Kolumne: Gegenpressing Gedopte Teenager

Eine der größten Sauereien, wenn nicht gar die größte Sauerei in der deutschen Sportgeschichte war die systematische und staatlich angeordnete Verabreichung von leistungssteigernden Mitteln an Minderjährige in der DDR.

 RP-Sportchef Martin Beils.

RP-Sportchef Martin Beils.

Foto: Phil Ninh

Viele Geschädigte fühlen sich als Versuchskaninchen des politischen Klassenkampfes. Noch heute leiden manche unter den Folgen des Dopings. Verstärkte Körperbehaarung, Störungen der Fruchtbarkeit, Stimmvertiefung, Stoffwechselstörungen, Leber- und Herzschäden, erhöhtes Krebsrisiko. Dank der Dokumentationswut im Arbeiter- und Bauernstaat sind die Machenschaften im Osten Deutschlands in den 1980er Jahren gut nachvollziehbar.

Dass heute im Profisport zumindest nicht weniger manipuliert wird als in den schlimmen Zeiten des Kalten Krieges, ist offensichtlich. In dieser Woche wurde aber deutlich, dass auch in unserer Zeit wieder Jugendliche mit verbotenen Mitteln vollgestopft werden. Kurz vor Beginn der U18-Weltmeisterschaft der Eishockeyspieler in North Dakota ist offenbar über die Hälfte der an einem Trainingscamp beteiligten russischen Nationalspieler positiv auf Meldonium getestet worden.

Eine sehr hohe Fallzahl beim Nachweis von Meldonium im vergangenen Jahr hatte dazu geführt, dass der Wirkstoff von der Welt-Anti-Doping-Agentur ab dem 1. Januar 2016 auf die Verbotsliste gesetzt wurde. Die nur im Baltikum und in Russland zugelassene Substanz soll die Durchblutung fördern und wird als Medikament bei Herzerkrankungen eingesetzt.

Wenn Erwachsene dieses Zeug freiwillig futtern, kann man noch sagen: selbst schuld. Doping an Minderjährigen aber ist ein Verbrechen. Nun könnte man sagen: Ach, die Russen. Bei denen geht es eben anders zu als bei uns. Vielleicht. Doch auch damals zu BRD/DDR Zeiten saßen die bösen Kinderdoper nicht nur jenseits des Eisernen Vorhangs. Auch im westdeutschen Schwimmsport gab es Aussagen, die auf den Einsatz verbotener Mitteln bei 14-Jährigen hinweisen.

Und heute spricht der Dopingforscher Fritz Sörgel mit Blick auf die Umtriebe im Sport vom "größten Menschenversuch aller Zeiten". Gesundheitliche Spätschäden werden die Folge sein. Gerade bei denen, die schon als Heranwachsende gedopt werden.

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(RP)
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