WM-Kampf gegen Joshua Die letzte Chance für Wladimir Klitschko

London · Glanzvolles Comeback oder erneute Schmach: Für Wladimir Klitschko geht es am Samstag im "Box-Kampf der Superlative" vor 90.000 Fans im Londoner Wembley Stadion um alles oder nichts (22 Uhr/RTL).

Stimmen vor dem Kampf zwischen Klitschko und Joshua
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Foto: dpa, jfk pat

Der Ex-Champ muss gegen den aufstrebenden Anthony Joshua gewinnen, ansonsten scheint das Ende einer glorreichen Karriere unausweichbar.

Während sich Wladimir vor dem Kampf zu seiner Zukunft nicht äußern wollte, sprach der strenge Bruder Witali Klartext. "Wladimir hat keine zweite Chance", sagte der vier Jahre ältere Ex-Weltmeister und heutige Bürgermeister von Kiew: "Er weiß, dass für seine Zukunft viel davon abhängt."

Keine zweite Chance? Keine Option auf einen Rückkampf? Eine zweite Pleite wie gegen Tyson Fury im November 2015 kann sich der mittlerweile 41-Jährige nicht leisten.

Auch Ex-Champ Henry Maske hält für diesen Fall einen Rücktritt des Ukrainers für unvermeidbar. "Bei einer klaren Niederlage wüsste ich nicht, welche Motivation er noch hätte", sagte der 53-Jährige dem SID und fügte an: "Irgendwann ist deine Ära vorbei."

Klitschko gibt sich hoch motiviert und wählte ungewohnt deutliche Worte. Er sei nach der Fury-Pleite "angepisst", habe in der Vorbereitung als "kompromissloser, multidimensionaler Egoist" alles dem großen Ziel untergeordnet und fühle sich generell wie der "Mount Everest", der auch nicht wirklich zu bezwingen sei.

Zentrales Schlagwort ist aber "Besessenheit". Wo der promovierte Sport-Wissenschaftler zuletzt auch auftauchte, durfte die Vokabel nicht fehlen. "So eine Form der Besessenheit hat es noch nie gegeben", sagte der Wahl-Hamburger und erstickte damit jeden Verdacht von Altersmüdigkeit im Keim.

Das hätte ihm der Veranstalter auch nicht verziehen, immerhin sind die boxverrückten Briten heiß auf den Fight. Die 90.000 bedeuteten auf der Insel einen Nachkriegs-Besucherrekord. Weltrekord ist das nicht. Der wurde 1993 mit 132.000 Fans beim Kampf zwischen Julio César Chávez (Mexiko) und Greg Haugen (USA) in Mexiko-Stadt aufgestellt.

In Deutschland überträgt Klitschkos Haussender RTL, der noch über drei weitere Kämpfe mit dem Ukrainer verbunden ist. Das große Geld verspricht jedoch das britische Pay-TV, das laut Daily Mirror 30 Millionen Euro erlöst.

Dank Ticketing (10 Millionen Euro) und weiterer Einnahmen liegt der Gesamtumsatz bei rund 50 Millionen Euro. Das ist ordentlich, allerdings nicht im Vergleich zum Jahrhundert-Fight zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao im Mai 2015. Der spülte 465 Millionen Euro in die Kassen.

Klitschko, der für den Fight wie Joshua eine Börse von knapp 20 Millionen Euro erhalten soll, muss in seinem 69. Profikampf (64 Siege, 5 Knockouts) deutlich druckvoller agieren als gegen Fury - sonst läuft seine Zeit bald wirklich ab. Fast eine Dekade hat der frühere Mehrfach-Weltmeister die Szene beherrscht. Von April 2006 bis November 2015 blieb der Ukrainer ungeschlagener Champion.

Zu den Stärken von Joshua, 2012 in London 16 Jahre nach Klitschko Olympiasieger im Superschwergewicht, gehört, dass er im Ring so gut wie keine Schwächen hat. Der Sohn nigerianischer Einwanderer schlägt hart und schnell, hat eine gute Beinarbeit und ein großes Kämpferherz.

"Ich denke, ich werde Klitschko ausknocken", sagte Joshua, der ansonsten eher bescheiden auftritt und großspurige Ankündigungen vermeidet. Klitschko hält dagegen. "Ich will mir selbst beweisen, dass ich jeden Gegner im Ring besiegen kann - ohne Ausnahme", sagt der 41-Jährige. Geändert habe sich in der Vorbereitung kaum etwas, außer - natürlich - "meine Konzentration und Besessenheit."

(sid)
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