Frust beim Weltmeister "Desaster" von China bereitet Hamilton Sorgen

Berlin/Shanghai · Der Titelkampf in der Formel 1 scheint in der Saison 2018 offen wie lange nicht zu sein. Weltmeister Lewis Hamilton hegt erste Zweifel an der erfolgreichen Titelverteidigung.

Formel 1: Lewis Hamilton: Weltmeister, Rekordjäger, Jetsetter
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Das ist Lewis Hamilton

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Foto: dpa/Mark Thompson

Lewis Hamilton wirkte nachdenklich, nach dem Frust-Rennen von Shanghai machte sich beim Formel-1-Weltmeister Ernüchterung breit. "Nach diesem Wochenende ist klar, dass wir nicht die Schnellsten sind", sagte der Mercedes-Star, der als Vierter des Großen Preises von China nicht zufrieden sein konnte: "Wir sind das zweit- oder drittschnellste Team. Ich kann mir ein derart desaströses Wochenende nicht erlauben."

Das Rennen hatte sichtbar Spuren beim Briten hinterlassen. Ein Sieganwärter war er am Sonntag nie gewesen. "Lewis ist nicht in Form, er wirkt ratlos", sagte sein Ex-Rivale Nico Rosberg am RTL-Mikrofon. Auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff sah seinen Top-Star nicht in Bestform: "Er war, wie das Auto, vielleicht nicht auf der Höhe."

Vier Jahre dominierten Hamilton und die Silberpfeile die Königsklasse. In der Turbo-Hybrid-Ära seit 2014 schien vor dem Start einer Saison bislang im Grunde festzustehen, in welchem Cockpit der künftige Champion sitzen würde: Mercedes. Dreimal gewann Hamilton, ein Titel ging an Nico Rosberg.

In der noch jungen Saison 2018 jedoch bröckelt diese Vormachtstellung. Die Silberpfeile haben das optimale Gesamtpaket noch nicht gefunden, Hamiltons schonungslose Analyse bestätigte die schon im Rennen aufgezeigten Probleme. Fehlende Geschwindigkeit, Schwierigkeiten mit dem Reifenmanagement - von der Bestform ist Mercedes weit entfernt. "Wir haben uns seit Melbourne verschlechtert. Ich habe mich im Auto nicht wohlgefühlt", sagte Hamilton.

Auch Wolff gestand: "In China waren wir hinter Ferrari und Red Bull nur dritte Kraft. Wir waren im Training und im Rennen zu langsam."

Die Verfolger haben aufgeholt. Ferrari dominierte die Qualifyings in Bahrain und China, im Rennen war die Scuderia mindestens ebenbürtig. Red Bull brachte das Potenzial seines Boliden in Shanghai endlich fehlerfrei auf die Strecke und agierte auch taktisch klug. Der Lohn: Der erste Saisonsieg durch Daniel Ricciardo.

Die drei Top-Teams agieren annähernd auf Augenhöhe. Verlässliche Prognosen lassen sich kaum treffen, die Formel 1 kann davon nur profitieren. Die derzeitige Ausgeglichenheit lässt sich auch in Zahlen belegen. Ferrari-Star Sebastian Vettel hat mit 54 WM-Punkten nur einen geringen Vorsprung auf Hamilton (45), dessen Teamkollegen Valtteri Bottas (40) und Ricciardo (37).

Vor allem das Wiedererstarken der Red Bulls bereichert den WM-Kampf. Bekommen die Bullen die bislang mangelnde Haltbarkeit des Autos sowie Hitzkopf Max Verstappen in den Griff, dürfte sich das Team zu einem ernsthaften Anwärter auf den Titel mausern. "Wir haben uns zu sehr auf Ferrari konzentriert und Ferrari wahrscheinlich auf uns. Dabei haben wir die Red Bulls aus dem Radar verloren", sagte Wolff: "Jetzt, wo sechs Fahrer gewinnen können, ist es einfacher, taktische Fehler zu machen."

Das kommende Rennen auf dem Stadtkurs in Aserbaidschans Hauptstadt Baku (29. April) bietet andere Bedingungen und Herausforderungen als die Strecke in China. Hamiltons Ausrichtung ändert sich nicht. "Meine Ziele sind dieselben geblieben", sagte der Brite, der seinen fünften WM-Titel anpeilt, "aber wenn es so weiterläuft, wird es schwierig, zu gewinnen".

Sebastian Vettel und Co. werden ihren Beitrag dazu leisten.

(sid)
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