Interview mit Elmar Paulke "Ich träume sogar von Darts"

Düsseldorf · Elmar Paulke ist die deutsche Stimme des Dartssports. Bei der WM in London (15. Dezember bis 2. Januar) sitzt er zum 13. Mal für Sport1 am Mikrofon. Im Interview spricht er über Einschaltquoten, den deutschen Hoffnungsträger Max Hopp und sein persönliches Maracana.

 Elmar Paulke, hier neben Peter Wright, kommentiert seit 2004 die WM in London.

Elmar Paulke, hier neben Peter Wright, kommentiert seit 2004 die WM in London.

Foto: PDC Europe, Stefan Straßenburg

Herr Paulke, welche Sportart beherrschen Sie besser: Tennis oder Darts?

Elmar Paulke Ganz klar Tennis! Das hab ich ja mal einigermaßen gut gespielt. Beim Darts kann man sich nicht verstecken, wenn man wirft.

Vermissen Sie manchmal die Tennis-Berichterstattung?

Paulke Ich habe dieses Jahr auch ein bisschen Tennis für Sport1+ kommentiert. Das schöne ist ja, dass es etwas komplett anderes ist. Es gibt auch Gemeinsamkeiten wie das direkte Duell Eins gegen Eins, das in beiden Sportarten sehr ähnlich ist. Deshalb war die Umstellung für mich eigentlich nicht schwierig. Tennis hat natürlich viel mehr Aspekte für einen Kommentator, aber nicht die Stimmung und die Kurzweiligkeit von Darts. Die beiden Sportarten ergänzen sich wunderbar.

Haben Sie in Darts eine neue Berufung gefunden?

Paulke Ja, das habe ich. Wir haben 2004 mit der Übertragung begonnen, und keiner wusste, was genau passieren wird. Und dann bin ich auch Teil dieser Entwicklung geworden. Nicht nur durch das Kommentieren. Ich habe mein erstes Buch geschrieben, Veranstaltungen moderiert. Das Gesamtpaket macht einfach Spaß. Ich habe es noch bei keiner anderen Sportart erlebt, dass es einen Hype ohne einen deutschen Weltklassespieler gibt. Normalerweise hat man erst einen deutschen Topspieler und daraus entsteht dann ein Hype. Ich glaube, das ist eine ungewöhnliche Rolle für einen Kommentator, weil ich für den Zuschauer derjenige bin, der nah an der Profiszene dran ist.

Was passiert mit dem Hype, wenn Deutschland mal einen Topspieler haben sollte?

Paulke Ich bin davon überzeugt, dass es dann richtig explodiert. Dann verdoppeln wir die Quote. Wenn ein Spieler wie Max Hopp im WM-Halbfinale auf Phil Taylor trifft, gucken vier Millionen zu. Dann gibt es noch einmal einen riesigen Schub. Das war in jeder anderen Sportart so, wieso soll es im Darts nicht so sein?

Sind sie vor dem ersten Match im Ally Pally noch aufgeregt oder ist es mittlerweile Routine?

Paulke Das ist natürlich auch Routine, aber es ist ganz klar der große Höhepunkt des Jahres. Ich hab noch einmal besonders große Lust, das ist schon etwas Besonderes.

Würden Sie den Ally Pally als ihr persönliches Maracana bezeichnen?

Paulke Ja, klar. Das ist das Mekka des Dartssports. Wenn man als Dartsfan eine Todo-Liste hat, muss ein Besuch im Ally Pally auf jeden Fall da draufstehen.

Sie kommentieren die WM seit 2004. Glauben Sie, dass Sie irgendwann genug von Darts haben?

Paulke Wenn Sie mich jetzt fragen, kann ich nicht genug bekommen. Die Faszination liegt in der mentalen Auseinandersetzung. Es ist hoch spannend, wie sich Matches innerhalb von Minuten drehen können. Darum wird es auch nicht langweilig, weil es immer wieder andere Verläufe gibt, wie sich Matches entwickeln.

In Deutschland ist in den vergangenen Jahren ein echter Darts-Boom entstanden. Haben Sie mit einer solchen Entwicklung gerechnet, als Sie 2004 angefangen haben?

Paulke Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Wir sind mit null Erwartungen gestartet und hatten vom Sender auch keine Vorgaben. Wir haben das gemacht und wollten gucken, wie das ankommt.

Welchen Anteil haben Sie daran?

Paulke Der Boom wurde durch die Fernsehübertragung ausgelöst. Da hat man dann schon einen kleinen Anteil dran. Mir ist aber auch klar, dass ich ohne die Darts-Jungs keine Rolle spielen würde. Man ist immer nur Teil des Events. Wenn die Zuschauer uns als ein bisschen anders erleben, freut mich das, dann passt das auch zu Darts. Ich glaube, wir haben einen Weg gefunden, der das Event Darts gut wiedergibt.

Welchen WM-Moment werden Sie nie vergessen?

Paulke Es gibt zwei Momente. Zum einen das WM-Finale von 2007 zwischen Phil Taylor und Raymond van Barneveld, damals noch in der Circus Tavern. Fast alle Experten sind sich einig, dass es das beste Match in der Geschichte des Dartssports war. Aber auch die 17 perfekten Darts von Michael van Gerwen gegen James Wade waren ein toller Moment. Fast zwei Neundarter in einem WM-Halbfinale waren schon spektakulär. Das sind Momente, an die man noch am nächsten Tag gerne zurückdenkt. Das hatte schon eine große Magie.

