EM-Quali geschafft "Basketball-Deutschland lebt" — doch es gibt viel zu diskutieren

Leiden · Mit einer starken Leistung im Entscheidungsspiel in den Niederlanden haben die deutschen Basketballer das EM-Ticket gelöst. Nach der insgesamt enttäuschenden Qualifikation gibt es aber Gesprächsbedarf.

 Bundestrainer Chris Fleming.

Bundestrainer Chris Fleming.

Foto: dpa, a pil hak

Das Desaster war gerade erst verhindert, da machte sich Chris Fleming auch schon hastig auf den Weg. "Ich fahre nach Hause. Meine Frau steht kurz vor der Entbindung", sagte der Bundestrainer und entließ seine Basketballer alleine in die Partynacht. Die Anspannung hatte sich bei allen Beteiligten nach dem erfolgreichen Ende der mehr als holprigen EM-Qualifikation schnell gelöst.

"Das ist hoffentlich der Anfang einer langen Reise", sagte Paul Zipser und dachte dabei schon an das kommende Jahr. Durch die überzeugende Leistung beim 82:51 (40:26) im Entscheidungsspiel bei Gastgeber Niederlande in Leiden darf der 22-Jährige von NBA-Klub Chicago Bulls mit seinem Team an der EuroBasket 2017 teilnehmen. Dabei hatte es in den vergangenen Wochen lange ausgesehen, als würde es schiefgehen.

Nach der Pleite in Dänemark machte es Klick

Fleming weiß, dass es Gesprächsbedarf gibt. "Wir hatten sehr wacklige Phasen, darüber braucht man nicht groß diskutieren", sagte der Amerikaner. Dennoch habe es nie Zweifel gegeben: "Was ich an unserer Mannschaft super fand, war, dass sie in schwierigen Zeiten alle Nebengeräusche ausgeblendet hat."

Es gab rund um die Spiele gegen die Nachbarn Niederlande, Österreich und Dänemark reichlich Diskussionen. Vor allem nach der peinlichen Niederlage im hohen Norden. "Einstellung und Kampf haben nicht gestimmt", sagte Zipser, danach habe es bei den Spielern allerdings "Klick gemacht". "Manchmal braucht man solche Ereignisse, um zu wachsen. Ich hätte aber auch ohne leben können", erklärte Fleming und lachte.

In Leiden wurde nicht lange gezittert. Schnell waren die Kräfteverhältnisse klar, weil die Mannschaft endlich ihre Klasse abrief. "Die Jungs haben gezeigt, dass Basketball-Deutschland lebt", lobte Ingo Weiss, Präsident des Deutschen Basketball Bundes (DBB). Er gab aber auch zu: "Das war ein harter Sommer für alle."

Dass die Leistungen oftmals nicht stimmten, ist dem 52-Jährigen bewusst. Für den Angriff aus der Bundesliga kurz vor dem letzten Spiel zeigte der DBB-Boss aber kein Verständnis. "Ich finde diese Kritik absolut fruchtlos", sagte Weiss, nachdem Michael Stoschek, Aufsichtsratsvorsitzender bei Meister Brose Bamberg, von unprofessionellen medizinischen Bedingungen rund um das Nationalteam gesprochen hatte.

"Auch wenn wir gewinnen, werden wir analysieren. Auch dann werden wir gucken. Dann wird es Einzelgespräche geben", hatte Weiss schon vor dem Abschluss angekündigt. Wichtigstes Thema werden wohl die vielen Absagen sein. "Wir müssen uns darüber unterhalten, warum einige Spieler nicht gekommen sind. Liegt es an den Vereinen? Liegt es daran, dass sie nicht können? Liegt es vielleicht am DBB? Das ist auch möglich", sagte Weiss.

Strafen seien keine Lösung: "Wenn ich sage, du sollst nicht rauchen, stellst du dich hinter eine Ecke und rauchst. Ich muss das Bewusstsein einpflanzen: Nationalmannschaft ist geil, da muss ich hin", sagte Weiss. Fleming wollte nach dem Spiel nicht über die Spieler reden, die abgesagt hatten oder wie Tibor Pleiß während der Qualifikation abgereist waren.

Am 22. November entscheidet sich in der Türkei, wie die Vorrundengegner bei der 40. EM heißen. Gespielt wird in Cluj/Rumänien, Helsinki/Finnland, Tel Aviv/Israel und Istanbul/Türkei, wo auch die Finalrunde stattfindet. Ob sich das Gesicht des Teams bis dahin verändert, da vielleicht einige Spieler zurückkommen, kann Fleming nicht sagen. "Ich weiß es nicht. Wenn es diese Mannschaft ist, dann ist es diese Mannschaft."

(sid)
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