Camp Nou Barcelona vermarktet Stadionnamen
Barcelona/Düsseldorf · Im europäischen Fußball ist es längst üblich, nun wird auch ein Sponsor für Camp Nou gesucht.
Der FC Barcelona steht nicht in dem Ruf, jedes Euro-Milliönchen zweimal umdrehen zu müssen, bevor es ausgegeben wird. Aber auch der Champions-League-Sieger ist immer auf der Suche nach neuen Geldquellen zur Finanzierung seines Kollektivs von Fußball-Millionären. Dafür werden selbst vermeintlich eherne Prinzipien über Bord geworfen. Vor zwei Jahren ließ sich der Klub erstmals in seiner Geschichte für Werbung auf dem Trikot bezahlen. 30 Millionen Euro blättern seither die Quatar Airways pro Saison auf den Tisch.
Der nächste Tabubruch ist nicht weit. Nach Informationen der katalanischen Zeitung "Sport" sucht die US-amerikanische Agentur Van Wagner nach einem Namenssponsor für das traditionsreiche Stadion Camp Nou. Bis zum Oktober des nächsten Jahres soll ein finanzstarker Werbepartner gefunden sein. Über die Höhe der angestrebten Summe wurde nichts bekannt. Sie wird sich aber sicher in jenen Bereichen bewegen, die Manchester Citys Partner Etihad für die Namensrechte der Spielstätte des englischen Meisters zahlt. Es sollen fast zehn Millionen Euro pro Saison sein.
Das ist sehr ordentlich. Bayern München, in Deutschland in jeder Hinsicht Branchenführer und deshalb auch im Erlös aus der Stadionvermarktung weit vorn, bekommt von der Allianz-Versicherung sechs Millionen im Jahr. Damit ist dann schon mal mehr als die Hälfte des Gehalts von Robert Lewandowski bezahlt.
Ganz nebenbei hat die Versicherung das kleine Kunststück vollbracht, dass ihr Name in Verbindung mit der Münchner Arena in den Wortschatz der Fußballfans eingegangen ist. Nicht allen Stadionvermarktern ist das in vollem Umfang gelungen. Vor allem jene Klubs, deren Arenen auf den Trümmern alter Spielstätten errichtet wurden, tun sich schwerer damit, ihren Werbepartnern Eingang in die Wörterbücher zu verschaffen. In Dortmund zum Beispiel hält sich hartnäckig eine traditionsbewusste Opposition gegen den Namen Signal Iduna Park - darunter sind nicht nur verbissene Kämpfer für das Recht am guten, alten Bindestrich, den neuzeitliche Unternehmen so gern ignorieren. Auch viele BVB-Fans, die sich an vergleichsweise unschuldige 70er Jahre erinnern, nennen die Spielstätte der westfälischen Borussia noch Westfalenstadion. Nicht einmal die Feststellung, dass ihr Klub für das seltsame Namenskonstrukt im Jahr 4,7 Millionen Euro einstreicht, wird sie davon abbringen.
Dafür haben die Freunde bei der niederrheinischen Borussia großes Verständnis. Die Mönchengladbacher gehören zu den vier Aufrechten, die ihren Stadionnamen nicht auf dem Markt verscherbelt haben. Ihr Team spielt im Borussia-Park, Werder Bremens Mannschaft tritt im Weser-Stadion an, Hertha BSC im Olympiastadion und der Hamburger SV im Volksparkstadion. Dabei hatte die Vermarktung des Stadionnamens ausgerechnet in Hamburg begonnen. Vor 14 Jahren benannte der HSV seinen Sportplatz in AOL-Arena um. Dafür gab es satte drei Millionen Euro im Jahr. Im Laufe der nächsten Spielzeiten überboten sich die Werbepartner derart regelmäßig, dass bald niemand mehr wusste, ob es sich um die Imtech-Arena, die HSH-Nordbank-Arena oder doch immer noch um die AOL-Arena handelte. Flugs kaufte der steinreiche HSV-Fan Klaus-Michael Kühnle die Rechte für vier Jahre und gab der Arena den Namen Volksparkstadion zurück.
So ähnlich verhält es sich in Bremen. Der Stromanbieter EWE zahlt rund 2,5 Millionen Euro im Jahr und hat ein Vetorecht bei der Namensvergabe. Er gönnt den Bremern allerdings weiter das Weser-Stadion.
Werder liegt mit seinen jährlichen Einnahmen ungefähr im Schnitt der Bundesliga, auch wenn der Name offiziell nicht vermarktet ist. 2,5 Millionen Euro sind eine bemerkenswerte Größe im Etat - nicht nur in Bremen.
Von so zauberhaften Zahlen wie bei Manchester City sind die deutschen Klubs weit entfernt. Und von Vorstellungen, wie sie Real Madrids Präsident Florentino Perez hegt, wird ihnen vermutlich ziemlich schwindlig. 50 Millionen Euro würde es kosten, wenn sich ein Unternehmen künftig das Recht kaufen wollte, neben dem Namensgeber Santiago Bernabeu zu firmieren. Im Jahr, versteht sich. Einen Interessenten an einem derartigen Wahnsinns-Handel (Betonung auf Wahnsinn) haben die spanischen Zeitungen "Marca" und "As" vor einiger Zeit ausgemacht: das Unternehmen Audi. Anlass für diese kühne Vermutung war die Tatsache, dass Reals Stars seit 2003 mit Dienstwagen aus Ingolstadt ausgestattet werden.
Das alles aber geschah vor dem VW-Skandal. Nun wird zumindest Audi jedes Milliönchen zweimal umdrehen müssen, bevor es ausgegeben wird.