Umstrittene WM-Vergaben Der Gewinner ist Katar

Düsseldorf · Die WM-Vergaben nach Katar 2022 und Russland 2018 sind umstritten. Es soll nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Die deutschen Würdenträger können es sich zurzeit nicht leisten, mit Fingern auf Moskau und Doha zu zeigen.

Wenig Stimmung beim Asien-Cup in Katar
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Wie war doch die Aufregung groß, als Katar den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 bekam. Ein kleines, steinreiches Land, das fernab von den bisherigen Reisewegen des großen Fußballs liegt. Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu! Ging es wohl tatsächlich nicht. Hinweise auf unsaubere Machenschaften vor der Vergabe des Turniers, das in sieben Jahren zur Adventszeit stattfinden soll, gibt es genug. Nicht minder dubios erscheint die Tatsache, dass Russland beim nächsten Turnier die Fußballwelt willkommen heißen darf. Laptops mit brisanten Daten rund um das Turnier 2018 sind vorsichtshalber porentief gereinigt worden. Gerade in Europa, namentlich in Deutschland, wo die vermeintlichen Saubermänner der Welt zu Hause sind, wuchsen Argwohn und Widerstand gegen die kommenden Weltmeisterschaften und ihre Gastgeber.

War die WM 2006 in Deutschland gekauft?
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Doch welcher Würdenträger des deutschen Fußballs kann sich noch erheben und mit dem Finger gen Moskau und Doha, auf Zar und Scheich zeigen, wenn der DFB respektive das Bewerbungs-/Organisationskomitee der WM 2006 die gewaltigen Vorwürfe, die spätestens jetzt auf ihnen lasten, nicht brutalstmöglich aufklärt? Katar ist somit einer der großen Gewinner dieses turbulenten Wochenendes.

Wer nun argumentiert, dass Deutschland sein Sommermärchen ohne krumme Touren gar nicht bekommen hätte, weil Korruption im Weltmaßstab ein verbreitetes Geschäftsprinzip ist und den mutmaßlichen Sündenfall mit einem "Machen doch alle" abtut, argumentiert wie der frühere Radrennfahrer Jan Ullrich. Der einzige deutsche Tour-de-France-Gewinner hatte in der Endphase seiner kurvenreichen Karriere betont, er habe nie jemanden betrogen. In seinem Verständnis von Recht und Moral lag er damit richtig. Wenn praktisch alle dopen, hat kein Konkurrent einen Nachteil. Denn alle kämpfen mit den gleichen Waffen. Was er ausblendete: Ullrich hat das Publikum betrogen, das - man mag es naiv nennen - an das Gute und Saubere im Profisport geglaubt hatte. Nicht anders verhält es sich mit den Spitzen des weltgrößten Sportfachverbands, wenn sich die Vorwürfe rund um die Vergabe der 2006er-WM als wahr herausstellen.

Der Weltfußball braucht einen Kulturwandel, wie ihn sich die deutsche Wirtschaft unter dem Stichwort "Compliance" auf die Fahnen geschrieben und an vielen Stellen umgesetzt hat. Man darf auch eine Anleihe in der Zeitgeschichte nehmen. Glasnost und Perestroika, die Schlagworte der Reform der Sowjetunion, sind nun gefragt: Transparenz und Umgestaltung.

Fußball-EM 2024 in Deutschland: die Stadien und Spielorte
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EM 2024 - Stadien und Spielorte in Deutschland

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Das über Jahrzehnte kaum besser als die Fifa beleumundete IOC kann dem Fußball in der Tendenz als Vorbild geben. Thomas Bach lotst das Imperium mit der "Agenda 2020" in neues Fahrwasser. Denn nur so ist das wirtschaftliche Überleben Olympias mittels Sponsoren, TV-Rechten und einer ansehnlichen Zahl an Bewerbern für die Spiele zu gewährleisten.

Ein Beispiel für den Ansatz von Transparenz bei IOC: Während die Fifa ein großes Geheimnis um die Entlohnung ihrer obersten Würdenträger macht (die Rede ist von 200.000 Dollar pro Jahr für Exekutivkomitee-Mitglieder) veröffentlicht das IOC den Betrag von 7000 Dollar jährlich für jedes Mitglied seiner Exekutive.

(bei)
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