Tischtennis-WM Ovtcharov und der Fluch von Suzhou

Suzhou · Für Europameister Dimitrij Ovtcharov ist die Einzel-WM im chinesischen Suzhou mit einer Enttäuschung zu Ende gegangen. Nach seinem kläglichen Zweitrunden-Aus richtet der Weltranglistensechste den Fokus schon auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.

Tischtennis-WM: Dimitrij Ovtcharov scheitert in Runde zwei
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Ovtcharov scheitert in Runde zwei

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Foto: dpa, rdp mr

Das "Venedig des Ostens" ist für Dimitrij Ovtcharov einfach keine Reise wert. Fünf Jahre nach dem letztlich unbegründeten Doping-Verdacht gegen den Tischtennis-Europameister, der damals in Suzhou kontaminiertes Fleisch gegessen hatte und anschließend positiv getestet worden war, schied "Dima" bei der WM in der ostchinesischen Stadt in der zweiten Runde aus.

Auch der Trost von Ehefrau Jenny und Bundestrainer Jörg Roßkopf ("Er wird weitere Chancen bekommen") konnten dem Weltranglistensechsten nach dem 3:4 gegen den 41 Plätze tiefer notierten Südkoreaner Lee Sangsu zunächst nicht über seine große Enttäuschung hinweghelfen. "Ich hadere nicht mit der Auslosung, sondern mit meiner Leistung", sagte der Rechtshänder.

Ovtcharov selbstkritisch

So klar Ovtcharov vor der WM seine Medaillenambitionen formuliert hatte, so deutlich übte er nun Selbstkritik: "Ich habe zu lange gebraucht, um mich seinem hohen Niveau anzupassen. Mit diesem hohen Level hatte ich nicht gerechnet. Ich bin immer einem Rückstand hinterhergelaufen."

Dabei hatte der Olympiadritte "in den letzten Monaten viel investiert für die WM". Zunächst heuerte er als erster Top-Ten-Spieler überhaupt in Schwedens Ex-Weltmeister Jörgen Persson einen Privattrainer an, dann baute er seine im vergangenen Herbst abgefallene Form wieder mühevoll auf und reiste zur besseren Einstimmung auf die WM-Bedingungen vor dem gesamten deutschen WM-Tross nach China. Vergeblich, doch "ich würde alles wieder so machen", sagte "Dima" mit etwas Abstand zu seinem schwächsten WM-Ergebnis nach zuvor drei Achtelfinal-Teilnahmen in Folge.

Viel Zeit für tiefgreifende Änderungen hätte Ovtcharov, der in der Mai-Weltrangliste die Position als deutsche Nummer eins nach 18 Monaten wieder an EM-Rekordchampion Timo Boll (Düsseldorf) verlieren könnte, ohnehin nicht. Noch in Suzhou erörterte der Aufschlagspezialist in Gesprächen mit Roßkopf und Persson sowie Telefonaten mit seinem in Deutschland gebliebenen Trainer-Vater Michail die bittere WM-Pleite, nach der Rückkehr ist der Kalender bereits wieder vollgepackt mit Terminen.

Schon ab dem zweiten Mai-Sonntag stehen für den Europe-Top-16-Sieger mit seinem russischen Klub Fakel Orenburg die Champions-League-Finals gegen seinen Ex-Klub Borussia Düsseldorf und seinen Freund Boll auf dem Programm. Nach den abschließenden Verhandlungen über seine Zukunft in Russland spielt Ovtcharov im Juni bei den Europaspielen in Baku um die frühzeitige Olympia-Qualifikation, und ab Juli schlägt der deutsche Ex-Meister wieder für mehrere Wochen in Chinas Super League für Jiangsu Super Cable auf.

"Nach der Super League beginnt die Vorbereitung auf Rio", erläuterte Ovtcharov in Suzhou seine mittelfristige Planung und blickte letztlich seinem Naturell entsprechend schon wieder optimistisch nach vorne: "Das ist ja das Schöne auch an unserem Sport: Nach schlechten Tagen kommen auch wieder gute. Ab jetzt ist Olympia mein nächstes großes Ziel, dafür werde ich wieder alles geben. Zum zweiten Mal eine Einzel-Medaille bei Olympia — das wäre eine Riesensache."

(sid)
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