Eishockey Gastgeber Deutschland ist der Gewinner der WM

Köln · Es ist gerade einmal zwei Jahre her, da lag das Eishockey in Deutschland völlig am Boden. Der Deutsche Eishockey Bund war hoch verschuldet und von der Insolvenz bedroht. Zur aktuellen Weltmeisterschaft sieht das schon ganz anders aus.

Deutschland unterliegt Kanada im Viertelfinale mit 1:2
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Deutschland nach großem Kampf ausgeschieden

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Foto: rtr, AP

Ein Schuldenberg in Höhe von 1,46 Millionen Euro drohte den Deutschen Eishockey Bund (DEB) bei einem Jahresumsatz von 4,5 Millionen Euro zu erdrücken. Die sportliche Situation war ebenfalls desaströs. Die Mannschaft war auf Rang 13 in der Welt abgestürzt und hatte erstmals die Olympia-Qualifikation verpasst. Die Nationalspieler schlugen die Einladungen aus und wollten nicht mehr für Deutschland spielen.

Und jetzt das: Der Verband saniert, die Mannschaft bei der Weltmeisterschaft unter den besten acht, die Halle bei jedem deutschen Spiel ausverkauft, und im Fernsehen schnellen die Einschaltquoten in die Höhe. In der Spitze verfolgten den dramatischen 4:3-Sieg nach Penaltyschießen gegen Lettland am Dienstag bis zu 2,44 Millionen Zuschauer im TV. Für Sport1 war es die beste Einschaltquote im Eishockey seit sieben Jahren und die drittbeste Quote der Sportart aller Zeiten. Eishockey ist wieder in.

Eishockey-WM 2019: Deutschland-Kader - Infos zu allen DEB-Spielern
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Der deutsche Kader für die Eishockey-WM 2019

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Foto: dpa/Armin Weigel

Die Renaissance ist untrennbar mit Franz Reindl verbunden. Der ehemalige Nationalspieler, der 1976 dem legendären Team angehörte, das bei den Olympischen Spielen in Innsbruck die Bronzemedaille gewann, ließ sich vor zwei Jahren zum DEB-Präsidenten wählen. Und er hatte ein Konzept — wirtschaftlich, sportlich und strukturell. Reindl holte die Klubs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ins Boot. Er entwarf das Konzept "Powerplay 2026", mit dessen Hilfe die Nachwuchsarbeit zentralisiert wurde und das Deutschland mittelfristig in die Nähe der Weltspitze führen soll.

Vor allem aber gelang es Reindl, den ehemaligen NHL-Rekordspieler Marco Sturm für die Aufgabe des Bundestrainers zu gewinnen. Seine hohe Akzeptanz lockte die Spieler wieder zur Nationalmannschaft — sogar die im Ausland spielenden Stars. Bei der Weltmeisterschaft 2016 in Russland wurde überraschend das Viertelfinale erreicht, im September die Olympia-Qualifikation, jetzt erneut das Viertelfinale bei den globalen Titelkämpfen im eigenen Land.

In Reindls Konzept ist die Weltmeisterschaft ein Herzstück. Sein Ziel war, dass der inzwischen schuldenfreie Verband einen finanziellen Gewinn von rund 1,5 Millionen Euro einfährt und sich so ein Polster verschafft, um die Zukunftsaufgaben zu bewältigen. Die Zahl dürfte noch übertroffen werden, denn die Begeisterung ist riesengroß. Mit 600.000 Zuschauern wurde kalkuliert, es könnten fast 700.000 werden.

Alle sieben Vorrundenspiele der deutschen Mannschaft waren mit jeweils über 18.000 Zuschauern ausverkauft, das Viertelfinale gegen Kanada nahezu, die Stimmung in der Lanxess-Arena berauschend. "Wir genießen jedes Spiel", sagte Bundestrainer Marco Sturm. "Es ist ein Erlebnis, das die Spieler aufsaugen müssen. So etwas hat man vielleicht nur einmal im Leben."

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