DSV in der Krise Ein Nicht-Schwimmer als Rettungs-Schwimmer

Düsseldorf · Ruben Goebel ist Dozent an der Uni von Katar. Er besitzt Trainerscheine im Tennis und Handball. Und künftig soll er dafür sorgen, dass Deutsche wieder zu Medaillen schwimmen.

 Ruben Goebel, neuer Leistungssportdirektor beim Deutschen Schwimm-Verband.

Ruben Goebel, neuer Leistungssportdirektor beim Deutschen Schwimm-Verband.

Foto: dsv

Es könnte durchaus besser stehen um das Schwimmen in Deutschland. Überall im Land schließen Bäder, die DLRG schlug Anfang des Monats Alarm, dass nicht mal jeder zweite Zehnjährige richtig schwimmen kann. Im Leistungssport gingen zuletzt zwei Olympische Spiele ohne Medaillengewinn im Becken ins Land, traten frühere Leistungsträger zurück, steht der Bundestrainer ob neuer Marschroute in der Kritik. Und hinter vorgehaltener Hand fragen sich Vertreter anderer Sportarten ohnehin schon länger, was da eigentlich beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV) los ist - oder eben nicht. In dieser Situation soll nun einer helfen, der schon in verschiedenen Bereichen des Leistungssports gearbeitet hat, nicht aber im Schwimmen: Ruben Goebel, 40 Jahre alt, fängt im September als Leistungssportdirektor beim DSV an.

Dabei liegt natürlich eine Frage auf der Hand: Wie will er etwas bewegen als völliger Neuling in der Schwimmszene? Goebel sieht in dem vermeintlichen Nachteil seinen Vorteil. "Ich kann die Aufgaben beim DSV jungfräulich angehen. Ich habe ein großes Verständnis für die Leistungssportreform und einen Blick auf die Aufgaben von außen. Ich denke nicht in den traditionellen Strukturen eines Sportverbandes und bin überzeugt davon, dass diese Außenansicht bei der anstehenden Strukturreform helfen wird", sagte der promovierte Sportwissenschaftler unserer Redaktion.

Wenn heute in Berlin die Deutsche Meisterschaft beginnt, ist Goebel noch Beobachter aus der Distanz. Bundestrainer Henning Lambertz hofft, dass sechs Athleten die Norm für die WM im Juli in Budapest erfüllen. Auf Weltrekordler Paul Biedermann, Steffen Deibler oder Marco Di Carli kann er dabei nicht mehr zählen. Sie haben ihre Karriere beendet. Während die verbliebenen Arrivierten Respekt vor den harten WM-Normen haben, sollen U23-Athleten über erleichterte Normen den Weg in den WM-Kader finden. Unter dem Strich bleibt Marco Koch als einziger Star. Der Weltmeister über 200 Meter Brust ist "aktuell unser bestes Pferd im Stall", wie Lambertz es ausdrückt.

Goebel soll als Nachfolger von Lutz Buschkow dafür sorgen, dass es in absehbarer Zeit wieder mehr deutsche Stars im Becken gibt. Er erhofft sich, "dass wir als DSV - von den Landesverbänden bis zum Spitzenverband über das Ehrenamt bis zum Hauptamt - in allen Bereichen und allen Fachsparten eine starke Einheit darstellen. Das wird dazu beitragen, dass die Olympischen Spiele 2020 und 2024 für den DSV wieder erfolgreicher werden", sagte er. Mit Einheit und neuen Einflüssen will Goebel punkten, dessen "große Erfahrungen im Bereich der Personalführung und Budgetverantwortlichkeit" DSV-Präsidentin Gabi Dörries genauso hervorhebt wie seine "Position der Neutralität" im Schwimmsport. Goebel findet: "Die Stelle des Leistungssportdirektors ist von zunehmend administrativer Natur. Mein breites Netzwerk in verschiedene Sportverbände und in deutsche Hochschulen hinein sowie mein akademischer Hintergrund werden auch dabei von großem Nutzen sein."

Goebel arbeitete 2006 als Leistungsdiagnostiker auf Schalke, danach als Dozent an der Deutschen Sporthochschule und als Leistungssportkoordinator an einem Sportinternat. Seit 2010 leitet er den Bereich Sportwissenschaft an der staatlichen Universität von Katar. Der Hesse ist Inhaber der Trainer-A-Lizenz im Handball und der B-Lizenz im Tennis.

Den Weg, Externe in die Verantwortung zu bringen, wählte zuvor schon der Fußball. In Bernhard Peters und Markus Weise arbeiten heute gleich zwei ehemalige Hockey-Bundestrainer für den Hamburger SV bzw. für den Deutschen Fußball-Bund. Dass sein künftiger Job ob der Dauerquerelen im Schwimmen nicht gerade als vergnügungssteuerpflichtig gilt, sieht Goebel übrigens gelassen. "Vergnügen hat viele Ausprägungen. Eine davon ist, enthusiastisch an einem großen Ganzen mitzuarbeiten und neue Dinge umzusetzen."

(klü)
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