Fifa-Wahl Ein Scheich ist der große Favorit in Zürich

Zürich/Düsseldorf · Es gibt da diese bösen Gerüchte über den Scheich. Bei der blutigen Niederschlagung des Arabischen Frühlings 2011 wurde Tausende Demonstranten auch in Bahrain verhaftet, unter ihnen viele Sportler. Salman bin Ibrahim al-Khalifa als Mitglied der Herrscherfamilie wird vorgeworfen, bei Greueltaten zugeschaut, sie mindestens toleriert zu haben. Morgen will sich der 50-Jährige zum neuen Präsidenten des Fußballweltverbands Fifa wählen lassen.

Das ist Scheich Salman bin Ibrahim al Chalifa
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Nachrichten wie jene von 2011 sind selbstredend für sein Image als Reformer nicht gerade zuträglich, weshalb al-Khalifa derzeit eifrig darum bemüht ist, ein paar Dinge über sich klarzustellen. Zumindest so, wie er die Wahrheit sieht. Die meisten Geschichten über ihn, der sein Studium an einer Londoner Universität in englischer Literatur und Geschichte abgeschlossen hat, seien frei erfunden oder Quellen falsch zitiert worden.

Für ihn lästige Themen versucht der Präsident der asiatischen Fußball-Föderation maximal kleinzureden. Dazu zählt auch die Frage des Schweizer Boulevardblatts "Blick", warum Menschenrechtsorganisationen Bahrain kritisierten. "Was könnten Sie als Fifa-Präsident dazu beitragen, dass sich die Situation verbessert?" Antwort al-Khalifa: "Als Fifa-Präsident gar nichts, denn politische Kampagnen haben mit der Fifa nichts zu tun." In weiten Teilen des Fifa-Reichs kann er es sich so einfach machen — 100 Stimmen aus Asien und Afrika soll er angeblich sicher haben. Allerdings verschieben sich solche Allianzen auch noch mal ganz gerne, nach Besprechungen in Hinterzimmern.

Der Leumund von Scheich al-Khalifa wird nur von ein paar europäischen Verbänden hinterfragt. Auf eine allzu intensive Schlammschlacht wird verzichtet, weil man wohl fürchtet, dass eigene Versäumnisse ebenfalls aufgedeckt werden könnten. Und so halten sich die verbalen Schlagabtausche der Kandidaten auch im überschaubaren Bereich. Nur zwischen dem Scheich und seinem härtesten Konkurrenten im Kampf um das Präsidentenamt ist der Ton etwas rauer geworden.

Infantino als Pleitegeier?

Mit Gianni Infantino, dem bisherigen Generalsekretär der Uefa, an der Spitze, sei die wirtschaftliche Existenz der Fifa in Gefahr. "Ich denke, wir wären in drei Jahren pleite", befindet al-Khalifa. Um seine Befürchtung zu untermauern, plauderte er eine pikante Information aus. Demnach erwarte die Fifa, verschuldet durch diverse Skandal-enthüllungen, ein negatives Geschäftsergebnis mit einem Verlust von 508 Millionen Euro bis 2018. Infantino hat den 209 Mitgliedsverbänden ganz im Stile des gesperrten Sepp Blatters Finanzmittel von je 4,5 Millionen Euro für vier Jahre versprochen, sollte er beim außerordentlichen Wahlkongress zum Nachfolger seines Schweizer Landsmannes gekürt werden. "Eine Wahl zwischen Pest und Cholera", sagt Özcan Mutlu, sportpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. "Die beiden Favoriten waren Teil des Systems Blatter und sind in der Vergangenheit nicht durch Transparenz oder Reformwillen aufgefallen."

Im Gegensatz zu Infantino, der für seinen Wahlkampf 500.000 Euro von der Uefa spendiert bekommen hat, zahlt al-Khalifa, Vater zweier Töchter und eines Sohnes, die Kosten für seine Kampagne selbst. Seine Entourage besteht aus fünf Leuten: Kampagnenleiter, persönlicher Assistent, PR-Berater, Assistentin, Kampagnenberater. Seit einem halben Jahr fliegt das Grüppchen nun um den Globus, um Wahlkampf zu betreiben. Das nötige Kleingeld dazu nimmt er aus der Portokasse.

Seine Familie beherrscht den Öl-Staat Bahrain im Persischen Golf seit 1783. Der heutige König und die Hälfte der amtierenden Minister sind mit ihm verwandt. Er übernahm 1996 die Leitung der Nationalmannschaft. Von 2002 bis 2013 stand er an der Spitze des nationalen Fußballverbands.

(gic)
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