Turner tritt ab Hambüchens tränenreicher Abschied

Hamburg/Ludwigsburg · Mit einer perfekten Übung am Reck hat sich Olympiasieger und Ex-Weltmeister Fabian Hambüchen beim Bundesliga-Finale in Ludwigsburg endgültig in die Turnerrente verabschiedet. Beim letzten Auftritt des deutschen Rekordmeisters flossen die Tränen.

 Fabian Hambüchen nach seiner letzten Übung am Reck.

Fabian Hambüchen nach seiner letzten Übung am Reck.

Foto: dpa, nic

Mama Beate weinte schon mittags, nach der allerletzten Reck-Übung seiner beispiellosen Karriere packten am Abend dann auch ihren Sohn die Emotionen. "Ich hatte schon ein bisschen Pipi in den Augen", gestand Fabian Hambüchen nach seinem endgültigen Abschied von der Turnbühne.

Mit einem Urschrei nach dem Abgang und tiefem Ausatmen kaschierte der Reck-Olympiasieger die für ihn eher untypischen Gefühlswallungen. Und genoss sichtlich die Ovationen der 4000 Zuschauer und seiner zahlreichen Weggefährten beim Bundesliga-Finale in Ludwigsburg.

Das Abschiedsgeschenk war der außergewöhnlichen Karriere des Ex-Weltmeisters und sechsmaligen Europameisters würdig: Zum Original-Olympiareck von Rio de Janeiro, das schon seit Monaten in der Turnhalle im heimischen Wetzlar steht, wird sich nun ein ebenfalls in Brasilien olympia-erprobter Magnesia-Eimer gesellen.

Zu museal allerdings soll es in Hambüchens langjähriger Trainingshalle nicht zugehen. "Vielleicht ist es besser, wenn dort Eiswürfel und gekühlte Getränke hineinkommen", witzelte der 30-Jährige. Sprach's und zwängte erstmal die zahlreichen Blumenbouquets in den historisch wertvollen Kübel.

Die kurzfristige Entscheidung, nach dem internationalen Rücktritt sich nun auch aus deutschen Turnhallen zurückzuziehen, war von längerer Hand geplant - und auch in gewisser Weise ein Schutz vor dem eigenen Ehrgeiz: "Ich bin gerade wirklich gut drauf und musste mich daher ein bisschen zum Rücktritt zwingen. Ich hatte einfach Schiss, dass mich eine Verletzung stoppt."

Komplett von seiner Schulterverletzung zu Jahresbeginn genesen, führte der deutsche Rekordmeister seine Riege von der KTV Obere Lahn zum dritten Platz bei den deutschen Mannschafts-Meisterschaften. Natürlich gekrönt von einer makellosen Übung am Reck.

Der endgültige Rückzug beendet auch die immer wieder aufflammenden Spekulationen um ein eventuelles Comeback bei den Weltmeisterschaften 2019 in Stuttgart. Dort hatte der Hesse vor zehn Jahren WM-Gold am Reck gewonnen und die deutsche Mannschaft auf den dritten Platz geführt.

"Ludwigsburg war ein grandioser Tag und ein gelungener Abend. Dabei bleibt es, ich kann die Leute ja nicht verarschen", sagte Hambüchen mit fester Stimme. Eine erste Verabschiedung hatte bereits im Juni beim Deutschen Turnfest vor 55.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion stattgefunden, sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel schüttelte dem einstigen "Turn-Floh" seinerzeit voller Anerkennung die Hand.

Etwas Abstand gewinnen vom gewohnten asketischen und durchgetakteten Leben ist die wichtigste private Veränderung, auf die sich der mit 40 nationalen Titeln dekorierte deutsche Rekordmeister freut: "Nicht mehr so oft auf die Uhr gucken, auch mal spontan ins Kino oder in die Therme gehen, einfach ein Stück mehr Freiheit genießen", sagte Hambüchen.

Nur bei der Nahrungsaufnahme gilt es weiterhin aufzupassen. "Ich werde mich nicht nur von Fast Food ernähren", stellte der "Turnrentner" klar. Schließlich möchte Hambüchen nicht nur seine Sporttrophäen behalten, sondern auch seine durchtrainierte Figur.

(sid)
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