Düsseldorf/London Das vorletzte große Spiel für Präsident Hoeneß?

Düsseldorf/London · Im Champions-League-Finale wird der wichtigste Funktionär des FC Bayern auf der Tribüne sitzen.

Vorgestern hat er mal wieder seine Basketballer bejubelt. Der FC Bayern München setzte sich in Bamberg im ersten Play-off-Halbfinale mit 98:85 durch, und Präsident Uli Hoeneß klatschte begeistert Beifall. Vor fast zwei Wochen ließ er sich im offenen Wagen beim Meister-Korso der Fußballer feiern, er saß neben Trainer Jupp Heynckes und Sportvorstand Matthias Sammer. Auch auf dem Balkon hat Hoeneß dem Volk zugewinkt. Und morgen Abend (20.45 Uhr/ZDF) sitzt er natürlich auf der Tribüne des Wembleystadions beim Finale der Champions League gegen Dortmund. Wie immer trägt er den Bayern-Schal, und wie immer sitzt Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in der Nähe. Ungewöhnlich: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört zu den Nachbarn.

Ein unbeschwerter Zuschauer wird Hoeneß nicht sein. Das ist er seit Wochen nicht mehr. Seit seine Steueraffäre öffentlich wurde, ist der einstige Vorzeige-Manager des deutschen Fußballs angeschlagen. "Ich leide wie ein Hund", hat er gesagt, öffentlich den "Riesenfehler" beklagt und beteuert: "Ich bin kein schlechter Mensch."

Darüber wird seither gestritten. Fest steht, dass Hoeneß ein sehr hilfsbereiter Vereinspatron ist, dass er Millionen für soziale Zwecke gespendet hat. Fest steht aber auch, dass er ein Steuerhinterzieher ist. Das hat er in seiner Selbstanzeige eingeräumt. Deshalb muss er noch mit einer Haftstrafe rechnen.

Und darum gingen in den ersten Tagen nach der Selbstanzeige Mitglieder des Bayern-Aufsichtsrates vorsichtshalber auf Distanz. Als die Öffentlichkeit damit rechnete, dass Hoeneß seine Ämter als Aufsichtsrats-Chef und Präsident des Vereins bis zur Klärung der Vorwürfe würde ruhen lassen, gab es einen Schulterschluss. Der Aufsichtsrat wies Hoeneß' Angebot, vorläufig von den Ämtern zurückzutreten, ab. Er werde die Entwicklung der Angelegenheit aber genau verfolgen.

Das könnte bedeuten: Die Kollegen im Aufsichtsrat geben Hoeneß die Gelegenheit, die Krönung seines Lebenswerks als Präsident zu erleben. Danach würde er die Ämter zumindest vorübergehend niederlegen. Tatsächlich steht sein Verein vor ganz großen Tagen. Der FC Bayern kann in London die Champions League und in einer Woche in Berlin den DFB-Pokal gewinnen. Es wäre nach der Meisterschaft das "Triple". Das hat noch kein deutscher Klub geschafft. Und dass Hoeneß den FC Bayern erst zu dem gemacht hat, was er heute ist, hat sich unterdessen herumgesprochen. Es wäre ein ganz persönlicher Triumph.

Hoeneß steckt auch hinter den wesentlichen Personalentscheidungen, mit denen die Münchner in dieser Saison zur besten Mannschaft Europas wurden – unabhängig vom Ausgang des Finales. Er setzte im Alleingang die Verpflichtung von Matthias Sammer durch, der auf jeden Fall dazu beigetragen hat, dass die Ansprüche ans spielende Personal täglich erneuert werden. "Er ist ein Gewinnertyp, der nie zufrieden ist. Das mag ich", sagt Arjen Robben. "Da hat der FC Bayern einen ganz dicken Fisch geangelt", versichert Bastian Schweinsteiger. So ganz nebenbei übernimmt Sammer gern die Rolle des Angreifers vom Dienst, die zuvor in vielen Managerjahren von Hoeneß ausgefüllt worden war. Auch aus diesem Grund holte der Präsident den mürrischen Querkopf aus der DFB-Zentrale.

Und er half seinem Freund Jupp Heynckes dabei, den Transfer von Javi Martínez im Klub zu realisieren. Der Trainer wollte den defensiven Mittelfeldspieler, und Hoeneß überzeugte die Kollegen in der Klubführung mit sanftem Nachdruck, dass eine Ablöse von 40 Millionen Euro gut angelegt wäre.

Vielleicht waren es die letzten großen Verdienste, die sich der wichtigste Funktionär der Vereinsgeschichte erworben hat. Es kann ja sein, dass er nach dem Pokalfinale in Berlin nicht nur vorläufig zurücktritt – auch wenn Ehrenpräsident Franz Beckenbauer erklärt: "Der FC Bayern ohne Uli Hoeneß ist nicht vorstellbar."

(RP)
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