Reporter-Erinnerungen Wie ich Ali mit Mike Tyson zusammenbrachte

Düsseldorf · Für einen Sportreporter gibt es wohl nichts Größeres als ein Treffen mit Muhammad Ali. Unser Autor traf die Boxlegende 1997 in Las Vegas. Aber nicht nur das. Er führte Ali sogar zu Mike Tyson.

Muhammad Ali - eine Boxlegende in Bildern
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Foto: dpa, ase ay

Las Vegas, 1997. Ich hatte es eilig und versuchte, eine Abkürzung durch die nicht enden wollenden Katakomben des MGM Grand zu nehmen, des damals größten Hotels der Welt. Der zweite WM-Kampf von Mike Tyson gegen Evander Holyfield. Drinnen lief noch die Pressekonferenz des damaligen Weltmeisters Tyson und seines Promoters Don King, der wieder einen seiner gefürchteten Monologe hielt. Plötzlich stand er vor mir. Schwarzer Rollkragen-Pullover. Klarer Blick und doch ein wenig verloren. Er wirkte verwirrt und war seltsam sprachlos. Schon damals von der Krankheit gezeichnet. Muhammad Ali, der größte Boxer aller Zeiten. Eine lebende Legende. Zwei Betreuer waren bei ihm. Schnell wurde klar, dass die drei sich verlaufen hatten. Man wolle in den Saal, um Tyson zu treffen, sagte ein Berater. Ob ich dem "Champ" helfen könne. Ich, der Sportreporter aus Düsseldorf.

Klar konnte ich. Was für ein Augenblick für einen jungen Sportreporter. Ein paar Minuten mit Ali. Wir gingen den Weg zurück, den ich gekommen war und ich versuchte ein Gespräch mit dem Mann, für dessen Kämpfe einst die Generation meiner Eltern mitten in der Nacht aufgestanden war. Ali antwortete — mit Blicken. Ich erzählte, dass ich extra aus Deutschland hierher gekommen sei und dass wir uns einige Monate vorher bei einem Tyson-Fight in Las Vegas doch schon einmal am roten VIP-Teppich — ich führte dort für Premiere (heute Sky) Interviews — begegnet seien. Kurz hob er die Augenbrauen. Ein Lächeln. Ein leichtes Nicken mit dem Kopf. Hatte er mich erkannt? Wohl kaum. Aber er blieb mir zugewandt, hob die Augenbraue. Nickte immer wieder. Hinter mir drängten bereits die Betreuer zur Eile. Ich fingerte das 1997 noch sehr sperrige Mobiltelefon aus meiner Sakko-Tasche und versuchte, meinen Kamera-Mann zu lotsen. Immer wieder hatte ich plötzlich das Bild vor mir: Ali trifft Tyson. Das wäre eine tolle Geschichte.

Als ich die Tür zum Saal öffnete, hatte sich die Situation verändert. Die Pressekonferenz war vorbei und rund 500 Menschen aus aller Welt standen dicht verteilt im Raum. Ganz hinten links sah ich Tyson in Jeansjacke mit einem kleinen Jungen im Arm. Nun gab es nur eine Chance. Ich musste irgendwie mit Ali dort rüber. Ich zeigte kurz Richtung Tyson und als ich ein kurzes Nicken bekam, nahm ich Ali ein wenig beim Arm und bahnte ihm den Weg durch die Menge. Bis wir endlich bei Tyson ankamen. Da standen sie nun. Zwei der größten Schwergewichts-Boxer aller Zeiten. Der sonst so harte Tyson war gerührt wie ein kleiner Junge. Ungewohnt schüchtern zog er seinen Sohn an sich und wollte unbedingt, dass dieser Ali die Hand schüttelte. Denn der große Ali — so Tyson — sei der wahre Grund, warum sein Vater boxen würde.

Inzwischen wimmelte es nur von Kamerateams und Fotografen. Sicherheitsleute kamen dazu. Ich merkte, dass ich abgedrängt wurde. Noch einmal wandte ich mich zum Abschied kurz an Muhammad Ali. "Champ", sagt ich (so sprachen seine Betreuer die ganze Zeit mit ihm) und zeigte ihm meine TV-Kamera. Er ließ tatsächlich Tyson kurz stehen, lächelte, ballte die rechte Faust und machte ein paar Box-Bewegungen für ein paar Bilder. Ein kleines Dankeschön. Als Erinnerung an eine Legende des Sports.

Tom Bender ist Geschäftsführer Vermarktung der Rheinischen Post. Der 49-Jährige war Sportreporter bei Premiere, bevor er von 2001 bis 2014 bei der Deutschen Fußball Liga arbeitet, die letzten Jahre als Geschäftsführer Medien und Marketing. Im Herzen ist er Journalist geblieben.

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