Fan Zhendong ist der neue Star Wie China das Tischtennis dominiert

Saarbrücken · Fan Zhendong gilt als Sinnbild für chinesische Nachwuchsarbeit. Der 19-Jährige ist bereits die Nummer zwei der Welt.

 Fan Zhendong ist erst 19 Jahre alt, gehört aber schon zur absoluten Weltklasse.

Fan Zhendong ist erst 19 Jahre alt, gehört aber schon zur absoluten Weltklasse.

Foto: Imago

Acht Punkte lang ist das Publikum in der Saarbrücker Saarlandhalle eher sparsam mit Applaus. Dann brandet Jubel auf. Gao Ning aus Singapur erzielt an Platte eins beim Tischtennis-World-Cup einen Punkt. Es ist das 1:8 im ersten Satz. Sein Gegner ist Fan Zhendong, ein Chinese. Das Publikum ist dankbar dafür, dass zumindest für einen kurzen Moment eine Art Chancengleichheit vorgegaukelt wird. Denn am Ende wird es so sein wie immer in der Tischtennis-Weltspitze: Der Chinese gewinnt deutlich - nach weniger als 20 Minuten heißt es 11:3, 11:3, 11:6, 11:3. Zhendong, 19 Jahre jung, ist die neueste personifizierte Tischtenniswaffe aus China und steht wie kein Zweiter für das vom Staat geförderte System, Spitzensportler zu formen.

Ein Blick auf die Weltrangliste der Herren reicht, um die Dominanz Chinas zu erkennen. Die ersten vier Plätze werden von Männern aus dem mit rund 1,37 Milliarden Einwohnern bevölkerungsreichsten Staat der Erde belegt.

Der deutsche Fußball hat im vergangenen Jahrzehnt einen Standard in der Nachwuchsarbeit geschaffen, um den ihn die ganze Welt beneidet. Im Tischtennis sind die Chinesen bei der Förderung von Talenten das Maß aller Dinge. Das Spezielle: In einem strikt organisierten System arbeiten alle darauf hin, Superstars auszubilden. Es geht nicht darum, den besten Spieler in der jeweiligen Altersgruppe zu haben, sondern einzig darum, jedes Talent darauf vorzubereiten, die Nummer eins der Welt werden zu können.

Von solchen Zuständen sind die Europäer weit entfernt. Bundestrainer Jörg Roßkopf erklärt, dass ein Chinese schon Millionen Mal den Vorhandschlag geübt hat, bevor ein deutscher Junge erstmals den Schläger in die Hand nimmt. "Wenn ein Spieler mit 18 Jahren zu mir in den Kader kommt, hat er noch technische Probleme. Das gibt es in China nicht. Ein Chinese kann mit 18 Jahren Weltmeister werden. Das kann keiner von unseren Jungs."

Zhendong ist das beste Beispiel dafür. Bei den China Open im September besiegt er erstmals Ma Long, die Nummer eins der Welt. In Abwesenheit des 27-Jährigen gewinnt Kronprinz Zhendong auch den World Cup. Im Finale bezwingt er Landsmann Xu Xin, Nummer drei der Welt. Zhendong sagt: "Ich habe erwartet zu gewinnen." Dieses schier grenzenlose Selbstvertrauen untermalt der in Guangzhou geborene Zhendong mit stoischer Mimik und Gleichgültigkeit. Er wechselt sich während der Gespräche mit der Presse gelangweilt die Schuhe und sucht das Deodorant in seinem Koffer. Die emotionslose Gestik und Mimik sind auch Zhendongs Markenzeichen an der Platte. Er wirkt wie eine Maschine, ein Roboter. Seine Schläge grenzen an Perfektion, sein Ausdruck ist immer gleich. Die Zuschauer begeistert er damit nur begrenzt.

Thomas Weikert grinst, wenn er auf die Spieler aus dem Reich der Mitte angesprochen wird. Der Deutsche ist Präsident des Tischtennis-Weltverbands ITTF. Dort ist man sich natürlich auch des Problems der chinesischen Übermacht bewusst. Wie alle Tischtennis-Fans ist aber auch die ITTF beeindruckt von der Schaffenskraft der Asiaten. "Erst mal ist es ja kein Fehler der Chinesen, dass sie so gut sind", sagt Weikert. Nun hat die jahrelange Dominanz aber sogar die Chinesen ermüdet. "China gegen China sehen die Leute in China nicht so gerne", sagt Weikert. Deshalb hat sich das System geöffnet. China gibt sein Know-how an Europa weiter. Im kommenden Jahr möchte der ITTF das Projekt "Made by China" starten. Dann sollen europäische Spieler auch in China trainieren können.

Mehr Spannung ist aber vorerst nicht zu erwarten. Bevor ein Europäer wieder in die Phalanx der Chinesen einbrechen kann, muss sich das Publikum mit den kleinen Erfolgen begnügen: dem Jubel über einzelne Punktgewinne.

(erer)
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