WM-Kampf Joshua gegen Klitschko Warten auf den letzten Gong

London/Düsseldorf · Wladimir Klitschko kämpft gegen den Briten Anthony Joshua um den WM-Titel – und die Fortsetzung seine Karriere. Und natürlich geht es auch um viel, viel Geld.

Anthony Joshua - Wladimir Klitschko: das Wiegen
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Joshua - Klitschko: das Wiegen

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Wladimir Klitschko kämpft gegen den Briten Anthony Joshua um den WM-Titel — und die Fortsetzung seine Karriere. Und natürlich geht es auch um viel, viel Geld.

Er hat geboxt, was ihm vor die Fäuste gekommen ist. Über Jahre hat Wladimir Klitschko die Boxszene dominiert. Er stand im Ring gegen viele Großmäuler, die Sprüche machten - und schon vor der ersten Runde war klar, dass mehr Spektakel nicht von ihnen zu erwarten war. Alles ging seinen gewohnten Gang. Klitschko bot die große Unterhaltungsshow mit garantiertem Happy End. Man wusste immer, was man bekommt.

Doch dann ging Klitschko in die Knie. Gegen den Briten Tyson Fury verlor er seine Weltmeistergürtel. 17 Monaten sind seitdem vergangen. Heute Abend (ab 22 Uhr/live bei RTL) boxt er erneut - diesmal geht es gegen den hoch talentierten Briten Anthony Joshua um nicht weniger als die Fortsetzung seiner Karriere.

Joshua (27) ist für viele die junge Version von Wladimir Klitschko. In 18 Profikämpfen siegte er 18 mal durch Knockout. Ein athletisch herausragend ausgebildeter Profi, ausgestattet mit einem knallharten Schlag. Vor drei Jahren leistetete sich Klitschko ihn als Sparingspartner. Der Olympiasieger Klitschko (1996 in Atlanta) verpflichtete den Olympiasieger Joshua (2012 in London) für seine Trainingseinheiten in der Vorbereitung auf den Kampf gegen den Bulgaren Kubrat Pulev. Hernach schwärmte Klitschko von Joshuas Qualitäten. "Ich bin ein Fan von ihm", sagte er.

Von derartigen Lobhuldigungen ist in diesen Tagen natürlich nichts mehr zu hören gewesen. Dem üblichen Ballyhoo folgend attackierten sich die Kontrahenten verbal nach Kräften. "Ich will nicht nur gewinnen, ich will auch groß gewinnen", sagt der 41-jährige Ukrainer. "Joshua ist ein Puncher. Ich bin ein Boxer, der auch punchen kann. Er hat einen harten Schlag. Doch was Technik und Taktik angeht, sehe ich Defizite."

Diese Meinung hat er nicht exklusiv. Auch Ex-Weltmeister Lennox Lewis sieht Schwächen bei seinem Landsmann. "Für mich ist die Erfahrung das Wichtigste. Deshalb sehe ich Klitschko vorne. Es kann natürlich viel passieren", sagt Lewis. "Wird es ein kurzer Kampf, siegt Joshua. Wird es ein langer Kampf, siegt Wladimir. Es wird auf jeden Fall einen K.o. geben." In seinen zurückliegenden Duellen hat Klitschko auffällig lange gebraucht, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Erst nach einigen Runden wehrte er sich. Das Problem: Bis dahin wurde er schon so oft getroffen, wie in den Jahren zuvor zusammen nicht. Und Wladimir Klitschko kann zwar gut austeilen, aber überhaupt nicht einstecken. Es spricht viel dafür, dass Joshua ohne langes Abtasten versucht, Klitschko schnell an seine Grenzen zu bringen.

Klitschko massiv unter Druck

Der Druck liegt klar bei Klitschko. Er muss die Auseinandersetzung für sich gewinnen, um im Schwergewicht seine Legitimation zu behalten. Es geht im Londoner Wembley-Stadion vor 90.000 Zuschauern um die Titel der Verbände WBA und IBO. Es geht aber vor allem um viel, viel Geld. Beide dürften mindestens 20 Millionen Euro einstecken. Allein über den Ticket-Verkauf und das Pay-per-View sollen laut britischen Medien mehr als 50 Millionen Euro zusammenkommen.

Joshua wird von Eddie Hearn betreut. Seit dem Gewinn des Weltmeistertitels im vergangenen Jahr ist der Schwergewichtler auf der Insel zum Superstar aufgebaut worden. Hearn ist ein gewiefter Geschäftsmann aus einer einflussreichen Familie. Sein Vater Eddie hat ein Vermögen gemacht mit der Vermarktung von Darts und Snooker.

Anthony Joshua kommt genau zur rechten Zeit. Weltweit stagniert das Box-Geschäft. Die Marke Klitschko funktioniert vor allem in Deutschland. RTL macht mit ihm gigantische Quoten. Doch in anderen Ländern hält sich das Interesse in engen Grenzen. In den USA hat er zum Beispiel trotz wiederholter Anläufe nie richtig Fuß gefasst. Alleine deshalb ist es wichtig, Typen wie Joshua, Sohn nigerianischer Einwanderer, zu haben, die das Geschäft wieder ankurbeln - und vielleicht gleich ganz übernehmen. "Für mich hatte Wladimir seine beste Zeit 2005", erklärt der aus der Kleinstadt Watford im Nordwesten von London stammende Joshua. "Ich werde gewinnen. Das ist keine Raketenwissenschaft, es ist einfach nur der Kampf."

Für Klitschko würde es bei einer deutlichen Niederlage keine großen Argumente mehr geben für die Fortsetzung seiner gewiss großen Laufbahn. Sollte er sich den Titel zurückholen, wäre er zum dritten Mal in seiner Karriere Schwergewichts-Weltmeister, das schafften vor ihm nur die Größten seiner Zunft: Muhammad Ali, Evander Holyfield, Lennox Lewis und Bruder Vitali.

(gic)
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