Karl Mildenberger wird 80 Der Mann, der Ali die Stirn bot

Düsseldorf · Seine Niederlage gegen Muhammad Ali am 10. September 1966 war zugleich sein größter Erfolg. Am Donnerstag wird Karl Mildenberger 80 Jahre alt.

 Cassius Clay (päter Muhammad Ali) gegen Karl Mildenberger.

Cassius Clay (päter Muhammad Ali) gegen Karl Mildenberger.

Foto: Imago

Viele von den 30.000, die am Straßenrand standen, waren auch zwölf Jahre zuvor gekommen. Damals, 1954, jubelten sie in Kaiserslautern ihren fünf Fußballern zu, die als Weltmeister aus der Schweiz zurückkamen. Jetzt feierten sie einen 28-Jährigen, der als Verlierer in seine Geburtsstadt zurückkehrte, der bei der Fahrt im Cabrio die Spuren des Boxkampfes am Vorabend durch eine Sonnenbrille versteckte und dessen Niederlage zugleich sein größter Erfolg war. Er hatte dem Größten, Muhammad Ali (seinen Namen Cassius Clay hatte er nach dem Übertritt zum Islam abgelegt) alles abverlangt.

80 Jahre alt wird Karl Mildenberger am Donnerstag. Eine große Feier gibt es nicht. Seit einiger Zeit lebt er mit der 16 Jahre jüngeren Miriam, mit der er seit 43 Jahren in zweiter Ehe verheiratet ist, zurückgezogen. Am 10. September 1966 stand er allerdings im Rampenlicht. Mildenberger, nach seiner Erstrunden-Niederlage gegen den Waliser Dick Richardson in seinem ersten EM-Kampf im Februar 1962 als "Karl der Flache" belächelt, war gegen den Weltmeister aus den USA nicht viel zugetraut worden.

Höchstens drei Runden würde er durchhalten, lauteten die Prognosen. Zu kurz für ARD und ZDF, um die geforderten eine Million Mark (rund 510.000 Euro) für eine Liveübertragung aus dem Frankfurter Waldstadion zu bezahlen. Dort bereitete Mildenberger den rund 30.000 Zuschauern viel Freude und mit seiner unüblichen Rechtsauslage (seine Schlaghand war die linke) dem hohen Favoriten große Probleme. "Milde" war zwar dreimal kurz am Boden, gewann aber die fünfte und neunte Runde, gestaltete vier ausgeglichen - doch in Runde zwölf brach Teddy Waltham den WM-Fight ab. "Ein weiterer Schlag hätte furchtbare Folgen haben können", sagte der englische Ringrichter.

Ali, für seine flapsigen, mitunter beleidigenden Äußerungen über seine Gegner gefürchtet, zollte Mildenberger Respekt. "Er ist ein wahrer Gentleman, der zweitschnellste Schwergewichtler der Welt, der am besten aussehende weiße Boxer. Ich bin erst in der zwölften Runde mit ihm fertig geworden, in einem Kampf, von dem jeder geglaubt hatte, ich würde leichtes Spiel haben", sagte der US-Amerikaner, der an Parkinson erkrankte und am 3. Juni 2016 im Alter von 74 Jahren starb.

Karl Mildenberger vergaß nie, woher er kam. "Er ist trotz seiner Erfolge immer auf dem Boden geblieben. Seine Menschlichkeit zeichnet ihn aus. Starallüren sind ihm fremd", betonte Walter Freitag (78). Er ist seit 40 Jahren Leiter der Boxsparte beim 1. FC Kaiserslautern, in der Mildenberger als Amateur begann. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2002 arbeitete "Milde" als Bademeister zunächst im Freibad Erfenbach und nach dessen Schließung im städtischen Hallenbad.

Karl der Große hatte Karl den Flachen schon lange vergessen gemacht, als Mildenberger 1969 seine Karriere beendete.

(cze)
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