Kolumne: Gegenpressing Das Wochenende dauert jetzt bis Dienstag

Düsseldorf · Der Uefa verdanken wir das breite Feld der Kandidaten für die Teilnahme an der Europameisterschaft. Und das Förderprogramm für Gibraltar und San Marino.

 RP-Sportchef Robert Peters.

RP-Sportchef Robert Peters.

Foto: Phil Ninh

An diesem Wochenende wechselt niemand den Verein. Das ist schade. Es kann ja deshalb auch niemand Fristen verpassen oder an den Problemen der elektronischen Wirklichkeit scheitern. Und niemand kann über den Wahnsinn der Ablösesummen klagen. Dreifach schade.

Worüber reden wir stattdessen? Vielleicht über Fußball und die Schönheiten der EM-Qualifikation, die an diesem außerordentlich langen Wochenende gespielt wird. Die Kalender-Fachleute der Uefa haben es nämlich fertiggebracht, das Wochenende Donnerstag beginnen und Dienstag enden zu lassen. Das muss man erst einmal nachmachen.

Diese wunderbare Dehnung ist dringend notwendig, um die Fernsehzuschauer auf dem Kontinent in die beneidenswerte Lage zu versetzen, möglichst viele Spiele in ihrer ganzen Pracht live zu erleben. Und dafür, dass es wirklich viele Spiele sind, hat die Uefa ebenfalls in all ihrer Güte gesorgt. Weil das Endturnier in Frankreich im kommenden Jahr erstmals mit 24 statt wie bisher mit 16 Mannschaften gespielt wird, streiten in neun Gruppen 53 Teams um die Startplätze. Das 54. ist der Ausrichter Frankreich. Der muss nicht streiten, er ist sicher dabei. Wäre ja auch noch schöner, wenn der Ausrichter in der Qualifikation scheitern würde.

Scheitern ist schwierig

Das Scheitern ist für die großen Länder aber ohnehin ziemlich schwierig, weil sich sogar der beste Dritte aller Gruppen direkt qualifiziert und alle anderen Dritten in Entscheidungsspiele gehen dürfen. Auch wenn einige der europäischen Fußballgiganten nicht so richtig ins Laufen gekommen sind, werden sie ihr Ziel kaum verpassen. Das finden die vielen finanzkräftigen Sponsoren und die werbende Industrie natürlich ganz toll.

Die Spielschwemme finden vor allem die Kleinen in Europa ganz toll. Gibraltar, von dem man bislang nur wusste, dass da auf einem Felsen Affen sitzen, darf seine Auswahl von Fußballern in die Hochglanz-Arenen von Deutschland und Polen schicken. Andorra und San Marino feiern TV-Übertragungen und Niederlagen mit weniger als zehn Toren Unterschied. Und Liechtenstein gehört schon beinahe zu den ganz Großen. Fünf Punkte hat die Mannschaft aus dem Fürstentum in der Gruppe G schon gesammelt, zwei mehr als Moldawien und genauso viele wie Montenegro.

Fernsehgelder und Einnahmen aus den Eintrittsgeldern helfen den Kleinen beim Aufbau ihrer eigenen Fußball-Wirtschaft. Und das ist mal wirklich ein netter Zug der Uefa. Den Großen hilft das auch. Denn sie dürfen in ein paar Jahren noch nachdrücklicher als heute behaupten, dass es im internationalen Fußball keine Kleinen mehr gibt. Damit erklären sie auch künftig schlappe Vorstellungen ihrer Superstars. So ist allen gedient. Danke, Uefa.

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(RP)
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