Eishockey-WM Höchste Zeit für die Wende

Düsseldorf · Der neue Eishockey-Bundestrainer Marco Sturm fährt mit dem stärksten Kader seit Jahren zur WM nach Russland. Nach den Enttäuschungen seit 2012 ist das Ziel der Einzug ins Viertelfinale. Die Abwehr bereitet die größten Sorgen.

Marco Sturm: Vom NHL-Star zum Bundestrainer
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Das ist Marco Sturm

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Foto: dpa, dna nic

Marco Sturm ist Profi. Über 1000 Spiele hat er in der nordamerikanischen Liga (NHL) absolviert, 149 in der Deutschen Eishockey Liga. "Aber selbst vor meinem letzten Spiel in Köln hat es noch gekribbelt", sagt er. Da erübrigt sich die Frage, ob er vor seinem Debüt als Trainer bei einer Weltmeisterschaft nervös ist. "Ich bin glücklich, dass ich Bundestrainer bin und dass es jetzt endlich los geht." Am Freitag beginnt die WM in Russland, am Samstag (16.15 Uhr/live in Sport1) trifft die deutsche Mannschaft, die heute (19.45 Uhr/live in Sport1) ihre WM-Generalprobe in Basel gegen die Schweiz absolviert, in ihrem Auftaktspiel auf Frankreich.

Die 80. WM, die in Moskau und St. Petersburg ausgetragen wird, soll eine neue Ära im deutschen Eishockey einläuten. Vor zehn Monaten wurde Marco Sturm als Bundestrainer unter Vertrag genommen. Die Verpflichtung ist mit großen Hoffnungen verknüpft. Mit Hilfe der Reputation und Strahlkraft des Trainers sollte die Nationalmannschaft wieder attraktiv werden, nachdem es zuletzt etliche Absagen gehagelt hatte. Dieses erste Ziel wurde erreicht.

In Christian Ehrhoff, Korbinian Holzer, Tobias Rieder und Leon Draisaitl sind vier NHL-Spieler der Einladung gefolgt, so dass der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) über den besten Kader seit Jahren verfügt. "Erstmals seit langer Zeit hatten wir wieder einen echten Konkurrenzkampf um die Plätze im Kader", sagt der Kölner Verteidiger Moritz Müller. "Wir hatten in der Vorbereitung sechs Sturmreihen, wobei jeder Spieler in Frage kam. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir das schon einmal hatten. Aber das ist der richtige Weg."

Entsprechend groß sind die Erwartungen. Erstmals seit fünf Jahren darf die deutsche Mannschaft wieder vom Einzug ins Viertelfinale träumen. In der Weltrangliste ist die Nationalmannschaft auf Rang 13 abgerutscht. 2014 fehlte erstmals eine deutsche Mannschaft bei einem olympischen Turnier. Höchste Zeit also für die Wende.

Um das Viertelfinale zu erreichen, muss das Team von Marco Sturm in der Gruppe B die Konkurrenten aus Ungarn, Frankreich, Weißrussland und der Slowakei hinter sich lassen, denn Kanada, Finnland und die USA dürften die ersten drei Plätze unter sich ausmachen. "Die Weißrussen werden nicht so weit kommen", prognostiziert Stürmer Felix Schütz, der in Schweden bei Rögle BK spielt. "Zwei starke Reihen reichen nicht bei sieben Spielen in zehn Tagen. Wir haben vier starke Reihen."

Tatsächlich scheint die Offensive der deutsche Trumpf zu sein. Hingegen erwies sich die Defensive in der Vorbereitung noch als recht wackelig. "Wir haben vorne viele gute Spieler, die Tore schießen können", sagt NHL-Profi Leon Draisaitl. "Aber wir müssen defensiv genauso gut stehen."

Die Leistungsstärke der deutschen Torhüter ist durchaus gegeben, doch mangelt es ihnen an internationaler Erfahrung. Mathias Niederberger und Felix Brückmann geben ihr WM-Debüt, Timo Pielmeier war im vergangenen Jahr erstmals dabei. "Wir haben drei sehr gute Torhüter", sagt Pielmeier. "Jeder wird seine Chance bekommen."

Marco Sturm hat jeweils vier Mal an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen teilgenommen - als Spieler. Als Trainer ist der 37-Jährige ein Novize. Ihm fehlt die Erfahrung. Felix Schütz plaudert aus dem Nähkästchen: "Bei Ansprachen tut er sich noch etwas schwer, aber es wird jeden Tag besser. Aber die ersten beiden Ziele sind erreicht: Die Spieler sind gekommen, und sie haben Respekt vor ihm." Vor einem Mann, der viel erlebt und sportlich erreicht hat, aber bei dem es trotzdem am Samstag wieder kribbelt.

(ths)
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