Rom Die Krise des italienischen Fußballs

Rom · In den internationalen Viertelfinals ist kein Team aus der Serie A vertreten. Nur Juventus Turin kann noch mithalten.

Nur noch Hohn und Spott gibt es derzeit für den einst so ruhmreichen italienischen Fußball: Schon nach zwölf Minuten hatten auch die letzten unentwegten Fans von Lazio Rom im gähnend leeren Olympiastadion von Rom die Faxen dicke und begleiteten den schrecklichen Europa-League-Auftritt der Mannschaft um Miroslav Klose beim 0:3 gegen Sparta Prag fortan mit gellenden Pfiffen. "Eine Schande", titelte das Blatt "Il Messaggero".

Die nationale Befindlichkeit traf die Zeitung damit auf den Punkt: Erstmals seit der Saison 2000/01 ist kein italienisches Team in einem internationalen Viertelfinale vertreten - und bis auf das im Achtelfinale der Champions League am FC Bayern gescheiterte Juventus Turin hätte dort auch keine andere Mannschaft etwas zu suchen gehabt.

"Wir sind von Europas Landkarte gelöscht worden", schrieb die "Gazzetta dello Sport". Der italienische Fußball kassiert die Quittung einer nun fast seit zwei Jahrzehnten währenden Misswirtschaft. Ignoranz und Arroganz verhindern notwendige Reformen: Premier League, Bundesliga und Primera Division haben die Serie A wirtschaftlich und sportlich mehrfach überrundet, die einst stärkste Liga der Welt siecht in jämmerlichem Zustand dahin.

Schulden in Milliardenhöhe, angehäuft von heruntergekommenen Ex-Giganten wie Inter und AC Mailand, die sich andernorts unerwünschte Ex-Stars wie Mario Balotelli (Milan) oder Maicon (AS Rom) für völlig überzogenes Geld halten und vor nicht mal halbleeren Rängen in seit der Weltmeisterschaft 1990 nicht mehr renovierten Bruchbuden spielen - nach Italiens Nationalelf mit ihrem Vorrunden-Aus bei der WM 2014 hat auch die Serie A ihren Offenbarungseid abgelegt.

Der Niedergang, der in spätrömischer Dekadenz zelebriert wird, sorgt für Fatalismus und Lethargie statt für Aufbruchstimmung. "Das verschwundene Italien hinterlässt ein schwarzes Loch auf Europas Landkarte. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als das letzte Desaster zu akzeptieren", schrieb die Tageszeitung "La Repubblica".

Als sich Lazio samt des gealterten Weltstars Klose am Donnerstag gegen die biederen Durchschnittskicker aus Prag in Armut verabschiedete, hockten gerade einmal 15.000 Zuschauer im maroden römischen Riesenrund. Einzige Ausnahme und einziger Hoffnungsträger des italienischen Fußballs bleibt Juve: echtes Top-Personal auf dem Platz sowie in der sportlichen und wirtschaftlichen Führung, ein eigenes, modernes und mit knapp 40.000 Plätzen genau richtig dimensioniertes, regelmäßig ausverkauftes Stadion. Juventus droht auf Dauer das Schicksal von Celtic Glasgow: in der heimischen Liga ungefordert, international dadurch auf Dauer vor große Probleme gestellt.

(RP)
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