Zwischen Wirtschaftswunder und Existenzkampf DOSB sperrt sich gegen eSports — wie lange noch?

Köln · eSports ist der sportliche Wachstumsmarkt schlechthin. In Deutschland steht der schlafende Riese noch am Anfang und kämpft um Anerkennung als Sportart.

eSports: Fragen und Antworten
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Foto: dpa, pdz pzi nic

Rund 400 Millionen Fans weltweit, Preisgelder auf Champions-League-Niveau, doch der Kampf um die Akzeptanz dauert an: eSports ist nicht erst seit gestern in aller Munde, schlägt derzeit jedoch Wellen wie nie zuvor. Der wirtschaftliche Erfolg des wettkampfsmäßigen Videospiels wird den eSports mittelfristig in den sportlichen Olymp führen. Auf dem deutschen Markt steht der schlafende Riese aber noch am Anfang.

Denn trotz aller wirtschaftlicher Jubelsprünge kämpft der eSport hierzulande um seine Anerkennung als Sportart. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sperrt sich gegen eine Aufnahme des noch sehr jungen eSport Verbandes Deutschland (eSVD) und verweis dabei auf seine Kriterien, nach denen ein Verband in mindestens acht Bundesländern organisiert sein, mehr als 10.000 Mitglieder haben, und aufgrund der "Förderung des gemeinnützigen Zweckes Sport steuerbegünstigt" sein muss.

Deutschland eine "gallische Einöde"

"Vom DOSB ist es ein armseliges Argument, dass es keine Strukturen gibt. Diese Position ist nicht mehr lange haltbar", sagte Professor Ingo Froböse von der Kölner Sporthochschule, der seit Jahren in Studien dem Phänomen eSports auf den Grund geht. Andernorts geht es schneller: Das Asiatische Olympische Komitee (OCA) gab im April bekannt, dass eSport bei den Asienspielen 2022 im chinesischen Hangzhou als offizielle Sportart dabei sein wird. Und in Deutschland? "Sind wir eine gallische Einöde", sagt Froböse.

Dies spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen wider. Mit derzeit 50 Millionen Euro Jahresumsatz hinkt Deutschland im globalen Vergleich hinterher. Bis 2020 wird mit einem weltweiten Umsatzwachstum von rund 36 Prozent auf 1,15 Milliarden Euro pro Jahr gerechnet. Wie das Schweizer Markting Netzwerk ESB berichtete, zieht der virtuelle, aber dennoch mental und körperlich sehr fordernde Sport derzeit 385 Millionen Fans rund um den Erdball an. Für den deutschen Markt ist vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte bis 2020 ein Umsatz von 130 Millionen Euro prognostiziert.

Hierzulande bestimmen die Engagements der Fußball-Bundesligisten Schalke 04 und VfL Wolfsburg die öffentliche Wahrnehmung des eSports. Beide Klubs unterhalten je ein Team in der Fußball-Simulation Fifa 17, Schalke betreibt seit 2016 auch eine Mannschaft im derzeit populärsten Rollenspiel "League of Legends" (LoL), bei dem zwei Teams in strategischer Abstimmung die Stützpunkte des Gegners zu zerstören versuchen.

Die Möglichkeiten, die der Fußball eSports bietet, sind für die Professionalisierung der Strukturen Gold wert. "Wir ermöglichen den Spielern optimale Trainingsbedingungen, auch den Austausch mit Sportpsychologen und -therapeuten. Wir geben ihnen Vermarktungsmöglichkeiten und genieren gemeinsam Reichtweite", sagt Geschäftsführer Moritz Beckers-Schwarz von der Schalker Arena GmbH, der die eSports-Sektion untersteht. "Es ist noch keine Rundumbetreuung, obwohl LoL nah dran ist", ergänzt Tim Reichert, Head of eSports bei Schalke.

Die ersten Erfolge der Bundesligisten können sich derweil sehen lassen. In diesem Jahr gewann der Fifa-Spieler Cihan Yasarlar (25) für Schalke den Europameistertitel, die deutsche Meisterschaft sowie den Titel der ESL. Froböse ist gar der Meinung, dass vor allem durch Fifa in Deutschland die breiteste gesellschaftliche Akzeptanz für eSports geschaffen werden kann. "Denn Fußball ist deutsch. Ich bin davon überzeugt, dass die eFifa-WM und die normale WM irgendwann zur gleichen Zeit am gleichen Ort stattfinden wird."

(sid)
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