Formel 1 auf dem Nürburgring Alonso wartet auf Vettel-Fehler
Nürburgring (RP). Spaniens zweimaliger Weltmeister weiß, wie schwer es ist, den Titelverteidiger aus Deutschland noch an der Spitze der Formel 1 abzufangen. Aber er unterstreicht: "Ich werde volle Attacke fahren."
"Er ist der Fahrer, den wir alle im Visier haben", sagt Jenson Button. Das klingt kämpferisch und hört sich vielversprechend an. Aber der Engländer und seine Formel-1-Kollegen müssen schon sehr genau hinschauen, denn nach neun der 19 WM-Rennen ist einer schon weit voraus: Sebastian Vettel. Der Titelverteidiger hat durch sechs Siege und drei zweite Plätze schier unglaubliche 204 Punkte gesammelt. Mark Webber (Australien), bei Red Bull Teamkollege des schnellen Mannes aus Heppenheim, kommt gerade einmal auf 124 und Ferrari-Fahrer Fernando Alonso, bester der teamfremden Verfolger, sogar nur auf 112 Punkte.
In der eigentlichen Chancenlosigkeit sehen Vettels Rivalen aber ihre große Chance. "Es wird schwierig, noch eine Rolle im Titelkampf zu spielen", gibt Alonso zu. Aber es geht nun vor allem um Siege, schon morgen beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring (14 Uhr/Live-Ticker). Ferrari hat seine Schwächephase überwunden, präsentierte sich zuletzt fast auf Augenhöhe mit Red Bull. "Ich werde volle Attacke fahren", kündigt der Spanier an. Vor zwei Wochen in Silverstone gewann er vor Vettel und Webber. "Und dann müssen wir auf Fehler von Red Bull hoffen und warten", ergänzt der Champion der Jahre 2005 und 2006.
Mark Webber jedenfalls, erster Verfolger, aber halt auch der Mann hinter Sebastian Vettel im eigenen Team, traut Fernando Alonso einiges zu. "In den vergangenen vier Wochen war er immer wieder an mir und Sebastian dran", sagt der Australier, der im Konkurrenten einen Verbündeten sieht. "Wir müssen versuchen, es Sebastian so schwer wie möglich zu machen, uns zu enteilen", fordert Webber und meint, den enormen Abstand zu verkürzen. Denn ein so überlegener Teamkollege ist nicht gut fürs Ego, auch wenn die Punkte nicht immer das wahre Leistungsvermögen widerspiegeln.
Ferrari und McLaren-Mercedes, deren Fahrer am ehesten zugetraut wird, die Red-Bull-Autos hinter sich lassen zu können, haben einen Vorteil, auf den sie allerdings gerne verzichtet hätten: Sie können nicht mehr viel verlieren und können mehr riskieren — ob im Rennen oder bei der Wahl der Strategie. Doch ganz so unbeschwert jagen auch die Verfolger ihre Boliden nicht über den Asphalt. Immerhin geht es ja auch um die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft, die für die Teams fast noch wichtiger ist. Denn dort wird viel Geld kassiert, und jeder Platz macht gleich einige Millionen Euro Unterschied aus. In dieser Wertung führt Red Bull mit 328 Punkten vor McLaren (218) und Ferrari (164).
"Als Spitzenreiter", betont Alonso, "musst du einfach nur ins Ziel kommen." Diese Vorgabe hat Vettel bislang in beeindruckender Art und Weise erfüllt und damit ziemlich viel Luft aus dem Titelkampf genommen. "Ich will jedes Rennen gewinnen" sagt der aktuelle Weltmeister, der in den zurückliegenden elf Rennen nie schlechter als Zweiter war und die Zahl seiner Fehler sehr klein gehalten hat. Offensichtlich patzte er lediglich in Kanada, als er nur wenige Kurven vor dem Ziel kurz von der Ideallinie abkam und Jenson Button den Erfolg "schenkte". Fragen nach seinen WM-Chancen, so der Engländer, langweilen ihn, weil es absolut keinen Anlass gebe, sich Gedanken darüber zu machen, was in drei oder vier Rennen sein könnte. "Sollte der Punkt kommen, an dem wir auch rechnerisch keine Chance haben, dann werden wir trotzdem nicht aufgeben", sagt Button.
Gestern, beim Training auf dem Ring, war Webber der Schnellste, vor Alonso und Vettel. Was die Zeiten wirklich wert sind, zeigt sich aber erst heute im Qualifying. Und das Rennen (morgen/jeweils ab 14 Uhr) ist dann noch eine ganz andere Geschichte.