Deutschland-Achter Rudern, wo andere aufräumen

Düsseldorf/Sarasota · Der Deutschland-Achter peilt bei der WM in Florida den ersten Titel seit sechs Jahren an. Im Vorfeld hatte Hurrikan "Irma" die Planungen des Teams gehörig durcheinandergewirbelt.

 Der Deutschland-Achter.

Der Deutschland-Achter.

Foto: dpa, jkm

Der Kurs des Containerschiffes "APL Holland" war eigentlich klar: Nach Miami sollte die Route führen, die Ankunft war für den 7. September geplant. An diesem Tag wollte der Deutsche Ruderverband (DRV) die zwei Container in Empfang nehmen, in denen er seine Boote für die nun angelaufene Weltmeisterschaft im 370 Kilometer entfernten, an der Westküste Floridas gelegenen Sarasota hatte transportieren lassen. Doch Hurrikan "Irma" wirbelte den Zeitplan gehörig durcheinander. Ein Anlegen in Miami war für die APL Holland unmöglich, stattdessen ging es durch den Golf von Mexiko und schließlich mit einer Woche Verspätung nach Houston. Von Texas aus brachten Lkw die Boote dann nach Florida - 1600 Kilometer statt 370. Da hatte der Deutschland-Achter schon zwangsweise einen Tag im Fitnessstudio trainiert und sich für einen Tag ein Boot der örtlichen "Sarasota Scullers" ausgeliehen.

Doch bei allen Widrigkeiten sind sie beim DRV am Ende einfach froh, dass die WM überhaupt wie geplant stattfinden konnte. Das letztlich nur, weil Irma sich an der Westküste Floridas weniger ausgetobt hatte als in anderen Landesteilen. "Hier in Sarasota ist fast nichts von Zerstörung zu sehen außer ein paar abgeknickten Palmen", erzählt Johannes Weißenfeld unserer Redaktion. Der 23-Jährige sitzt im Bug des Achters und berichtet, Irma sei vor allem gedanklich eine Belastung gewesen. Im Vorfeld. "Im finalen Trainingslager in Ratzeburg habe ich den Hurrikan in den Nachrichten mit großem Interesse verfolgt. Man hat natürlich Angst, dass der Zielwettkampf, auf den man ja nun mehr als ein Jahr hintrainiert hat, eventuell ins Wasser fallen könnte", sagt der Medizinstudent aus Herdecke. "Natürlich sind das alles Faktoren, die es einem schwieriger machen, sich auf das Sportliche zu fokussieren, doch kommt es immer darauf an, wie man mit Problemen umgeht, denn die gibt es ja fast immer. Letztlich wollte ich mich nicht zu sehr verrückt machen und es einfach auf mich zukommen lassen."

Was sie im Achter dagegen nicht nur einfach auf sich zukommen lassen wollen, ist der Kampf um den WM-Titel. Denn Gold ist das große Ziel, wartet das erfolgsverwöhnte Aushängeschild des DRV doch nun schon seit 2011 auf Gold bei einer Weltmeisterschaft. 2013, 2014 und 2015 hatte sich der Achter jeweils mit WM-Silber begnügen müssen, auch bei Olympia 2016 reichte es "nur" zu Rang zwei - jeweils hinter Großbritannien. Doch die Vorzeichen stehen gut, dass es in diesem Jahr wieder mal für ganz vorne reicht. Das nach Olympia verjüngte Team ist in dieser Saison noch ungeschlagen, holte sich Ende Mai in Tschechien souverän den EM-Titel und stellte beim Weltcup in Polen Mitte Juni sogar eine Weltbestzeit auf.

"Jetzt möchten wir diese Serie auch in Florida fortsetzen. Wir wollen wieder ganz nach oben", sagt Bundestrainer Uwe Bender, der das Amt zu Jahresbeginn vom langjährigen Erfolgscoach Ralf Holtmeyer übernommen hatte und es 2018 wieder an ihn zurückgibt. Zu den größten deutschen Konkurrenten um den Titel zählen auf der Regattastrecke rund 200 Kilometer nördlich der Everglades die Briten, Holländer, Australier und US-Amerikaner.

Am Dienstag trifft der Achter um 19.40 Uhr deutscher Zeit in seinem Vorlauf auf die Ukraine, Rumänien, Neuseeland, Polen und Gastgeber USA. Nur der Sieger zieht direkt ins Finale am Sonntag ein, alle anderen Boote müssen am Donnerstag in den Hoffnungslauf. Den gilt es zu vermeiden, gerade bei den kräftezehrenden Bedingungen von konstant 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit in der 50.000-Einwohner-Stadt am Golf von Mexiko. Das ist schon eine Umstellung zu den 15 Grad und Regen in Ratzeburg. "Wichtig ist, dass wir cool bleiben, uns nicht verrückt machen und nicht von unserer Strategie abweichen", sagt Weißenfeld.

(klü)
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