Am 23. Dezember macht die WM eine Weihnachtspause. Wo verbringen Sie die Feiertage eigentlich?

Paulke Weihnachten feiere ich zu Hause bei der Familie.

Können Sie denn in der Pause abschalten oder bereiten Sie sich schon auf die anstehenden Matches vor?

Paulke Ich aktualisiere meine Statistiken, die muss ich selbst sammeln, anders als beim Tennis, wo alles geliefert wird. Was ich aber merke, wenn die WM losgeht: Ich fange an, von Darts zu träumen. Und dann weiß man auch: Es ist jetzt genug irgendwie, das muss bald wieder aufhören. Wenn die WM ein paar Tage läuft, verarbeite ich das ein oder andere Match nachts.

Was sagen sie zur Auslosung?

Paulke Schwierig. In Vincent van der Voort hat Max Hopp einen Gegner erwischt, gegen den er bei der WM schon einmal Haue bekommen hat. Klar kann er ihn schlagen, aber van der Voort ist schon ein routinierter Spieler, der auch schon Major-Turniere gewonnen hat. Es wird also nicht leicht. Dragutin Horvat kann die Quali gegen Boris Kolzow gewinnen, und dann hat er in Simon Whitlock ein gutes Los erwischt. Whitlock ist nicht in bestechender Form. Zwar hat er viel Erfahrung, gegen einen Außenseiter steht er aber unter großem Druck. Das ist eine Chance für Horvat.

Michael van Gerwen hat in diesem Jahr fast alle großen Titel gewonnen. Ist der Niederländer überhaupt zu schlagen?

Paulke Gute Frage. Wenn man das letzte Jahr sieht, wird es schon schwierig. Ich glaube, dass der Modus der WM eine Chance für die Konkurrenz ist. Van Gerwen ist unglaublich schwer zu schlagen, wenn man ein Leg nach dem anderen spielt, weil er so konstant wie eine Maschine wirft. Ein Gary Anderson (Titelverteidiger, Anm. d. Red.) hat viel mehr Schwankungen in seinem Spiel, und Schwankungen sind in diesem Satz-Modus nicht so schlimm. Das fängt so ein bisschen fehlende Konstanz auf, und das ist die Chance gegen van Gerwen.

Was erwarten Sie in den kommenden Jahren von Max Hopp?

Paulke Ich glaube, dass Max das Potenzial hat, es in die Top 20 zu schaffen. Dafür müssen aber einige Dinge zusammenkommen. Er mag es, auf großen Bühnen zu spielen und er hat auch die Technik dafür, dort zu bestehen. Das haben aber ein paar andere auch. Als Außenstehender ahnt man nicht, wie umkämpft es in diesem Profiverband ist und wie hart die Spieler arbeiten müssen. Gerade weil die Matches so kurz sind, reichen fünf schlechte Minuten und du fährst nach Hause. Das ist nicht einfach. Max ist noch jung und hat noch ein bisschen Zeit, fünf Jahre sollte man ihm noch geben. Danach werden wir sehen, ob er es geschafft hat. Ich habe das Gefühl, dass Max ein beratender Spieler gut tun würde. Ein Ex-Profi aus England, der ihm vermitteln kann, was es heißt, Profi auf der Insel zu sein, wäre glaube ich gut für ihn.

Sie haben in ihrem neuen Buch das Turnier im Düsseldorfer Maritim Hotel als "Meilenstein" für den Dartssport in Deutschland bezeichnet. 2017 fehlt es im Kalender, dafür wird in der Ostermann-Arena in Leverkusen gespielt. Welche Bedeutung hat das Turnier in Düsseldorf für Sie?

Paulke Ich habe gute Erinnerungen an Düsseldorf. Es war das Turnier damals, als alle dachten, ja, Darts funktioniert in Deutschland. Auch die Profis, die sich gefühlt haben als seien sie bei einem Turnier in England. Ich verstehe aber die PDC, die natürlich den nächsten Schritt gehen will. Der Verband hat den Veranstaltungsort nur gewechselt, weil er zu klein ist. Inzwischen kann man schon mit 2500 bis 3000 Zuschauern rechnen, in Düsseldorf haben nur 1800 Platz gefunden. Das ist schon eine andere Hausnummer. Aber Leverkusen ist ja zum Glück nicht so weit weg von Düsseldorf.

Bei der WM im vergangenen Jahr haben knapp zwei Millionen Fernsehzuschauer das Finale verfolgt. Wird dieser Wert am 2. Januar 2017 getoppt?

Paulke Wenn ich sehe, was jetzt schon im Vorfeld der WM los ist, glaube ich schon, dass er getoppt wird. Immer mehr Medien berichten über Darts und vor allem die WM. Das sind alles Indizien, die darauf hinweisen, dass sich Darts in Deutschland noch weiter verbreitet. Und das wird sich auch auf die Einschaltquote auswirken. Wenn ich wüsste, dass wir am 2. Januar das Finale van Gerwen gegen Taylor sehen, würde ich Geld drauf wetten, dass mehr als zwei Millionen Menschen zugucken. Aber es kommt natürlich auch immer auf den Turnierverlauf an.

(seeg)
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