.

Alonso muss daher realistisch sein. Als Kandidat mit dem größten Potenzial gilt noch Renault, mit dem er 2005 und 2006 seine Titel einfuhr. Allerdings stecken die Franzosen um den Emmericher Piloten Nico Hülkenberg aktuell im biederen Mittelfeld, der Weg an die Spitze ist lang.

Deswegen verwunderte es nicht, als Alonso auch Interesse an "Herausforderungen außerhalb der Formel 1" reklamierte. Länger schon fabuliert der 32-malige Grand-Prix-Sieger über den Reiz der "Triple Crown". Der Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans, den Indy 500 - an denen er in zwei Wochen erstmals teilnimmt - und beim Großen Preis von Monaco - den er dafür ironischerweise sausen lässt - fordert einen enorm vielseitigen Rennfahrer.

Bislang schaffte dieses magische Triple allein der Brite Graham Hill, Alonso hat zumindest in Monaco schon gewonnen (2006, 2007). Mit seinen fast 36 Jahren gehört der Spanier für Formel-1-Verhältnisse allmählich zum alten Eisen, im Oval und bei Langstreckenrennen könnte er aber noch einige Jahre auf Top-Niveau mitwirken.

Womöglich muss er dafür nicht einmal McLaren verlassen. Hoffnungen setzt Alonso in Geschäftsführer Zak Brown, der ihm schon den Start beim Indy 500 in einem McLaren ermöglichte: "Zak wird sich nicht auf die Formel 1 konzentrieren. Das Team wird in verschiedenen Serien fahren, in Indy oder Le Mans." An Honda als Motorenpartner ist das Team dabei nicht zwingend gebunden.

Alonsos Indy-500-Bolide wird übrigens in sein Privatmuseum kommen. "Das lasse ich mir in meinen Verträgen immer zusichern", erklärte er. Seinen 2017er McLaren dürfte er dort in einer dunklen Ecke verstecken.

(sid)
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