Franz Reindl Der Renovierer des deutschen Eishockeys

Köln · Die heute beginnende Weltmeisterschaft in Köln ist ein wesentlicher Baustein im sportlichen und wirtschaftlichen Sanierungskonzept des Deutschen Eishockey-Bundes. All das ist eng verbunden mit dem Generalsekretär des DEB.

 DEB-Generalsekretär Franz Reindl.

DEB-Generalsekretär Franz Reindl.

Foto: dpa, gam lof

Franz Reindl ist angespannt. Das ist nicht verwunderlich, denn die Eishockey-Weltmeisterschaft, die heute in Köln und Paris beginnt, ist so etwas wie sein Baby. Er war noch Generalsekretär des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), als er 2012 die Bewerbung forcierte und der Verband im darauffolgenden Jahr den Zuschlag bekam. Seitdem arbeitet er für dieses Projekt, das ein wesentlicher Baustein bei der Rettung und Neuausrichtung des Verbandes war, dessen Präsident er seit 2014 ist. Im Gespräch mit unserer Redaktion zieht der 62-Jährige eine Zwischenbilanz.

Altlasten abgetragen Ein Schuldenberg in Höhe von 1,46 Millionen Euro hatte der DEB im Jahr 2013 aufgetürmt. "Das war schon eine Menge bei einem Jahresumsatz von 4,5 Millionen", sagt Reindl rückblickend. Die Landesverbände waren zerstritten, der DEB für die Deutsche Eishockey Liga (DEL) kein seriöser Partner. "Wir sind schuldenfrei und stehen strukturell gut da", sagt Reindl vor dem WM-Auftakt zufrieden. Ein gutes Stück auf dem Weg zum eigentlichen Ziel wurde zurückgelegt, wobei die finanzielle Konsolidierung des Verbandes mit der sportlichen einhergeht.

Sportliche Talfahrt beendet Auf Rang 13 war das Nationalteam in der Weltrangliste abgestürzt, hatte erstmals die Olympia-Qualifikation verpasst und war bei den Winterspielen 2014 in Sotschi nicht dabei. Spieler hatten keine Lust mehr, für Deutschland aufzulaufen, sagten reihenweise ab. Nun ist der DEB wieder auf Platz zehn vorgerückt. Profis, die in der nordamerikanischen Profiliga (NHL) ihr Geld verdienen, tragen wieder gerne das Trikot mit dem Adler. Das Konzept "Powerplay 2026", das die Nachwuchsarbeit zentralisiert, soll das deutsche Team bis in die Top acht der Welt führen. Die Verpflichtung des ehemaligen NHL-Spielers Marco Sturm als Bundestrainer war ein wichtiger Mosaikstein.

WM als Herzstück Auf diesem Weg ist die Weltmeisterschaft im eigenen Land von großer Bedeutung. "Wir sind Eishockey", heißt ein Projekt des DEB, mit dem der Nachwuchs angesprochen, die mediale Aufmerksamkeit geweckt und der Effekt der Welttitelkämpfe nachhaltig genutzt werden soll. Dabei wäre es natürlich hilfreich, wenn die deutsche Mannschaft mindestens bis ins Viertelfinale vorstoßen sollte. Das Vorrücken in der Weltrangliste von Platz zehn auf acht ist das nächste Etappenziel.

WM als Chance Das Turnier findet zum neunten Mal in Deutschland statt, doch selten waren die Voraussetzungen so gut. "Früher wurden mit dem Geld, das bei einer WM verdient wurde, die Löcher gestopft", sagt Reindl. "Diesmal werden wir es für die Zukunft verwenden." Doch ein Gewinn ist kein Automatismus. Der Etat, der gemeinsam mit den Franzosen gestemmt werden muss, beträgt 23,5 Millionen Euro. "Wir versuchen hier und da noch etwas einzusparen", sagt Reindl, der aber zuversichtlich ist, dass etwas übrig bleibt. 15 Prozent bringe das Merchandising, 85 Prozent machten die Zuschauereinnahmen aus, rechnet er vor. "600.000 Zuschauer sind unser Ziel", sagt Reindl. "Über 500.000 Karten haben wir bislang verkauft. Jetzt leben wir von den sportlichen Erfolgen." Dabei spricht er von den Arenen in Köln und Paris zusammen. In Köln sind das Ziel 350.000 Zuschauer. Etwas weniger als 300.000 Eintrittskarten für die Arena wurden bereits verkauft.

Spannungen DEB/DEL Während im Fußball die Spannungen zwischen dem Verband (DFB) und der Liga (DFL) zuletzt wieder offen ausgetragen wurden, ist dies im Eishockey deutlich verbessert worden. Reindl übernimmt meist den Part der Moderation. "Vor einem Meeting halte ich oft eine Kabinenansprache", berichtet er und wird dabei richtig lebendig. "Da weise ich auf die gemeinsamen Ziele hin und schwöre die Truppe ein."

Auf- und Abstieg Bei allem Verständnis für die Interessen der DEL beweist Reindl jedoch Haltung. "Ich bin ein Befürworter von Auf- und Abstieg. Das ist im deutschen Sport das Salz in der Suppe", sagt er. Daher passt es ihm auch nicht, dass ausgerechnet wenige Tage vor der WM veröffentlicht wurde, dass einer der sechs DEL 2-Kandidaten angeblich die Voraussetzungen des geschlossenen Rahmenvertrags zwischen DEL und DEL 2 nicht erfüllt. "Das ist eine rein juristische Frage", sagt Reindl. "Wenn zwei Juristen am Tisch sitzen, gibt es meist unterschiedliche Auffassungen. Dann muss das Gericht entscheiden. Ich bin nur froh, dass es einen Vertrag gibt, in dem alles geregelt ist."

Noch nicht am Ziel Reindl hat den Verband sportlich und wirtschaftlich stabilisiert. Doch was Bundestrainer Marco Sturm für die Mannschaft formuliert, gilt auch für den DEB: "Wir haben gezeigt, dass wir uns steigern können. Und wir sind noch nicht am Ende." Der Weg des Duos Reindl/Sturm auch noch nicht. Nach der WM werden sie sich zusammensetzen und über eine Vertragsverlängerung sprechen. In der Zielsetzung herrscht zwischen den beiden Einigkeit, daher dürfte es vor allem um eine Analyse und die Konkretisierung des gemeinsamen Weges gehen.

Seit 2012 habe sich die Intensität der Arbeit aufgebaut und gesteigert, erzählt Reindl am Ende des Gesprächs. "Den Stress spürt man nicht, weil die Freude überwiegt", sagt er. "Wenn am Freitag um 19.45 Uhr die Eröffnungsfeier steigt, werden Emotionen frei." Und wenn dann wenig später die Scheibe über das Eis fliegt, wird die Anspannung abfallen. Dann wird der Präsident zum Fan der DEB-Auswahl.

(RP)
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