Formel 1 Ferrari raubt Vettel das Podium und den letzten Nerv

Suzuka · Sebastian Vettel hatte das Podium im Visier, doch dann brachte ihn eine falsche Ferrari-Strategie einmal mehr um den Lohn seiner Arbeit. Während des Rennens konnte er seinen Frust nicht verbergen, danach stellte er sich vor das Team.

Platz vier fühlte sich für Sebastian Vettel an, wie eine Niederlage.

Platz vier fühlte sich für Sebastian Vettel an, wie eine Niederlage.

Foto: dpa, da ed

Sebastian Vettel gab alles. Beim Versuch, Ferrari vom Vorwurf der einmal mehr fragwürdigen Rennstrategie freizusprechen, machte der viermalige Formel-1-Weltmeister auch vor der eigenen Person nicht halt. "Die Entscheidung haben wir gemeinsam getroffen: Das Team am Kommandostand und ich im Auto", sagte der 29-Jährige nach seinem vierten Platz beim japanischen Grand Prix in Suzuka: "Nachher ist man eben immer schlauer."

Der vierte Platz fühlte sich wie eine Niederlage an, nachdem Vettel deutlich auf Podiumskurs gelegen hatte. Viel zu lange blieb er dann aber auf dem zweiten Reifensatz draußen, zudem schrumpfte der Vorsprung auf Verfolger Lewis Hamilton von Runde zu Runde, weil Vettel Probleme beim Überrunden langsamer Autos hatte. "Es war ärgerlich, dass ich immer dann aufgelaufen bin, wenn die Konkurrenz wenig Möglichkeiten zum Ausweichen hatte", sagte der Heppenheimer. Seinen Frust ließ Vettel im Rennen mit wütenden Funksprüchen über die Hinterbänkler aus, die ihn trotz blauer Warnflaggen nicht schnell genug passieren ließen.

Der viermalige Suzuka-Sieger hatte sichtlich Mühe, gute Miene zum misslungenen Spiel zu machen. "So ist der Sport, mal gewinnt man, mal verliert man", sagte Vettel und flüchtete sich ein wenig ratlos in Allgemeinplätze. Es sei natürlich kein ideales Wochenende für ihn und die Scuderia gewesen, aber man habe dennoch einen Schritt nach vorne gemacht: "Vom Speed her wäre Platz zwei drin gewesen." Den verfehlte allerdings auch sein Teamkollege Kimi Räikkönen als Fünfter deutlich.

Ferrari kann noch Zweiter werden

Dennoch findet Vettel, dass der Saisonverlauf auf dem Papier schlechter aussieht, als er bisher tatsächlich war. "Es hängt immer davon ab, mit welchen Erwartungen man in die Saison geht", sagte er im Gespräch mit der "Bild am Sonntag": "Und wir hatten sehr hohe Erwartungen." Wenn er aber dann aus einem Auto steige, "was nicht so ist, wie ich das will, bin ich umso mehr enttäuscht".

Trotz aller Rückschläge habe Ferrari nach wie vor den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM hinter dem alten und neuen Weltmeister Mercedes im Visier. "Ich glaube immer noch, dass wir das in den letzten Rennen umbiegen können", sagte Vettel. Diese Rennen in Austin/Texas (23. Oktober), Mexiko-Stadt (30. Oktober), Sao Paulo (13. November) und Abu Dhabi (27. November) werden Vettel und dem Team noch einmal alles abverlangen. "Aber wir sind bereit, ich bin bereit", sagte er in Suzuka.

Den Vergleich mit Michael Schumacher, der fünf seiner sieben WM-Titel mit Ferrari gewann, lehnte Vettel im Gespräch mit der "Bild am Sonntag" ab: "Der Vergleich ist nicht richtig. Ein Team aufzubauen, ist niemals leicht. Natürlich, vieles hätten wir schon in der Vergangenheit besser machen können, aber ohne Fehler lernen wir auch nichts." An seinem angeblichen Streit mit Teamchef Maurizio Arrivabene sei jedenfalls absolut nichts dran, versicherte Vettel in Japan: "Wir haben dieselben Ziele, die wir mit derselben Akribie verfolgen."

Dagegen geht der frühere Ferrari-Fahrer Eddie Irvine mit Maranello hart ins Gericht. Man sei mit dem Versuch, alle Schlüsselpositionen mit Italienern zu besetzen, krachend gescheitert, sagte der Nordire dem Portal "motorsport-total": "Bei der Scuderia regieren die Italiener - und die arbeiten manchmal mehr mit dem Herzen als mit dem Kopf." In dem momentanen Chaos hätte seiner Meinung nach sogar ein so rationaler Kopfmensch wie der langjährige französische Teamchef und heutige FIA-Präsident Jean Todt Probleme: "Selbst er würde jetzt fünf, sechs, sieben Jahre brauchen, um das wieder in den Griff zu kriegen."

(sid)
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