Debüt in der Formel 1 Als Schumacher begann, den Motorsport zu revolutionieren

Düsseldorf · In Spa begann Michael Schumachers steiler Aufstieg zum erfolgreichsten Formel-1-Fahrer.

Formel 1: Michael Schumacher in Spa – eine Chronologie
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Schumacher in Spa – eine Chronologie

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Gefeiert wird bei diesem Jubiläum nicht. Und das, obwohl sich am 25. August 1991 ein damals 22-Jähriger anschickte, den Motorsport zu revolutionieren. Michael Schumacher begann auf dem Ardennenkurs von Spa-Francorchamps, auf dem am Sonntag die Formel-1-WM nach ihrer vierwöchigen Pause fortgesetzt wird, eine Karriere, die ihn zum Weltstar werden ließ. Dabei sah es gar nicht so aus, denn nach rund 500 Metern war das Rennen für den Kerpener vorbei. Die Kupplung des Jordan-Rennwagens kapitulierte.

Der 29. Dezember 2013 hat alles verändert. Wie stets zum Jahreswechsel war die Familie Schumacher zum Skilaufen im französischen Meribel, wo sie ein Chalet besaß. Die Sonne schien. Es war ein perfekter Tag. Erste Meldungen über einen Skiunfall hörten sich nicht beunruhigend an. Am Abend aber war klar: Schumacher, mit Helm unterwegs, hatte beim Aufprall auf einen Felsen ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Er kämpfte um sein Leben. 189 Tage lag er im künstlichen Koma. Anfang September 2014 wurde er auf sein Anwesen im schweizerischen Gland gebracht. In gewohnter Umgebung wurden die Reha-Maßnahmen fortgesetzt. Nur wenige wissen, wie es um Michael Schumacher steht - und sie schweigen. Sabine Kehm, einst Managerin des durchs Autofahren zum Millionär aufgestiegenen Rheinländers und immer noch die engste Vertraute der Familie, sagte unlängst: "Leider müssen wir alles das akzeptieren und damit umzugehen lernen."

Vor 25 Jahren ließ der junge Mann aufhorchen. Das Geld für das Cockpit hatten einige Förderer bereitgestellt. Schumachers damaliger Manager Willi Weber hatte Rennstallbesitzer Eddie Jordan erzählt, sein Schützling, mit dem er in Spa in einer Jugendherberge übernachtete, kenne die Strecke in- und auswendig. Eine Lüge. Auf dem Fahrrad prägte sich Schumacher die Piste ein. Im Formel-1-Auto sorgte er für erstaunte Gesichter. Platz sieben im Qualifying. Im Rennen dann das schnelle Aus - aber Schumacher hatte seine erste Visitenkarte abgegeben.

"Vergleichbares Talent hatten einige junge Rennfahrer seiner Zeit. Seinen Lernwillen, seinen Wissenshunger, seinen permanenten Antrieb zur Verbesserung hatte keiner", sagte der langjährige Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. "Michael hat den Motorsport in Deutschland wieder salonfähig gemacht", betonte Hans-Joachim Stuck. Der 65-Jährige, von 1974 bis 1979 als Fahrer in der Formel 1 aktiv und heute Präsident des Deutschen Motor Sport Bundes, erinnert sich: "Als Jochen Mass, Rolf Stommelen oder ich unterwegs waren, natürlich mit wesentlich weniger Erfolg, wurden die Motorsportler noch als Krachmacher und Umweltverschmutzer bezeichnet."

Schumachers Erfolge weckten das Interesse von Sponsoren und Wirtschaft. Er wurde zum Vorbild für den Nachwuchs. Der TV-Sender RTL sprang mit auf den Zug und hatte viele Jahre den Quotenbringer schlechthin. Sonntags ab 14 Uhr war Schumi-Zeit, fieberte man mit dem Rennfahrer, den seine Fans als Virtuosen am Lenkrad, seine Kritiker angesichts einiger negativer Vorkommnisse als Bösewicht auf vier Rädern bezeichneten.

Schumacher hatte zwei Ziele: Er wollte der Beste werden und bleiben. "Ich analysiere jeden Einzelnen und jedes Detail, so gut ich kann, und versuche herauszufinden, was sie anders machen. Es geht um permanente Verbesserung in jedem Teilbereich", beschrieb er seine Arbeitsweise, die in dieser Perfektion zu Beginn der 1990er-Jahre ungewohnt war. Heute ist sie längst Standard wie auch die damals in dieser Intensität nur von Schumacher vorgelebte körperliche Fitness.

Für Jean Todt, in Schumachers erfolgreichstem Karriere-Abschnitt bei Ferrari dessen Teamchef, ist es keine Überraschung, dass der Kerpener in Spa so oft auftrumpfte. "Das ist eine Rennstrecke, auf der das Talent eines Fahrers wirklich einen Unterschied macht", stellte der Franzose fest. 2012 wurde Schumacher zum Ehrenbürger der 10.500-Einwohner-Gemeinde ernannt und erklärte danach: "Ich habe ja die Strecke schon immer als mein Wohnzimmer bezeichnet. Nun habe ich auch die offizielle Bestätigung, dass ich hier wohne."

Sechs seiner 91 Siege feierte Schumacher in Belgien, den wohl spektakulärsten im Jahr 1995. Von Startplatz 16 aus pflügte er im strömenden Regen an seinen Konkurrenten vorbei. Unvergessen auch sein Wutanfall drei Jahre später. Als er auf nasser Fahrbahn - in Führung liegend - den McLaren von David Coulthard überholen wollte, knallte er ins Heck des Schotten und kam in einem Dreirad in die Box zurück. Dort musste man ihn bändigen, weil er Coulthard an den Kragen wollte.

Für Fehler war in seiner Welt kein Platz. Selbst welche zuzugeben, fiel ihm schwer. Er forderte viel, lebte aber auch vor, was er erwartete. Schumacher hatte das Glück, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute zu treffen. Er hatte aber auch das Können und den Ehrgeiz, die ihm gebotenen Chancen zu nutzen, und die Fähigkeit, Teams zu führen. Die Verbissenheit auf und abseits der Rennstrecken war erst weg, als er nach vier Jahren Pause beim neu aufzubauenden Mercedes-Team einstieg. "Ich habe das Verlieren gelernt", sagte er, nachdem er Ende 2012 endgültig das Formel-1-Cockpit nach 53 Rennen und einem dritten Platz verlassen hatte.

Der Plan, seine Freizeit mit der Familie zu genießen, wurde am 29. Dezember 2013 jäh durchkreuzt.

(RP)
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